Aufruf zu neuerlichen Protesten
Zwei Tage vor einer angekündigten Demonstration ist der georgische Ex-Präsident und jetzige Kiewer Oppositionelle Micheil Saakaschwili erneut festgenommen worden. Das bestätigte der ukrainische Generalstaatsanwalt Juri Luzenko am Freitagabend auf Facebook.
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Saakaschwili sei im Zentrum vom Kiew verhaftet und in ein Gefängnis gebracht worden. Auch Mitarbeiter Saakaschwilis bestätigten die Festnahme. Er sei noch in der Nacht in einen unbefristeten Hungerstreik getreten, um seine Freilassung zu erzwingen, wie lokale Medien unter Berufung auf Saakaschwilis Anwalt berichteten.
Vor dem Gefängnis forderten zahlreiche Anhänger seine Freilassung. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt belagerten Demonstranten die Zufahrtsstraße zum Untersuchungsgefängnis des Geheimdienstes in Kiew, wie örtliche Medien am Samstag berichteten. Eine angrenzende Straße sei von der Polizei gesperrt worden.
Von Anhängern aus Bus befreit
Bereits am Dienstag war ein Festnahmeversuch Saakaschwilis auf aufsehenerregende Weise gescheitert. Bevor der 49-Jährige bei einer Hausdurchsuchung festgenommen wurde, hatte er sich auf das Dach eines Wohnhauses geflüchtet. Dort drohte er laut Medienberichten damit, sich umzubringen. Es gelang den Behörden zwar, ihn vom Dach zu holen und in einen Gefangenentransporter festzusetzen. Dieser wurde allerdings stundenlang von Saakaschwilis Anhängern blockiert und attackiert. Schließlich befreiten Anhänger den umstrittenen Politiker aus dem Fahrzeug.
In den darauffolgenden Tagen gelang es den ukrainischen Behörden nicht, Saakaschwili festzunehmen. Nach seiner Befreiung hielt er sich in dem Protestlager auf, wo er auch eine Nacht bei Minusgraden in einem Zelt zubrachte. Wegen einer Erkrankung zog sich Saakaschwili jedoch am Freitagmorgen zurück. Am Abend wurde er offenbar festgenommen.
Wenige Stunden vor seiner erneuten Festnahme rief er zu einer weiteren Demonstration am Sonntag auf. Auch aus der U-Haft heraus forderte seine Anhänger über einen via Facebook verbreiteten Brief zu neuen Protesten auf. Seine Verhaftung sei ungerechtfertigt und diene der Einschüchterung. Gemeinsam werde man die Korruption bekämpfen, so der Brief.
Führende Rolle bei Protesten
Hintergrund der Vorwürfe ist Saakaschwilis führende Rolle bei seit Wochen anhaltenden Demonstrationen, die die Amtsenthebung des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zum Ziel haben. Die Behörden ermitteln gegen Saakaschwili unter anderem wegen der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Der Politiker soll Geld aus dem Umfeld des in Russland lebenden Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch angenommen haben, um einen Staatsstreich zu organisieren. Ihm drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis.

Reuters/Valentyn Ogirenko
Saakaschwilis Anhänger sammelten sich nahe dem Gefängnis
Erst am Sonntag forderte Saakaschwili bei einer gegen Poroschenko gerichteten Demonstration in Kiew die Errichtung einer „Diktatur der Mittelklasse“. Die Ex-Sowjetrepublik könne nicht noch einmal 25 Jahre lang die korrupte Herrschaft einflussreicher Geschäftsleute ertragen, sagte er bei der Kundgebung vor seinen Anhängern. An der Demonstration nahmen nach Schätzungen von Augenzeugen aber nur 2.500 bis 3.000 Menschen teil.
Keine Staatsbürgerschaft und kein Flüchtlingsstatus
Saakaschwili ist zurzeit staatenlos. Ihm wurde im Juli während eines USA-Aufenthalts die vor zwei Jahren verliehene ukrainische Staatsbürgerschaft entzogen, nachdem er sich mit dem Staatschef überworfen hatte. Saakaschwili war zuvor zum Gouverneur der Schwarzmeer-Hafenstadt Odessa berufen worden.
Kurz darauf kehrte er jedoch in einer spektakulären Aktion in die Ukraine zurück. 2015 hatte er bereits die Staatsangehörigkeit seines Heimatlandes verloren, weil er den ukrainischen Pass angenommen hatte. Saakaschwili droht nun die Abschiebung nach Tiflis. Georgien hat wegen Ermittlungen zu Korruption und Amtsmissbrauch um eine Auslieferung gebeten.
Der ukrainische Migrationsdienst verwehrte Saakaschwili Anfang November zum zweiten Mal den Status eines Flüchtlings. Ihm würden in seinem Herkunftsland Georgien weder politische Verfolgung noch Folter noch die Todesstrafe drohen, hieß es damals in einem vom regierungsnahen Sender Espresso TV veröffentlichten Schreiben der Behörde.
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