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Verlegung der US-Botschaft beauftragt

US-Präsident Donald Trump erkennt Jerusalem offiziell als Hauptstadt Israels an. Das teilte er am Mittwoch mit. Trump wies das Außenministerium an, mit dem Prozess zur Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu beginnen. „Dieser Prozess beginnt sofort“, sagte Trump. Eine Zweistaatenlösung zur Beendigung des Nahost-Konfliktes werde er unterstützen, wenn sie von beiden Konfliktparteien gewünscht werde.

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang hätten die US-Präsidenten vor ihm einen entsprechenden Beschluss des Kongresses ausgesetzt, so Trump weiter. Das habe aber nicht dazu beigetragen, zu einer Friedenslösung zu kommen. Seine Entscheidung bedeute keine Abkehr von der Politik Amerikas, die auf einen haltbaren Frieden in Nahost ausgerichtet sei.

Pence soll die Wogen glätten

In ihren Bemühungen um Frieden zwischen Israel und den Palästinensern würden sich die USA aber auf keine Positionen zu einem endgültigen Status oder zu Grenzverläufen festlegen. Die endgültigen Grenzen der israelischen Souveränität in Jerusalem müssten im Rahmen abschließender Verhandlungen gezogen werden. Vizepräsident Mike Pence werde in den kommenden Tagen in den Nahen Osten reisen, kündigt Trump weiter an.

Das US-Außenministerium rief am Abend in einem Schreiben an alle Vertretungen dazu auf, nicht unbedingt notwendige Reisen nach Israel, Jerusalem und dem Westjordanland bis zum 20. Dezember zu verschieben.

Netanjahu: Historischer Tag

Vor dem Schritt hatten unter anderem die EU und zahlreiche muslimische Staaten gewarnt, da er den Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis schüren dürfte. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres sagte Mittwochabend, zu einer Zweistaatenlösung in Nahost gebe es keine Alternative. „Es gibt keinen Plan B.“

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu begrüßte am Abend Trumps Ankündigung. Es sei ein historischer Tag. Er rief nach Trumps Bekanntgabe andere Staaten auf, dem Vorbild der USA zu folgen und ebenfalls ihre Botschaften nach Jerusalem zu verlegen. Der israelische Minister Naftali Bennett bedankte sich in einer ersten Reaktion beim US-Präsidenten. Israels Präsident Reuven Rivlin begrüßte Trumps Vorgehen. „Es gibt kein passenderes oder schöneres Geschenk, jetzt wo wir uns 70 Jahren Unabhängigkeit des Staates Israel nähern“, sagte Rivlin am Mittwochabend. „Jerusalem ist nicht und wird niemals ein Hindernis für Frieden sein für die, die Frieden wollen.“

Abbas warnt vor „religiösem Krieg“

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas kritisierte Trump. „Die amerikanische Regierung hat sich mit dieser Erklärung dazu entschlossen, alle internationalen und bilateralen Resolutionen und Vereinbarungen zu verletzen“, sagte Abbas am Mittwoch in Ramallah. „Die Taten Amerikas stellen einen Rückzug von seiner Rolle bei der Unterstützung des Friedensprozesses dar.“

Das Verhalten der USA ermutige Israel dazu, „die Politik der Besatzung, der Siedlungen und der ethnischen Säuberungen voranzutreiben“. Die Maßnahmen der Amerikaner dienten den Interessen extremistischer Gruppen, die den Konflikt in der Region in einen „religiösen Krieg“ verwandeln wollten.

Hamas setzt auf Mobilisierung

Die radikalislamische Hamas sprach von einer „schamlosen Attacke auf palästinensische, arabische und islamische Rechte in Jerusalem“. Sie forderte eine Mobilisierung der Palästinenser, „um alle Pläne zur Zerstörung der palästinensischen Sache zunichtezumachen“. Sie rief Araber und Muslime dazu auf, die USA in der Region zu „untergraben“. „Trumps Entscheidung (...) wird die historischen und geografischen Fakten nicht verändern“, sagte Hamas-Chef Ismail Hanija am Mittwochabend. „Das palästinensische Volk weiß angemessen auf die Missachtung seiner Gefühle und Heiligtümer zu reagieren.“

Andere Hamas-Mitglieder äußerten sich weniger gemäßigt. Achmad Bahar, ein führender Hamas-Vertreter, bezeichnete die Entscheidung Trumps als „Kriegserklärung“. Hanija hatte bereits vor der Entscheidung zu einem neuen Palästinenseraufstand aufgerufen.

Arabische Liga: Schlag für US-Rolle als Vermittler

Auch der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Saeb Erakat, kritisierte Trump scharf. „Er hat die Zweistaatenlösung zerstört“, sagte er am Mittwoch in Jericho.

Prosteste gegen Trumps Pläne zur Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels in Gaza-Stadt

Reuters/Mohammed Salem

Palästinenserinnen protestieren in Gaza gegen Trumps Pläne

Kritik gab es am Abend auch von der Arabischen Liga. „Diese Maßnahme ist ein Schlag für die arabisch-amerikanischen Beziehungen und für die amerikanische Rolle als Vermittler zwischen Palästinensern und Israelis. Sie erschüttert das Vertrauen der Araber in die Neutralität der Amerikaner“, sagte Ahmed Abu al-Ghait, Generalsekretär der Arabischen Liga. Die Arabische Liga berief für Samstag eine Dringlichkeitssitzung ein.

Türkei: Falsche Entscheidung der USA

Die türkische Regierung übte ebenfalls scharfe Kritik. „Wir verurteilen die unverantwortliche Stellungnahme der US-Regierung“, teilte das Außenministerium in Ankara am Mittwochabend mit. Die US-Entscheidung werde negative Folgen „für den Frieden und die Stabilität in der Region“ haben. Die USA müssten ihre „falsche Entscheidung“ überdenken.

Das Ministerium teilte weiter mit, Trump verstoße mit der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels gegen internationales Recht und gegen UNO-Resolutionen. In mehreren UNO-Resolutionen sei betont worden, dass ein Palästinenserstaat mit Ostjerusalem als Hauptstadt Voraussetzung für eine Lösung des Nahost-Konflikts sei. „Es ist inakzeptabel, dass die USA, ein ständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrates, diese Tatsache ignorieren.“

Erdogan: Rote Linie für Muslime

Das türkische Außenministerium kündigte an, die Entscheidung Trumps werde ausführlich beim Sondergipfel der Organisation für Islamische Kooperation (OIC) besprochen werden. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan berief das außerordentliche OIC-Spitzentreffen wegen der Krise um Jerusalem für Mittwoch kommende Woche in Istanbul ein. Die Türkei hat derzeit den Vorsitz der OIC inne.

Erdogan und der jordanische König Abdullah II. hatten kurz vor der Erklärung Trumps vor einer Eskalation der Gewalt im Nahen Osten im Fall einer Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels gewarnt. „So ein Schritt wird nur in die Hände der Terrororganisationen spielen“, sagte Erdogan nach einem Treffen mit König Abdullah II. in Ankara. Bereits am Dienstag hatte Erdogan mit einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Israel gedroht und gesagt: „Herr Trump, Jerusalem ist die rote Linie der Muslime.“

Iran: „Zeichen der Inkompetenz“

Andere kritische Reaktionen waren bereits im Vorfeld der Bekanntgabe aus allen Teilen der Welt gekommen etwa auch aus der Türkei und dem Iran. Ajatollah Ali Chamenei, geistliches und politisches Oberhaupt des Iran, sprach von einem „Zeichen der Inkompetenz und des Scheiterns“. Präsident Hassan Rouhani wertete die US-Entscheidung als Angriff gegen alle Muslime. „Da kann und wird der Iran nicht stillsitzen“, sagte er. Rouhani forderte alle Muslime sowie die Organisation der Islamischen Staaten auf, sich gegen diese „amerikanisch-zionistische Verschwörung“ zu vereinen.

Sorge in Europa

Der französische Präsident Emmanuel Macron kritisierte das US-Vorgehen als Rechtsverletzung. Es handle sich um eine einseitige Entscheidung von US-Präsident Trump, sagte Macron am Mittwochabend in Algier. „Diese Entscheidung verletzt internationales Recht und alle UNO-Resolutionen.“ Macron rief zur Ruhe auf. „Wir müssen um jeden Preis Gewalttätigkeiten vermeiden und den Dialog bevorzugen.“ Macron hatte sich bereits nach einem Telefongespräch mit Trump zu Wochenbeginn dafür ausgesprochen, dass der Status Jerusalems im Rahmen der Friedensverhandlungen von Israelis und Palästinensern festgelegt werden müsse.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) distanzierte sich von Trump. „Die Bundesregierung unterstützt diese Haltung nicht, weil der Status von Jerusalem im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung auszuhandeln ist“, schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwochabend im Namen der deutschen Kanzlerin bei Twitter.

Jerusalem

Reuters/Ronen Zvulun

Für Israel ist ganz Jerusalem die „ewige, unteilbare Stadt“

Auch Papst verweist auf UNO-Resolution

Auch Papst Franziskus warnte im Vorfeld nachdrücklich vor einer Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt von Israel. Alle Parteien müssten den „Status quo“ der Stadt respektieren, „wie es die entsprechenden Resolutionen der UNO vorsehen“ - mehr dazu in religion.ORF.at. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg kündigte unterdessen an, er wolle das Bündnis aus dem Streit heraushalten: „Über solche Dinge zu entscheiden ist die Sache von Staaten, und das ist eine US-Entscheidung.“

Alle Botschaften bis dato in Tel Aviv

Der Status Jerusalems gehört zu den umstrittensten Punkten. Sowohl Israelis als auch Palästinenser beanspruchen Jerusalem als ihre Hauptstadt. Israel erklärte ganz Jerusalem zu seiner „ewigen, unteilbaren Hauptstadt“. Für die Palästinenser ist Ostjerusalem hingegen die Hauptstadt ihres künftigen Staates.

Israel hatte den Ostteil Jerusalems 1967 besetzt und 1980 annektiert. Die Annexion wird von der internationalen Staatengemeinschaft nicht anerkannt. Alle ausländischen Botschaften sind bisher in Tel Aviv angesiedelt. Trump hatte jedoch bereits im Wahlkampf angekündigt, von dieser Linie abweichen zu wollen.

Seit mehr als zwei Jahrzehnten müssen die US-Präsidenten alle sechs Monate entscheiden, ob die 1995 vom US-Kongress beschlossene Verlegung der Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem aufgeschoben wird. Trumps Vorgänger nutzten aus Sorge vor einer Verschärfung des Konflikts stets eine Klausel zur Aufschiebung dieses Schrittes um jeweils sechs Monate, auch Trump billigte bereits einmal einen Aufschub. Der Schritt wird als Zugeständnis an Trumps Basis gewertet, zu der auch zahlreiche evangelikale Christen gehören, die Israel aus religiösen Gründen unterstützen.

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