Langjährige Forderung der Industrie
Wirtschaftskammer (WKÖ) und Industriellenvereinigung (IV) haben sich mit den am Mittwoch vorgestellten Wirtschaftsplänen der künftigen ÖVP-FPÖ-Koalition zufrieden gezeigt. Unter anderem soll die Möglichkeit für einen Zwölfstundenarbeitstag geschaffen und ein „Bürokratiekostencheck“ eingeführt werden. WKÖ und IV hatten jahrelang auf Arbeitszeitflexibilisierung und Bürokratieabbau gedrängt.
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„Die moderne Wirtschaftswelt fordert von allen Akteuren mehr Flexibilität. Dem tragen die Regierungspläne Rechnung“, kommentierte WKÖ-Präsident Christoph Leitl die ÖVP-FPÖ-Einigung in einer Aussendung. Eine Höchstgrenze der Arbeitszeit von zwölf Stunden sei bereits im öffentlichen Dienst und in Krankenhäusern sowie in Sozialstaaten wie Schweden und Finnland möglich. Außerdem soll es neue Regelungen bei Gleitzeit, Wochenendruhe und Saisonbranchen geben, die mehr Möglichkeiten als bisher eröffnen würden.
IV lobt „kluge und sehr faire Lösung“
Für IV-Generalsekretär Christoph Neumayer haben ÖVP und FPÖ „Notwendigkeiten erkannt“ und „lang ausstehende Lösungen“ präsentiert. Die Flexibilisierung der Arbeitszeit sei „eine kluge und sehr faire Lösung“, sagte Neumayer. Es werde „punktuell und flexibel“ Mehrarbeit möglich.
Neumayer lobte auch die anvisierte Belebung des Kapitalmarkts und den Fokus auf qualifizierte Zuwanderung. Bei der Zusammenlegung von Sozialversicherungen, Kammerreform, Rauchen und Direktdemokratie würden bei den Koalitionsverhandlungen „noch ein paar Steine auf der Straße“ liegen, so der IV-Generalsekretär.
ÖGB sieht „keinen Gewinn für Arbeitnehmer“
Wenig Freude mit den vorgestellten Plänen hat der Gewerkschaftsbund: Man werde genau beobachten, wie der Gesetzestext formuliert sein wird, meinte der leitende Sekretär des ÖGB, Bernhard Achitz, gegenüber Ö1. Ein Zwölfstundentag könne ausnahmsweise unter bestimmten Rahmenbedingungen möglich sein, dürfe aber nicht zur Regel werden, betonte er. Bisher könne er keinen Gewinn für die Arbeitnehmer erkennen, bestenfalls für die Industrie, meinte Achitz.
SPÖ vermisst Visionen
Kritik kam auch von der SPÖ: „ÖVP und FPÖ haben überhaupt keine Vision für Österreich“, befand der geschäftsführende rote Klubobmann Andreas Schieder in einer Aussendung. „Der gemeinsame Nenner der beiden ist eine Politik gegen die ArbeitnehmerInnen und für die Konzerne.“
Schieder beurteilte die Präsentationen von ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache als „uninspiriert, um nicht zu sagen, lähmend“. Maßnahmen wie die Anhebung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden pro Tag und eine Verringerung der Ruhezeiten in bestimmten Branchen kritisierte Schieder als arbeitnehmerfeindlich. „Kurz und Strache haben hier nur die Profite der Konzerne und nicht die Gesundheit und die Familien der Beschäftigten im Blick.“
„Reine Klientelpolitik“ ortete auch die Familien- und Sozialsprecherin der Liste Pilz, Daniela Holzinger. Es gehe nur darum, dass sich Unternehmen Überstundenzuschläge sparen - auf Kosten der Arbeitnehmer, deren Gesundheit und Familienleben, kritisierte sie.
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