87-Jähriger hinterließ lange Blutspur
Toto Riina, einst einer der gefürchtetsten Bosse der sizilianischen Mafia, ist tot. Der 87-Jährige starb laut Medienberichten in der Nacht auf Freitag im Häftlingstrakt eines Krankenhauses in Parma, wie italienische Zeitungen und die Nachrichtenagentur ANSA berichteten. Riina wurde für mehr als 150 Auftragsmorde verantwortlich gemacht und 13-mal zu lebenslanger Haft verurteilt.
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Der 1930 in Corleone auf Sizilien geborene Salvatore „Toto“ Riina galt als „Capo di tutti i capi“ (Boss der Bosse) und als einer der brutalsten und gefürchtetsten Paten der sizilianischen Mafia, der Cosa Nostra. Rund 20 Jahre war er das Oberhaupt des Mafia-Clans Corleonesi. Riina trug den Spitznamen „Toto“ und wurde aufgrund seiner geringen Körpergröße von 1,58 Metern auch „u curtu“ (der Kurze) genannt. Medien gaben ihm den Titel „la belva“ (die Bestie).

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Riina saß seit 1993 hinter Gittern
Gesundheitsminister Andrea Orlando hatte Riinas Frau und drei seiner vier Kinder am Donnerstag erlaubt, den Verbrecher, der an diesem Tag 87 Jahre alt wurde, im Krankenhaus zu besuchen, um Abschied zu nehmen. Dem seit 1993 inhaftierten Mafioso war es normalerweise untersagt, Besuch zu empfangen. Sein ältester Sohn Giovanni sitzt wegen vierfachen Mordes im Gefängnis. Sein anderer Sohn Salvatore schrieb auf Facebook: „Du bist für mich nicht Toto Riina, Du bist einfach mein Vater. Und ich gratuliere Dir zum Geburtstag an diesem traurigen, aber wichtigen Tag. Ich liebe Dich.“
Blutiger Mafia-Krieg in 80er Jahren
Riina wurde seit Anfang der 1970er Jahre per Haftbefehl gesucht, wurde jedoch erst 1993 in Palermo verhaftet. In einem blutigen Mafia-Krieg Anfang der 1980er Jahre errangen sein Clan und die anderen mit ihm verbündeten Familien die absolute Vorherrschaft; in diesem Kampf starben mehr als 1.000 Menschen. Als Riina 1982 über 20 Gegner an einem einzigen Tag ermorden ließ, freute er sich darüber: „Wir haben es sogar besser gemacht als die Amerikaner mit ihrem Valentinstag-Massaker!“ Darüber hinaus soll Riina für etwa 150 weitere Morde verantwortlich sein, von denen er mehrere Dutzend persönlich begangen haben soll.
Wende nach Mord an Falcone und Borsellino
Parallel zum Kampf ihrer Gegner begann der Clan einen Feldzug gegen den Staat. Über Jahre hinweg wurden Staatsanwälte, Richter, Politiker, Journalisten und unbeteiligte Zivilisten umgebracht. Unter anderem soll Riina den Befehl für den Mord am damaligen sizilianischen Regionalpräsidenten Piersanti Mattarella, den Bruder des jetzigen Staatspräsidenten Sergio Mattarella, im Jahr 1980 gegeben haben.

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1992 wurde Giovanni Falcone bei einem Sprengstoffattentat auf der Autobahn bei Capaci nahe Palermo getötet
Riina wurde außerdem für schuldig befunden, in den Jahren 1992 und 1993 die Anschläge auf die Anti-Mafia-Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino in Auftrag gegeben zu haben. Die Attentate lösten eine Protestwelle aus, Frauen hängten weiße Leintücher aus den Fenstern mit Parolen wie „Schluss mit der Mafia“. Falcone und Borsellino gelten heute als Nationalhelden. Der Flughafen von Palermo, Straßen und Plätze sind nach ihnen benannt.
Die Verhaftung Riinas am 15. Jänner 1993 in Palermo wird auch dem Umstand zugeschrieben, dass er mit den Morden an Borsellino und Falcone großen öffentlichen Druck auf die Politiker verursacht hatte, endlich gegen die Mafia vorzugehen. Auch Riinas Vermögen wurde beschlagnahmt, das etwa 125 Millionen US-Dollar betrug.
„Sie werden mich niemals brechen“
Im Sommer des Jahres 1993 explodierten in Rom, Florenz und Mailand mehrere Sprengsätze. Insgesamt kamen dabei zehn Menschen ums Leben. Die Attentate wurden als Rache für Riinas Festnahme und härtere Anti-Mafia-Gesetze gesehen. Riinas Nachfolger war sein Schwager Leoluca Bagarella, der 1995 verhaftet wurde. Ihm folgte der 2006 verhaftete Bernardo Provenzano.
Im Juli hatte ein Gericht einen Antrag Riinas abgelehnt, ihn aus Gesundheitsgründen freizulassen. Die Ärzte schätzten seinen Geisteszustand als „wach“ ein. Vor diesem Antrag war er abgehört worden; dabei hatte er gesagt, dass er nichts bereue. „Sie werden mich niemals brechen, selbst wenn sie mir 3.000 Jahre geben“, sagte er. Anti-Mafia-Staatsanwälte sahen konkrete Anhaltspunkte, dass Riina im hohen Alter und als Gefangener immer noch Kopf der Cosa Nostra war. „Seine Geheimnisse hat er für immer mit ins Grab genommen“, kommentierte die Tageszeitung „La Repubblica“.
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