Zuschlag an anonymen Telefonbieter
Das nach Angaben des Auktionshauses Christie’s letzte bekannte Gemälde von Leonardo da Vinci (1452 bis 1519) in Privatbesitz ist in New York für 450 Mio. Dollar (380 Mio. Euro) versteigert worden. Es ist dies damit das teuerste jemals versteigerte Kunstwerk. Ursprünglich war mit einem Preis von rund 100 Millionen Dollar gerechnet worden.
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Den bisherigen Rekord hatte das Gemälde „Les femmes d’Alger“ von Pablo Picasso gehalten, das 2015 für rund 180 Millionen Dollar versteigert worden war. Nach einem 19-minütigen Bieterstreit beim Auktionshaus Christie’s bekam ein anonymer Telefonbieter am Mittwochabend (Ortszeit) bei 400 Millionen Dollar den Zuschlag für „Salvator mundi“. Mit Gebühren wurde daraus ein Gesamtpreis von 450.312.500 Dollar.
Wer das Werk ersteigerte, teilte Christie’s zunächst nicht mit. Der Verkäufer war der im Exil lebende russische Milliardär Dimitri Rybolowlew. Der Oligarch, dem unter anderem der französische Fußballclub AS Monaco gehört, hatte das Werk vor vier Jahren von dem Schweizer Kunsthändler Yves Bouvier für 127,5 Millionen Dollar gekauft. Danach klagte Rybolowlew den Händler wegen Wuchers.
Rätselhafte Geschichte
Die Geschichte des Gemäldes, das nicht mehr in gutem Zustand ist, ist genauso spannend wie lückenreich - und die Rätsel betreffen nicht nur die Urheberschaft. Zeitpunkt, Auftraggeber und ursprünglicher Aufstellungsort des Gemäldes sind unbekannt - man geht aber davon aus, dass es um 1500 entstand.

Reuters/Peter Nicholls
Porträt von Jesus Christus in Öl auf Walnussholz
Im 17. Jahrhundert befand es sich im Besitz des englischen Königs Karl I., wie ein Eintrag in dessen Sammlungsregister belegt. Nach dessen Hinrichtung soll es verkauft worden sein, später in die königliche Sammlung restituiert. Nach einer Versteigerung 1763 verliert sich seine Spur - bis es nach 1900 in der Kunstsammlung der englischen Textilhändlerfamilie Cook wieder auftauchte, zu diesem Zeitpunkt wurde es aber als Werk aus dem Umkreis eines Leonardo-Schülers angesehen.
45 Pfund für einen Leonardo?
1958 kam das Gemälde abermals unter den Hammer - für 45 Pfund wurde „Salvator mundi“ neuerlich versteigert und verschwand, nun im Privatbesitz irgendwo in den USA, erneut für Jahrzehnte von der Bildfläche. 2005 erwarb ein Konsortium verschiedener Kunsthändler, darunter der New Yorker Galerist Robert Simon, das Bild um 10.000 US-Dollar. Wenige Jahre später galt es als die Sensation der Kunstwelt: Eine Reihe internationaler Experten habe „Salvator mundi“ als die verschollen geglaubte Arbeit da Vincis identifiziert.
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Rekord bei Christie’s in New York
Für die Rekordsumme von 450 Mio. Dollar wurde das Gemälde von Leonardo da Vinci versteigert. Nach einem hitzigen, 19-minütigen Bieterwettstreit fiel im Auktionshaus Christie’s der Hammer.
Obwohl andere Experten nach wie vor skeptisch sind, explodierte der Preis des seit damals nun zum dritten Mal verkauften Gemäldes. 2013 vermittelte das Auktionshaus Sotheby’s einen Privatverkauf des Bildes an den Händler Yves Bouvier, der 80 Millionen US-Dollar bezahlt haben soll, es im selben Jahr aber um 127,5 Millionen Dollar an Rybolowlew weitergab.
Vor der jetzigen Versteigerung hatte Christie’s das Werk in Hongkong, London und San Francisco gezeigt, derzeit wird es in der Filiale in New York nahe dem Rockefeller Center ausgestellt. Rund 27.000 Menschen haben das Gemälde bis zur Versteigerung nach Angaben des Auktionshauses gesehen, einen größeren Andrang hat Christie’s noch nie für ein einzelnes Werk verbucht. Auch Stars wie Leonardo DiCaprio, Alex Rodriguez, Patti Smith und Jennifer Lopez schauten laut Medienberichten vorbei.
Vorwurf der Preistreiberei
Kunsthändler kritisierten im Vorfeld die Entscheidung, das mehr als 500 Jahre alte Bild in der traditionell umsatzstärksten Auktion für Kunst der Nachkriegszeit und der Moderne anzubieten, als Preistreiberei. Grundsätzliche Kritik übte etwa der Leipziger Professor und Kunsthistoriker Frank Zöllner gegenüber der dpa: „Das Gemälde ist im Grunde ein Symbol für die extrem ungleiche Vermögensverteilung auf der Welt. Den Menschen, die darauf bieten, ist es letztlich egal, ob sie 100 oder 200 Millionen Dollar dafür zahlen.“
Ganz abgesehen davon gehört Zöllner zu jenen Experten, die bezweifeln, dass Leonardo das Gemälde alleine anfertigte: „Der Entwurf stammt sicher von Leonardo da Vinci, und er hat an dem ,Salvator‘ vermutlich auch mitgemalt. Einiges spricht aber dafür, dass es von Schülern überarbeitet wurde. In der Forschung sprechen wir von einer Werkstattarbeit - Leonardo ist also meines Erachtens nicht der alleinige Autor.“
Expertenstreit über „Salvator“
Im Vorfeld der Auktion hat „kulturMontag“ zur Frage der Autorenschaft des Bildes recherchiert. Zahleiche Experten kamen zu Wort - mit unterschiedlichen Ansichten.
Vieles spricht für „Werkstattarbeit“
Zum einen werde das Bild im Gegensatz zu allen anderen ab 1500 entstandenen Gemälden Leonardos in zeitgenössischen Quellen nicht erwähnt. Zudem weise das Werk neben mehreren starken Stellen auch etliche schwache Partien auf. Darum glaube er, so Zöllner, dass es sich um eine Werkstattarbeit handle. Außerdem sei das Gemälde stark restauriert und damit ebenso ein Werk der Restauratorin.
Noch etwas macht Zöllner stutzig - der „Salvator“ passe nicht in Leonardos Chronologie: „Die Art der Helldunkelmalerei weist daraufhin, dass es später entstanden sein müsste, als es datiert wurde. Damit es dahingehend wieder passt, verhält sich das Auktionshaus höchst dubios. Es wurden sogar andere Werke von Leonardo umdatiert, um dieses Problem zu lösen.“ Bei alldem, so Zöllner, gehe es um Geld: Für eine Werkstattarbeit könne man bei Auktionen weit weniger Geld verlangen als für ein Einzelwerk von Künstlern.
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