Benkos Langzeitprojekt vor Vollendung
Seit Jahren strebt Rene Benko die Vereinigung der alteingesessenen deutschen Kaufhausketten Karstadt und Kaufhof an. Zweimal ist der Immobilieninvestor und aktuell zehntreichste Österreicher daran gescheitert, nun bestehen neue Chancen auf Realisierung.
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Der Eigentümer von Galeria Kaufhof, der kanadische Handelskonzern Hudson’s Bay Company (HBC), soll heuer einen hohen zweistelligen Millionenbetrag Verlust produziert haben, HBC-Chef Richard Baker steht unter Verkaufsdruck. Unter dem Strich ein Jahresfehlbetrag von 88 Millionen Euro, wie Anfang November die Nachrichtenagentur Reuters mit Verweis auf einen Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte berichtete.
Die Kanadier hatten die Kaufhof-Kette erst 2015 für 2,8 Milliarden Euro übernommen, doch die Geschäfte liefen von Anfang an schlecht. Diesen Oktober teilte das Unternehmen mit, es brauche eine „wirtschaftliche Atempause“, man verhandle daher mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di über einen neuen Tarifvertrag, der für die rund 21.000 Beschäftigten in den 97 Filialen in Deutschland und den 16 in Belgien Einschnitte bringen werde.

Reuters/Fabrizio Bensch
Das KaDeWe in Berlin gehört zu den Aushängeschildern im Karstadt-Reich
Bei Karstadt glückte die Trendwende
Schon als der Metro-Konzern 2011 erstmals die Warenhauskette Kaufhof abstoßen wollte, präsentierte sich Benkos Signa Holding als „idealer Eigentümer“, Metro blies den Verkauf schließlich aber wieder ab. 2014 übernahm Benko den Rivalen Karstadt zu 100 Prozent von Nicolas Berggruen - zum Nulltarif. Benko teilte die marode Kette in das Warenhausgeschäft, einen Sportbereich und die Luxuswarenhäuser um das Berliner KaDeWe auf und setzte den erfahrenen Handelsmanager Stephan Fanderl als Vorstandschef ein. Die Trendwende glückte, erstmals seit Jahren schreibt Kaufhaus heuer wieder schwarze Zahlen. Dafür mussten die Beschäftigen aber harte Einschnitte hinnehmen.
Bedenken wegen Benko
2015 stand dann die Kaufhof-Kette tatsächlich zum Verkauf, doch abermals kam Benko nicht zum Zug. Metro-Chef Olaf Koch optierte für HBC, vor allem, hieß es, weil Benko ihm nicht genehm war. HBC-Präsident Baker dürfte es ähnlich gehen: Der New Yorker aus elitären Kreisen halte Benko für einen Emporkömmling und könne diesen - ohne ihn je persönlich getroffen zu haben - nicht leiden, schrieb unlängst die Schweizer „Handelszeitung“. Die deutsche „Wirtschaftswoche“ zitierte aus Bakers Umfeld: „Eher würde er im Hochzeitskleid über die Fifth Avenue in New York tanzen als an Benko zu verkaufen.“

APA/Hans Klaus Techt
Der 40-jährige Tiroler Investor Benko schaffte heuer erstmals den Sprung in die Top Ten auf Österreichs Reichenliste
Doch Bakers Alternativen sind beschränkt. Als er 2015 Kaufhof erworben hatte, war das Handelshaus noch profitabel, seitdem gab es nur Verluste, Umsatz- und Qualitätsrückgänge. Aktivistische Investoren fordern HBC immer dringlicher auf, sich von Immobilien und vom Europageschäft um Kaufhof zu trennen und mit dem Erlös Schulden zu tilgen.
Frisches Kapital, genaue Kalkulation
Benko wiederum verfolgt sein Ziel beharrlich: „Um die erfolgreiche Wachstumsstrategie des Unternehmens nachhaltig verfolgen und das Portfolio an außergewöhnlichen Immobilien ausbauen zu können“, rüstete sich die Signa Anfang Oktober mit einer Kapitalerhöhung von einer Milliarde Euro auf über vier Milliarden. Anfang November wurde dann das Angebot für Kaufhof publik: drei Milliarden Euro, inklusive der Immobilien, auf die allein 2,6 Milliarden entfallen. Das Offert sei durchfinanziert und umfasse auch Kaufhofs Schulden, hieß es. Aus Benkos Sicht ist das großzügig - es fällt um 200 Millionen Euro höher aus als der 2015 von HBC bezahlte Kaufpreis, obwohl Kaufhof nun deutlich schlechter dastehe.
Signa hat bei dem geplanten Deal Profis an Bord: die US-Wirtschaftskanzlei Skadden und die Beratungsgesellschaft Evercore. Diese haben – unter anderem – Amazons Übernahme von Whole Foods begleitet. Vonseiten Signas heißt es, der Deal ließe sich bis Jahresende finalisieren, eine Due Diligence, also eine Risikoprüfung, sei schnell gemacht - schließlich seien schon vor zwei Jahren alle Parameter ermittelt worden. Man warte nun auf die finale Antwort des HBC-Managements.

Grafik: ORF.at; Quelle: Handelsdaten/EHI Retail Institut
„Sterbende Dinosaurier“
Eine Übernahme würde Signa auch den Weg in weitere deutsche Großstädte ebnen: Während die KaDeWe-Luxuskaufhäuser auf Berlin, Hamburg und München beschränkt sind, betreibt Kaufhof auch in Düsseldorf und Frankfurt Filialen in erstklassigen Lagen. Kommt Benko tatsächlich zum Zug, würde sich die deutsche Warenhauslandschaft wohl grundlegend verändern. Eine Fusion, sagte der Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein, sei „das Beste, was die schwächelnden Kaufhäuser noch machen können“. Angesichts des boomenden Onlinehandels und sinkender Kundenfrequenzen in den Innenstädten seien die Warenhäuser allerdings „sterbende Dinosaurier“.
Unter den Mitarbeitern herrscht große Verunsicherung. „Ich rechne damit, dass eine Fusion mindestens jeden vierten der insgesamt rund 36.000 Arbeitsplätze kosten wird“, sagte Heinemann. Er hält die Hälfte der rund 180 noch bestehenden Kaufhaus- und Karstadt-Filialen für auf Dauer nicht überlebensfähig. Die BBE Handelsberatung geht davon aus, dass etwa jeder dritte Standort vor dem Aus steht. Käme ein Zusammenschluss, würde sich diese Entwicklung noch deutlich beschleunigen.
Größter Immobiliendeal des Jahres
Erst vor rund einer Woche besiegelte Benko den größten deutschen Immobiliendeal des Jahres: Für 1,5 Milliarden Euro kaufte die Signa dem Investor RFR ein prestigeträchtiges Immobilienportfolio ab. Dass Signa mit der Kaufhaus-Übernahme einen weiteren „Immobiliendeal“ abschließen und die Häuser dann anders nützen will, wird dementiert. Ähnliche Befürchtungen hatte es schon im Zuge der Karstadt-Übernahme Benkos gegeben. Mit der Schaffung eines faktischen Warenhausmonopols würde sich der Tiroler wohl auch in Deutschland endgültig einen Namen machen - Freunde eher nicht.
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