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BMW, Daimler, Ford und VW in einem Boot

Die Autokonzerne BMW, Daimler, Ford und Volkswagen machen in Sachen E-Mobilität gemeinsame Sache und wollen noch in diesem Jahr erste Schnelladestationen an zentralen Verkehrsachsen in Deutschland, Norwegen und Österreich bauen.

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Wie vor wenigen Tagen bekanntgegeben wurde, sollen bis Ende des Jahres die ersten 20 von insgesamt 400 geplanten Stationen stehen. Für das Vorhaben wurde ein eigenes Unternehmen mit dem Namen Ionity gegründet, an dem die vier Konzerne zu je einem Viertel beteiligt sind. Sitz ist München, wo zunächst etwa 50 Mitarbeiter beschäftigt werden sollen. Zur Höhe der Investitionen wollen die Beteiligten keine Angaben machen.

Antwort auf „Henne-Ei-Problem“

Laut Ionity-Chef Michael Hajesch handelt es sich um einen „wichtigen Meilenstein“. Die Rede ist vom „ersten paneuropäischen Ladenetz“, dank dem Elektromobilität nun auch langstreckentauglich werden soll. Vom Ausbau einer leistungsfähigen Ladeinfrastruktur erwarten sich die an Ionity beteiligten Konzerne nicht zuletzt eine Antwort auf das „Henne-Ei-Problem“ der E-Mobilität und damit eine wichtige Voraussetzung, damit die vielen von ihnen im kommenden Jahrzehnt angekündigten Modelle Abnehmer finden.

Elektroautos könnten ohne ein Netz an Ladestationen kein Massenprodukt werden. Zudem zögerten Autohersteller bisher wegen fehlender Ladestationen mit der Entwicklung von E-Autos, schrieb die „Frankfurter Allgemeiner Zeitung“ („FAZ“) in diesem Zusammenhang.

120-Kilometer-Abstand und Einheitsstecker

Die nun von Ionity geplanten Stationen sollen jeweils etwa 120 Kilometer voneinander entfernt liegen und stets über mehrere Ladesäulen verfügen. Den Angaben zufolge entstehen die ersten Stationen in Österreich in Zusammenarbeit mit der OMV. Als weitere Kooperationspartner wurden der deutsche Raststättenbetreiber Tank & Rast und die unter anderem auch in Norwegen aktive US-Handelskette Circle K genannt.

An den Ladesäulen von Ionity könnten die Batterien mit einer Leistung von bis zu 350 Kilowattstunden (kW) aufgeladen werden - markenunabhängig dank eines Einheitssteckers, wie die Unternehmen weiter mitteilten. Konkret soll nach Angaben des Fachmagazins „Auto, Motor und Sport“ das von europäischen Herstellern favorisierte Combined Charging System (CCS) zum Einsatz kommen.

„FAZ“-Angaben zufolge können Autofahrer und Autofahrerinnen ihre Fahrzeuge an den Ionity-„Superschnellladesäulen“ innerhalb von 20 bis 30 Minuten aufladen lassen. Das System ist für die hohe lokale Belastung des Stromnetzes allerdings nicht unumstritten. Demnach könnten „einfache Ladesäulen mit einer niedrigeren Ladeleistung deutlich verträglicher in das Stromnetz eingebunden werden“.

Nicht erstes und nicht einziges Projekt

Zur Höhe der Investitionen äußerten sich Ionity nicht. Experten schätzen die Kosten auf einen hohen dreistelligen Millionenbetrag. Die Autohersteller setzen darauf, dass sich noch weitere Hersteller dem Joint Venture anschließen und die Kosten teilen. Zudem liefen Gespräche über staatliche Fördermittel, erklärte ein Porsche-Sprecher. Die Regierung wollte den Aufbau von Ladeinfrastruktur mit 300 Millionen Euro bezuschussen.

Daimler, Ford, BMW und VW mit den Töchtern Audi und Porsche sind aber nicht die Einzigen, die das noch lückenhafte Ladestellennetz dichter knüpfen wollen. So sind in Deutschland auch die Energiekonzerne E.ON, EnBW und die RWE-Tochter Innogy auf dem Markt eingestiegen. Tank & Rast betreibt zudem noch ein weiteres Projekt.

Tesla baut bereits eigenes Netz

Hinzu kommen Start-up-Firmen und Ölkonzerne. So plant neben dem französischen Energiekonzern Engie auch der US-Betreiber ChargePoint ein europaweites Netz an Schnellladestationen. An diesem sind Daimler und BMW bereits beteiligt. Konkurrenz kommt zudem vom US-Elektroautopionier Tesla, der auf ein eigenes Netz an Stromtankstellen setzt.

Tesla setzt im Gegensatz zum Ionity-Projekt allerdings auch auf einen anderen Standard. Das bereits im Aufbau befindliche Tesla-Schnellladenetz arbeitet mit Gleichspannung und maximal 145 kW. Auf dem Markt finden sich zudem weitere Systeme - etwa der ChadeMo-Stecker mit maximal 50 kW, mit dem der Nissans E-Autobestseller Leaf aufgeladen wird. Auch Citroen, Peugeot und Renault setzen bisher auf Chademo. Da dieser Standard etwa in Japan bereits weit verbreitet ist, bieten unter anderem aber auch BMW und VW ihre E-Fahrzeuge dort auch mit diesem System an.

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