Kontrolle über Sicherheitsapparat
Saudi-Arabiens König Salman hat zwei zentrale Minister in seinem Kabinett ausgetauscht und zugleich die Kontrolle des Kronprinzen Mohammed bin Salman über den Sicherheitsapparat des Landes gefestigt. Laut Medienberichten steht der 32-jährige Kronprinz einem neu geschaffenen Antikorruptionsausschuss vor, der bereits elf Prinzen, vier amtierende Minister und etliche Ex-Minister festnehmen ließ.
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Wie aus einem am Samstag über staatliche Medien verbreiteten königlichen Dekret hervorgeht, ersetzte Salman Wirtschaftsminister Adel al-Fakija durch seinen Stellvertreter Mohammed al-Tuwaidschri.
Letzter Vertreter der Abdullah-Familie entmachtet
Noch wichtiger ist eine andere Personalentscheidung: Der Minister für die Nationalgarde, Prinz Mutaib bin Abdullah, wurde entlassen. Er war der Lieblingssohn des verstorbenen Königs Abdullah. Lange galt er als führender Anwärter auf den Thron. Prinz Mutaib war der letzte Vertreter des Abdullah-Zweigs der königlichen Familie, der noch einen höheren Posten in Saudi-Arabiens Machtgefüge innehatte.
Zudem wurde der Kommandant der Marine, Abdullah al-Sultan, von seinen Aufgaben entbunden. Kronprinz Mohammed, der bereits Verteidigungsminister ist, hat nun fast die volle Kontrolle über den Sicherheitsapparat des Landes. Bisher war die Macht auf mehrere Zweige des saudischen Königshauses aufgeteilt gewesen. Sicherheitskreise berichteten, dass einige von ihnen in Luxushotels in Riad festgehalten würden. Weitere Verhaftungen seien nicht ausgeschlossen.
Milliardär festgenommen
Der Kronprinz übernahm zusätzlich die Leitung des neu geschaffenen Antikorruptionsausschusses. Dieser erhielt umfangreiche Befugnisse. So kann das Komitee Ermittlungen einleiten, Haftbefehle erlassen sowie Reiseeinschränkungen und das Einfrieren von Vermögenswerten anordnen. Am Samstag kam es umgehend zu einer ersten Verhaftungswelle mit vielen Prominenten.
Unter ihnen ist laut Medienberichten auch der Milliardär Prinz al-Walid bin Talal, der ein weltweites Geschäftsimperium führt. Laut Forbes ist er unter den 50 reichsten Menschen der Welt, er hält Beteiligungen an etlichen Konzernen wie Apple, Walt Disney, McDonald’s und Procter & Gamble.
Genaue Vorwürfe unklar
In einer offiziellen Erklärung hieß es, „einige schwache Seelen“ hätten ihre Interessen über die Interessen der Öffentlichkeit gestellt, „um illegal Gelder anzuhäufen“. Aufgabe der neuen Kommission sei es, öffentliche Gelder zu schützen und korrupte Menschen und all jene, die ihre Positionen ausnützen, zu bestrafen. Unter den Festgenommenen seien zudem der ehemalige Finanzminister Ibrahim al-Assaf und der Ex-Vorsitzende des königlichen Gerichts, Chalid al-Tuwaidschri, hieß es.
Was den Festgenommenen genau vorgeworfen wird, blieb allerdings bisher unklar. Der saudische Sender al-Arabija berichtet, es soll sich um Vorkommnisse rund um die Überschwemmung der Hafenmetropole Dschidda im Jahr 2009 und um den Ausbruch des MERS-Virus 2012 handeln. Der Flughafen von Riad wurde für Privatjets gesperrt, offenbar fürchtete man, dass sich Gesuchte absetzen könnten.
Saudi-Arabien vor völligem Umbau?
Das Ausmaß der Verhaftungen sei „in der modernen saudischen Geschichte beispiellos“, sagte Kristian Ulrichsen vom Baker Institute for Public Policy an der Rice University in den USA. Der Kronprinz baue jetzt schon einen Staat nach seinen Vorstellungen, angesichts seiner Jugend baue er wohl auf eine jahrzehntelange Regentschaft.
Kronprinz Mohammed gilt bereits als De-facto-Herrscher Saudi-Arabiens. Er dürfte das Ziel haben, bis zu seiner endgültigen Machtübernahme alle Widersacher aus dem Weg zu räumen. Die Maßnahmen vom Samstag betreffen Beobachtern zufolge nicht nur Kritiker seines Modernisierungskurses. Viele der Festgenommenen lehnen auch seinen rigiden außenpolitischen Kurs ab, der den Boykott des Golfemirats Katar einschließt.
Modernisierungskurs angekündigt
Unklar sei allerdings, welche wirtschaftlichen Folgen die Verhaftungen hätten, so Ulrichsen. Die Festnahme von Prinz al-Walid werde wohl auch „Schockwellen“ durch die internationale Geschäftswelt senden. Die Aktien seiner Kingdom Holding stürzten am Sonntag an der saudi-arabischen Börse bereits um fast zehn Prozent ab.
Bereits im September hatten die Behörden des Königreichs rund zwei Dutzend Menschen festgenommen, darunter einflussreiche Geistliche. Der neue Kronprinz stellte Ende Oktober bei einem Wirtschaftsforum eine Abkehr seines Landes von ultrakonservativen Religionsprinzipien in Aussicht. Der Sohn des 81-jährigen Königs Salman hatte bereits nach seiner Ernennung zum Kronprinzen im Juni einen Modernisierungskurs angekündigt.
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