Belebung für Wiener Börse
Es ist die größte Neuemission an der Wiener Börse in zehn Jahren: Seit Mittwoch werden die Aktien der BAWAG auf dem Prime Market in Wien gehandelt. Die viertgrößte Bank Österreichs hat eine Bilanzsumme von 40 Milliarden Euro und zählt mehr als 2,2 Millionen Kunden. Rund 40,25 Mio. BAWAG-Aktien von 100 Mio. insgesamt sollen an die Börse kommen.
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Der Börsengang der BAWAG ist der erste solche Schritt eines größeren Unternehmens an der Wiener Börse seit dem Flugzeugkomponentenhersteller FACC mit Sitz in Oberösterreich im Jahr 2014 und soll auch die Börse weiter beleben. Der letzte vergleichbar große Börsengang mit einem ähnlichen Volumen war die STRABAG im Jahr 2007.
Die Aktie startete bei 47,3 Euro. Das lag 1,5 Prozent unter dem Ausgabepreis, der mit 48 Euro je Aktie festgelegt worden war. Kurz nach Handelsbeginn bauten die Aktien ihr Minus noch aus und notierten mit 46,1 Euro sogar knapp vier Prozent unter dem Ausgabepreis.
Großaktionäre wollen zwei Milliarden lukrieren
An die Börse gebracht wurde die BAWAG Group, die Holdinggesellschaft der BAWAG P.S.K. Sie gehört zu hundert Prozent der Promontoria Sacher Holding B.V. An dieser sind die beiden US-Fonds Cerberus mit 54 Prozent und Golden Tree mit 40 Prozent beteiligt. Die restlichen sechs Prozent gehören österreichischen und nicht österreichischen Minderheitsaktionären.
Den Großaktionären sollen mit dem Börsengang fast zwei Milliarden Euro zufließen. Gekauft hatte Cerberus die BAWAG 2006 um rund 2,6 Mrd. Euro, später wurden aber noch 600 Mio. Euro Kapital zugeschossen. Begleitet wird die Emission der über 40 Millionen Aktien von den Investmentbanken Citigroup, Credit Suisse, Goldman Sachs, JPMorgan und Morgan Stanley.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Wiener Börse AG
Fonds sollen Bank nicht mehr beherrschen
Cerberus und Golden Tree wollen ihre gemeinsam 94 Prozent der BAWAG durch den Verkauf von Anteilen auf 32,1 bzw. 23,5 Prozent senken. Alle Verträge zur Zusammenarbeit würden gekündigt, sodass die beiden Fonds die Bank künftig nicht mehr beherrschen werden, heißt es im Börsenprospekt. Die Unternehmen machen mit der Aktion ihre Beteiligung zu Geld - der Bank selber fließt aus dem Börsengang kein Kapital zu. Ausdrücklich hält die Bank fest, dass es nicht ausgeschlossen sei, dass die beiden Großinvestoren nach Ablauf der Behaltefristen weitere Aktien verkaufen.
Die möglichen Risiken
Die Bank musste im Börsenprospekt auf alle nur erdenklichen Risiken eingehen. Dazu gehört, dass die geplante Kündigung des Vertrags mit der Post womöglich nicht die erhofften Einsparungen bringt oder zu einem langen Rechtsstreit führt. Dazu gehört auch, dass im Streit mit der Stadt Linz über ein schiefgegangenes Swap-Geschäft noch hohe Abschreibungen im dreistelligen Millionenbereich fällig werden können. Die BAWAG verweist im Börsenprospekt auch darauf, dass noch Schweizer-Franken-Kredite im Wert von 1,5 Mrd. Euro laufen (per 30. Juni 2017), die einem Währungsrisiko und damit einem indirekten höheren Ausfallsrisiko unterliegen.
„Organisches Wachstum und Zukäufe“
Den Investoren verspricht die BAWAG ein Wachstumsszenario und regelmäßige Ausschüttungen von der Hälfte des Nettogewinns. Aus dem „Überschusskapital“, das über die Mindestanforderung von zwölf Prozent Kernkapital hinausgeht, werde bis 2020 mehr als eine Mrd. Euro zur Verfügung stehen, die für organisches Wachstum und Zukäufe genutzt werden sollen. Soweit das Geld für diese Ziele nicht benötigt wird, soll es an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Schon in den vergangenen drei Jahren seien fünf Zukäufe abgeschlossen worden, so BAWAG-Chef Anas Abuzaakouk Ende September. Zuletzt hat die BAWAG die deutsche Südwestbank übernommen.
Wachstum ist jedenfalls vor allem in Österreich sowie in Deutschland und der Schweiz geplant. Unter anderem will die BAWAG mit ihrer Direktbanktochter easybank expandieren, wobei in Deutschland nach Brancheninformationen als Markenname „Qlick“ angedacht ist. Das Angebot soll auf mobile Nutzung zugeschnitten sein.
BAWAG „unter besten fünf Prozent in Europa“
Die Einnahmen der Bank seien zwischen 2012 und 2016 um 19 Prozent gewachsen, während die Kosten um ein Drittel zurückgegangen seien, so Abuzaakouk. Zugleich seien 470.000 neue Kunden dazugewonnen worden. Der Anteil der Kosten an den Einnahmen (Cost-Income-Ratio) liege bei 41,7 Prozent. Nur 1,9 Prozent der Kredite fallen aus. Das Eigenkapital (CET1 fully loaded) betrage 15,5 Prozent. Nach Maßstäben der Profitabilität und der Effizienz gehöre die BAWAG zu den besten fünf Prozent in Europa, so Abuzaakouk.
Moody’s nimmt Ausblick zurück
Die US-Ratingagentur Moody’s nahm vorige Woche den Ausblick für die BAWAG von positiv auf stabil zurück. Gleichzeitig wurde das Langfristrating für unbesicherte Verbindlichkeiten, Emissionen und Einlagen mit „A2“ bestätigt. Bestätigt wurde unter anderem auch das Rating für nachrangige Verbindlichkeiten und das Kurzfristrating.
Die Änderung beim Ausblick für das Langfristrating begründete Moody’s mit der Verschlechterung der Kapitalkennzahlen, die sich nach dem Abschluss des Kaufes der deutschen Südwestbank AG ergeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Profil der Bank in den nächsten zwölf bis 18 Monaten weiter verbessert, habe sich verringert.
„Erwartbare Schritte“
Die Bestätigung der Ratings begründete Moody’s mit der Einschätzung, dass die derzeit verfolgte Expansion in Deutschland und der Börsengang in Wien erwartete Schritte innerhalb der Wachstumsstrategie der Bank seien.
Die hohe Profitabilität gebe der Bank zudem die Möglichkeit, ihr Kapital jederzeit falls notwendig zu stärken. Gleichzeitig werde das beabsichtigte Wachstum und das Versprechen einer 50-prozentigen Dividendenausschüttungsquote an die zukünftigen Aktionäre die Kernkapitalquote nur moderat über das erklärte Ziel von nachhaltigen zwölf Prozent steigen lassen.
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