Bisher Wort gegen Wort
ÖVP und SPÖ wollen in der Facebook-Affäre den Rechtsweg beschreiten. Erst hatte am Freitag die ÖVP eine Klage angekündigt, wenig später setzte die SPÖ nach. Inzwischen tauchten auch SMS auf, die den Grund für die Eskalation - ein angebliches Angebot an den PR-Berater Peter Puller - belegen sollen.
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Dieses sei seitens der ÖVP an ihn gemacht worden, hatte Puller am Donnerstag unter anderem gegenüber „Presse“, „Falter“ und der ZIB gesagt. Ihm seien 100.000 Euro geboten worden, wenn er Kampagnendetails ausplaudere und die Seite wechsle. Puller war Mitarbeiter des SPÖ-Beraters Tal Silberstein.
ÖVP kündigte als Erste Klage an
„Das Maß ist voll, es reicht“, lautete Freitagvormittag die Reaktion von ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger. Sie kündigte eine Klage gegen die SPÖ und Puller an. Schon zuvor hatte die ÖVP ein Gedächtnisprotokoll des Sprechers von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) - Köstinger nannte in der Pressekonferenz mit Gerald Fleischmann seinen Namen - zum Treffen mit Puller veröffentlicht. Darin widerspricht dieser den Behauptungen Pullers.
„Das Maß ist voll“
Köstinger findet, „das Maß ist voll“, und kündigt rechtliche Schritte gegen die SPÖ und PR-Berater Puller an.
„Habe ihm nie 100.000 Euro geboten“
In seinem Gedächtnisprotokoll verweist Fleischmann, der als Sprecher von Kurz im Außenministerium tätig ist, auf einen Bericht der „Presse“ vom 8. Jänner, der Politberater Silberstein plane im Auftrag der SPÖ Dirty Campaigning gegen Kurz und lasse zu diesem Zweck in dessen privatem Umfeld „herumschnüffeln“.

APA/Georg Hochmuth
Fleischmann (l.) weist Vorwürfe energisch zurück und schildert seine Sicht der Ereignisse in einem Protokoll
Im Juli, so Fleischmann im Gedächtnisprotokoll, habe er Puller mit dem Vorwurf konfrontiert, er würde für Silberstein arbeiten. „Ich unternahm alle Versuche, um die Wahrheit herauszufinden, es ging darum, meinen Chef vor schmutzigen und erfundenen Geschichten zu schützen“, heißt es darin. Und weiter: „Nein, ich habe ihm nie 100.000 Euro geboten“, so Fleischmann in der Aussendung. In der Causa steht damit Aussage gegen Aussage.
SPÖ verlangt Kurz’ Rücktritt
Die SPÖ verlangte am Freitag wegen der Vorwürfe gegen seinen Pressesprecher einen Rücktritt Kurz’ - zumindest in seiner Position als Außenminister. Die Sozialdemokraten brachten außerdem eine Sachverhaltsdarstellung gegen Fleischmann ein. Wie Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter bei einer Pressekonferenz ausführte, gehe es dabei um den Verdacht der Bestechung sowie der Werksspionage. Von der Staatsanwaltschaft erwartet sich die SPÖ nun die unverzügliche Einvernahme Fleischmanns.
Matznetter erinnerte in seiner Pressekonferenz daran, dass sein Vorgänger Georg Niedermühlbichler zurückgetreten sei, obwohl nicht einmal strafrechtliche Vorwürfe gegen einen seiner Mitarbeiter vorlägen. Von der ÖVP erwarte er sich, dass die zuständigen Personen wenigstens 50 Prozent dieses Anstands an den Tag legten.
Matznetter verlangt „Anstand“
Matznetter sieht Kurz als rücktrittsreif an - zumindest in dessen Funktion als Minister.
Dass zwischen Fleischmann und Puller Aussage gegen Aussage steht, zieht Matznetter nicht in Zweifel: „Ich weiß nicht, wer jetzt wo die Wahrheit sagt.“ Von der SPÖ versucht der Bundesgeschäftsführer die Affäre wegzuschieben, handle es sich bei Fleischmann doch um einen ÖVP-Mitarbeiter und bei Puller um einen früheren von NEOS: „Das hat mit der SPÖ nichts zu tun“, so Matznetter. „Das ist ein internes Problem der ÖVP und nichts anderes.“
„Profil“ veröffentlicht SMS-Korrespondenz
Am Freitag veröffentlichte außerdem das Nachrichtenmagazin „profil“ eine SMS-Korrespondenz zwischen Puller und Kurz’ Pressesprecher. Laut Ersterem soll diese seine Vorwürfe belegen. „Können über Honorar für PR reden“, heißt es etwa in einer SMS. Die Initiative zu einem Treffen sei von Fleischmann ausgegangen, dieser soll auch darauf bestanden haben, dass dabei die Handys ausgeschaltet blieben, wurde Puller zitiert. Dann habe ein Zettel die Seiten gewechselt, auf dem gestanden sei: „Wir wissen, dass du für die Sozis arbeitest. Wir bieten dir bis zu 100k, wenn du wechselst.“
Fleischmann spricht von verdrehten Tatsachen
Einige Zeit später soll per Textnachricht ein weiteres Treffen vereinbart worden sein. „Schlage vor wir treffen uns in erster Augustwoche, vielleicht weißt Du da schon was und wir können gleich über Honorar für PR reden, lg“, heißt es in einer mutmaßlichen SMS des Pressesprechers, die „profil“ im Faksimile zeigt. Fleischmann wirft Puller vor, Tatsachen zu verdrehen. Nachdem dieser glaubhaft versichert habe, weder mit Silberstein noch der SPÖ etwas zu tun zu haben, habe man danach über mögliche PR-Aufträge gesprochen - also solche, die nichts mit der Causa zu tun hätten.
Silberstein für Kurz „Weltmeister des Dirty Campaigning“
Kurz übte am Freitag via Facebook Kritik an der SPÖ. Diese habe mit dem Engagement Silbersteins einen schmutzigen Stil nach Österreich gebracht. Die jüngsten Vorwürfe, wonach die ÖVP Puller Geld für einen Seitenwechsel geboten haben soll, bezeichnete Kurz sinngemäß als Fortsetzung des Dirty Campaigning der SPÖ.
„Genau das, wovor wir immer gewarnt haben, ist eingetreten“, so Kurz. Es habe Anfang des Jahres schon Indizien dafür gegeben, dass in seinem Privatleben herumgeschnüffelt werde und Lügen über ihn verbreitet werden sollen. „Tal Silberstein ist der Weltmeister des Dirty Campaigning und im Anpatzen anderer.“
Rufe nach U-Ausschuss
SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder (SPÖ) kann sich nach der Wahl einen U-Ausschuss zu der Affäre vorstellen. „Wir stehen dem offen gegenüber.“ Der grüne Vizeklubchef Werner Kogler befürwortet ebenfalls einen Ausschuss. Offenbar seien auch Mitarbeiter von Ministerkabinetten in die Causa verwickelt. Den Wählern empfahl Kogler am Freitag die Grünen als „saubere“ Alternative.
„Die Silberstein-Affäre ist ein rot-schwarzes Sittenbild“, hieß es am Freitag von der FPÖ. SPÖ und ÖVP gäben „ein Bild des Jammers im In- und im Ausland ab“, das an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten sei. Beide Parteien „sind meilenweit von ihrem Anspruch, Verantwortung für Österreich zu tragen, entfernt“. Die FPÖ kann sich einen U-Ausschuss vorstellen, die Liste Pilz ist dafür, NEOS spricht sich ebenfalls für eine Aufarbeitung aus.
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