Themenüberblick

„No-Go“ und „Ruderkurs“

Mit der ÖVP und NEOS ist am Dienstagabend die sechste der insgesamt zehn TV-Konfrontationen im Fokus von zwei Parteien gestanden, bei denen an sich reichlich ideologische Überschneidungen vermutet werden könnten. Bei vielen Themen fanden Josef Moser, der kurzfristig für ÖVP-Chef Sebastian Kurz einsprang, und NEOS-Chef Matthias Strolz zwar grundsätzlich einen gemeinsamen Nenner - deutlich wurden vielfach aber große Differenzen.

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Wenig Mühe, sich zu verständigen, hatten der ehemalige Rechnungshof-Präsident und Strolz bei jenem Thema, das derzeit den Wahlkampf dominiert. Von Moderator Tarek Leitner gleich zu Beginn der Debatte auf die der SPÖ vorgeworfene Facebook-Kampagne angesprochen, schlossen sowohl Strolz als auch Moser ein derartige Vorgangsweise für ihre Parteien als „No-Go“ aus.

„Letzklassig“

Einig waren sich Strolz und Moser in Bezug auf die laufende Facebook-Affäre. Strolz sprach unter anderem von einer „letztklassigen Wahlkampfprogaganda“ und forderte von der SPÖ eine Entschuldigung.

Strolz sprach von einer „Art von niederträchtiger Praxis“, die bei NEOS sicherlich nicht in den „Werkzeugkasten“ komme. Moser befand, die SPÖ solle sich besser selbst bei der Nase nehmen, als zu behaupten: „Andere sind schuld, wir nicht.“ Für Moser, der bei dem Thema gleich mehrmals Fußballmetaphern verwendete, ist es nun aber auch an der Zeit, wieder „zurück aufs Spiel“ und somit im Wahlkampf wieder zu inhaltlichen Debatten zu kommen.

Matthias Strolz (NEOS) und Josef Moser (ÖVP)

ORF/Hans Leitner

Moser sprang kurzfristig für Kurz ein

„Enkelfit und enkelgerecht“

Hier hätten laut Moser NEOS und die ÖVP gemeinsam, dass beide Parteien Österreich zukunftsfit machen wollten. Dass Moser neben „enkelgerecht“ auch die NEOS-Bezeichnung „enkelfit“ in die Auslage stellte, freute Strolz - später zeigte sich etwa beim Thema Verwaltungsreform und Gewerbeordnungsnovelle, warum er in Moser doch nicht einen offenbar erwarteten „Verbündeten im Geiste“ gefunden habe.

„Das ist ein Offenbarungseid“

Strolz ortete in Mosers Antwort zum Thema Pensionsautomatik einen „Offenbarungseid“ und schlussfolgerte: Weitere Pensionsreformen sind für die ÖVP offenbar „kein Thema“.

Einen „Offenbarungseid“ ortete Strolz etwa beim Thema Pensionen, nachdem Moser die Gründe der ÖVP gegen die von NEOS geforderte Pensionsautomatik skizzierte. So wie bei anderen Themen warf Strolz der ÖVP auch bei den Pensionen vor, den Reformmut verloren zu haben. Der auf dem dritten Listenplatz antretende Moser wollte diese Ansicht wenig überraschend nicht teilen - notwendig seien zunächst andere Schritte, wobei er beim Thema Pensionen etwa auf den noch ausstehenden Abbau von Privilegien verwies.

„Projekt GSK“

Von Leitner auf Gespräche zwischen Strolz, der nun für NEOS antretenden Irmgard Griss und Kurz angesprochen, verwies Strolz auf „viele Übereinstimmungen“, von denen „Kurz nun nichts mehr wissen will“. Aus diesem Grund sei es dann auch zu keiner gemeinsamen Verbindung - Stichwort „Projekt GSK“ - gekommen. So wie bei ÖVP-Chef Kurz ortete Strolz indes auch bei ÖVP-Quereinsteiger Moser immer wieder einen Sinneswandel zu früheren Prinzipien. „Das ist kein Ruderkurs, das ist Wahlkampf“, sagte Strolz dazu einmal.

Matthias Strolz (NEOS) und Josef Moser (ÖVP)

ORF/Hans Leitner

Strolz ortete bei Moser einen Sinneswandel

Mit „ich bin anders, Sie kennen mich, ich setze meine Sachen durch“, konterte Moser schließlich Strolz’ Bedenken, dass die ÖVP ihre Vorhaben ohnehin nicht umsetzen werde. Zudem sprach Strolz aus Mosers Sicht auch zu viel von einer ÖVP aus der Vergangenheit und „nicht von der Liste Kurz“. Dem hielt Strolz bereits zuvor entgegen, dass Kurz nicht bereit sei, „die alten verkrusteten Strukturen zu verlassen“.

"Wann ist Unabhängigkeit gut?

Das Thema Außenpolitik drehte sich um das Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien und die Frage: Wann ist Unabhängigkeit gut?

Um „verkrustete Strukturen“ ging es dann auch bei Leitners Schwenk zum katalonischen Unabhängigkeitsreferendum. Strolz ortete jedenfalls bei den „verkrusteten Parteien“ Spaniens einen Hintergrund für die aktuellen Entwicklungen. Thematisiert wurde hier schließlich auch Österreichs Föderalismus, wobei es Moser zufolge durchaus notwendig sei, „auch in Österreich die verkrusteten Strukturen“ aufzubrechen.

Sicherheitspaket, Strafrecht, Transparenz

Deutlich war der Unterschied zwischen den Diskutanten bei den erweiterten Möglichkeiten einer Überwachung auch von Messenger-Diensten - Stichwort Sicherheitspaket. Moser befürwortete das im Sinne der Terrorbekämpfung, während Strolz davor bange ist, dass sich der Staat über einen Bundestrojaner auf jedermanns Handy schwindeln könne.

„Notwendig, weitere Verschärfungen durchzuführen“

Bei der ÖVP-Forderung nach einer weiteren Strafrechtsnovelle sprach Moser von einer Notwendigkeit für weitere Verschärfungen. Eine Ansicht, die Strolz angesichts einer erst umgesetzten Reform nicht teilt.

Bremsen wollte der NEOS-Obmann dann auch, was weitere Verschärfungen im Strafrecht angeht. Man sollte die jüngsten Novellierungen zunächst einmal wirken lassen. Moser argumentierte, dass vor allem bei Gewalt- und Sexualdelikten geschaut werden müsse, ob Höchst- bzw. Mindeststrafen angemessen seien.

Ähnlich gestaltete sich die Auseinandersetzung beim Thema Transparenzdatenbank. Strolz will den Ländern Gelder aus dem Finanzausgleich streichen, wenn sie ihre Daten nicht zuliefern. Moser hält nichts von Pönalen. „Ich strafe nicht, ich versuche zu überzeugen“, sagte Moser dazu.

„Absoluter Vorteil“

Für den Politologen Peter Filzmaier war es für Moser ein „absoluter Vorteil“, dass er nicht als Politiker bekannt ist.

„Beide haben ihre Punkte gemacht“

Der Politologe Peter Filzmaier zeigte sich in seiner ZIB2-Analyse davon überrascht, dass es mit Moser offenbar jemanden gibt, der wettbewerbsfähig im Schnellsprechen mit NEOS-Chef Strolz ist. Moser hatte Filzmaier zufolge auch „den absoluten Vorteil“, dass er nicht als Politiker, sondern als langjähriger Rechnungshof-Präsident bekannt ist. Mit Blick auf das Streithema Pensionen haben Filzmaier zufolge sowohl Strolz als auch Moser „ihre Punkte gemacht“ und jeweils ihre Zielgruppe angesprochen.

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