Themenüberblick

Gemeinsamkeiten Mangelware

Die erste von insgesamt zehn TV-Konfrontationen hat am Dienstag mit Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek und Norbert Hofer von der FPÖ begonnen. Wenig überraschend machte das Gespräch deutlich, dass die beiden Parteien sich in ihren politischen Positionen weitestgehend diametral gegenüberstehen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Dabei hatte Moderator Tarek Leitner das Gespräch mit einer Gemeinsamkeit von FPÖ und Grünen begonnen: Beide Parteien hätten im Hofburg-Wahlkampf reüssiert. Und beide täten sich aber in diesem Wahlkampf nun vergleichsweise schwer. Ein Vergleich, den Hofer allerdings nicht gelten lassen wollte.

Anders als bei den Grünen habe bei der FPÖ kein Streit geherrscht, sondern „eine sehr große Geschlossenheit“ und „sehr große Beständigkeit“, so Hofer, der diesmal anstelle von Heinz-Christian Strache ins Studio gekommen war. Der FPÖ-Obmann hatte gleich in der ersten Diskussion von seinem Recht gebraucht macht, sich einmalig vertreten zu lassen. Die „Beständigkeit“ in der FPÖ wollte Lunacek jedenfalls nicht so stehen lassen. Mit der Liste Schnell habe die FPÖ ebenso eine Abspaltung - und mit Barbara Rosenkranz sogar eine ehemalige Präsidentschaftskandidatin verloren.

Bundespräsidentschaftswahl und Wahlrecht

Von einem Rückblick auf die Bundespräsidnetschaftswahl kam das Gespräch schnell zu einer Diskussion über das Wahlrecht.

Beständig blieben die beiden Diskutanten auf jeden Fall in der folgenden Dreiviertelstunde, als es darum ging, die Positionen der eigenen Partei vom jeweils anderen abzugrenzen. Das fing bereits bei der Briefwahl an: Hofer pochte auf die Position der FPÖ, sie nur noch für Auslandösterreicherinnen und -österreicher gelten zu lassen. Lunacek bezeichnete die Möglichkeit, per Brief zu wählen, dagegen als Errungenschaft der Demokratie.

Direkte Demokratie, aber wie

Hofer schwenkte denn schnell in Richtung grundsätzlicher Fragen: Die Grünen wollten das Wahlrecht für alle in Österreich öffnen, auch für „Asylwerber“, so der FPÖ-Kandidat. Lunacek wiederum ortete aufseiten der FPÖ eine „zumindest zwiespältige Meinung“, wenn es um die direkte Demokratie gehe.

Die FPÖ habe etwa gegen den EU-Beitritt gestimmt, obwohl sich die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher dafür ausgesprochen hätten. Und im Burgenland setze sich die Partei - entgegen Abstimmungen in den betroffenen Gemeinden - für den Bau der S7 ein. Hofer konterte mit dem Hochhausprojekt am Wiener Heumarkt: „Da treten Sie die Meinung der Menschen mit Füßen.“ Dabei sprachen sich eigentlich beide für eine Stärkung der direkten Demokratie aus. Nur in der genauen Ausgestaltung war man sich eben wenig einig.

Bekannter Vorwurf

Gar nicht den Versuch, gemeinsame Punkte zu finden, unternahmen Lunacek und Hofer, als Leitner nach der Entwicklung der EU fragte. Hofer warf Lunacek und den Grünen vor, die Zentralisierung der EU anzustreben und damit die Souveränität Österreichs aufzugeben. Lunacek hielt dem FPÖ-Politiker daraufhin erneut seine Mitgliedschaft in der Burschenschaft „Marko-Germania“ vor. Sie zitierte aus einer im Hofburg-Wahlkampf oftmals diskutieren Festschrift, in der von der „geschichtswidrigen Fiktion einer österreichischen Nation“ die Rede ist.

Norbert Hofer (FPÖ)

ORF/Hans Leitner

„Ich habe mir vorgenommen, besonders nett zu Ihnen zu sein“, ließ Hofer Lunacek wissen

„Frau Lunacek, was Sie tun, ist unredlich“, antwortete Hofer. Wie schon im Hofburg-Wahlkampf verwies er darauf, dass er damals noch gar nicht Ehrenmitglied in der „Schülerverbindung“ war. Und er ging sogleich zum Gegenangriff über: Die Grünen seien dafür, dass „die nationalen Regierungen in eine zweite Kammer der Europäischen Union integriert werden“, so Hofer. Das sei die „Abschaffung Österreichs“. „Ich glaube, das wird uns jetzt etwas zu speziell“, schaltete sich Moderator Leitner ein. Es sollte nicht das letzte Mal bleiben, dass der Moderator versuchte, die Diskussion wieder in vorgesehene Bahnen zu lenken.

Todesstrafe in EMRK?

„Wenn Sie über die russische Finanzierung ungarischer AKWs reden wollen, das ist Ihre Redezeit“, hieß es etwa kurz darauf von Leitner. Ursprünglich hatten Lunacek und Hofer über die FPÖ-Pläne zur Änderung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) diskutiert. Die Grünen-Spitzenkandidatin warf ihrem FPÖ-Gegenüber einmal mehr vor, eine „Hintertür für einen Austritt aus der europäischen Union“ zu schaffen.

Schrittweise verboten

Die EMRK erhielt anfangs tatsächlich kein Verbot der Todesstrafe. 1983 wurde sie durch ein Zusatzprotokoll außerhalb der Kriegsgerichtbarkeit verboten.

Gänzlich abgeschafft wurde die Todesstrafe dann 2002 durch ein weiters Zusatzprotokoll.

Hofer verteidigte die von der FPÖ geforderte Evaluierung damit, dass die Europäische Menschenrechtskonvention nicht mehr zeitgemäß sei, weil sie aus den 50er Jahren stamme und noch die Todesstrafe enthalte. Stattdessen sollte in einer „Österreichischen Menschenrechtskonvention“ das „Recht auf die eigene Heimat“ festgeschrieben werden, so Hofer. Er verwies darauf, dass es viele Partner auf europäischer Ebene gebe, die das ähnlich sähen. Und er habe die Kritik an Viktor Orban in der Flüchtlingskrise für falsch gehalten, so Hofer.

Ulrike Lunacek (Grüne)

ORF/Hans Leitner

Eine „Hintertür für einen EU-Austritt“, sah Lunacek in den FPÖ-Plänen zur Revision der EMRK

Das nutzte Lunacek, um das ungarische Atomkraftwerk Paks aufs Tapet zu bringen, das Orban „mit russischem Geld“ erneuern wolle. Hofers Konter: Er habe „selten so viel Unsinn gehört“. Und Lunacek sei doch ein Fan von Emmanuel Macron und Angela Merkel, die hätten auch Atomkraftwerke.

Lanze für erneuerbare Energien gebrochen

Die Kernkraft sollte im Übrigen noch einmal zur Sprache kommen. Bereits gegen Ende der Diskussion wurde die Frage nach dem Umwelt- und Klimaschutz gestellt. Hofer gab sich Mühe zu beteuern, dass er den Klimawandel als gegeben annehme. Es gebe aber - nicht nur in seiner Partei, Menschen, die der Meinung seien, der „Einfluss des Menschen ist nicht so groß, wie wir glauben“. Das sei seiner Meinung nach aber unerheblich. Es gehe darum, auf erneuerbare Energien zu setzen, „dann erledigen wir das Problem des Klimawandels gleich mit“, so Hofer.

Klimawandel, erneuerbare Energie sowie Umwelt- und Klimapolitik

Ist der Klimawandel vom Menschen verursacht? Für Hofer ist die Frage „unerheblich“.

Das ließ Lunacek nicht unerwidert. Sie verwies unter anderem darauf, dass die FPÖ sowohl im Nationalrat als auch im EU-Parlament gegen das Pariser Klimaabkommen gestimmt hatte. Was Hofer einmal mehr damit erklärte, dass durch den Vertrag „jene Staaten Vorteile haben, die auf Kernkraft“ setzen. Da war sie also wieder, die Atomkraft.

„Nazikeule“ und Islamistenfreunde

Dazwischen warf Hofer allerdings Lunacek noch vor, die „Nazikeule“ zu schwingen: Die Grünen-Kandidatin hatte die Kontakte der FPÖ zum deutschen AfD-Politiker Alexander Gauland kritisiert. Hofer wiederum hatte ein Foto von linken Demonstranten dabei: „Das sind ihre Freunde.“ Lunacek konfrontierte Hofer im Gegenzug mit freiheitlichen Mandataren, die ägyptische Vertreter der Muslimbrüder ins Parlament einluden. Lunacek: „Das sind ihre Freunde, das sind ärgste Islamisten.“

Asyl, Integration und Islam

Für Hofer hat Österreich seine Grenzen erreicht. Lunacek fordert mehr Anstrengungen im Bereich der Integration, vor allem wenn es um Bildung geht.

Etwas versöhnlicher wurde das Gespräch erst ganz zum Schluss, als Leitner nach einer möglichen Zusammenarbeit auf parlamentarischer Ebene fragte. Die gebe es in manchen Bereichen, sagte Lunacek und nannte als Beispiel die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen. Auch in der „Frage der Kontrolle“ gebe es Gemeinsamkeiten. Und Hofer verwies auf „Abstimmungen im Parlament, wo wir gemeinsam abstimmen. Da geht es schon darum, gemeinsame Strategien zu entwickeln.“ Ganz ohne Abgrenzung ging es dann aber auch am Ende nicht: Eine Minderheitsregierung würde die FPÖ - anders als die Grünen - nicht unterstützen.

„Kunst des eleganten Untergriffs“

Analyse in der ZIB2

Politikwissenschaftler Peter Filzmaier analysiert das TV-Duell zwischen Hofer und Lunacek.

Für Politikwissenschaftler Peter Filzmaier blieb die sprachliche Brutalität in dem Duell aus. Allerdings sei sehr wohl die „Kunst des eleganten Untergriffs“ zu beobachten gewesen, so Filzmaier in der ZIB2. Hofer habe Lunacek indirekt unterstellt, dass sie für die Todesstrafe sei. Die Grünen-Kandidatin habe dagegen Hofer und der FPÖ Sympathie für Islamisten unterstellt.

Links: