Minister schickt Kampftruppen
In der Flüchtlingsfrage will Bulgarien den Schutz seiner Grenzen zur Türkei massiv ausbauen. „Zur Stärkung unseres Grenzschutzes werden wir künftig verstärkt das Militär einsetzen“, sagte der bulgarische Verteidigungsminister und Vizeregierungschef Krassimir Karakatschanow der „Welt“ (Donnerstag-Ausgabe). Die bulgarisch-türkische Grenze solle in fünf Zonen eingeteilt werden.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
„In jede dieser Zonen werden wir jeweils eine bewaffnete Truppe in Kompaniestärke schicken, die den entsprechenden Grenzabschnitt bewachen soll“, sagte Karakatschanow. „Da werden auch hoch spezialisierte Kampftruppen dabei sein.“ Insgesamt sollen demnach bis zu 600 Soldaten eingesetzt werden. Der Verteidigungsminister kündigte auch eine verstärkte Überwachung mit Videokameras und Drohnen an.

APA/AFP/Nikolay Doychinov
Die türkisch-bulgarische Grenze ist fast komplett durch Stacheldrahtzäune geschlossen
Das EU-Mitgliedsland Bulgarien grenzt an die Türkei und ist Teil der „Balkan-Route“, über die Flüchtlinge versuchen, nach Westeuropa zu gelangen. Seit die türkisch-bulgarische Grenze fast komplett durch Stacheldrahtzäune geschlossen wurde, hat sich die Zahl der Flüchtlinge aber deutlich reduziert.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/UNHCR/ORF
Karakatschanow kritisierte, dass es die Europäer bisher nicht geschafft hätten, die Mittelmeer-Route für Migranten zu schließen. „Wir können nicht zulassen, dass weiterhin illegale Migranten massenweise nach Europa kommen“, sagte der Verteidigungsminister. „Wir sollten in Italien und Griechenland Truppen von NATO oder EU einsetzen und die Außengrenzen der Europäischen Union notfalls mit Waffengewalt verteidigen.“
Italien wirft EU Versagen vor
Auch der italienische Außenminister Angelino Alfano hatte den EU-Staaten vor wenigen Tagen Versagen im Umgang mit der Flüchtlingskrise auf dem Mittelmeer vorgeworfen. Auf die Frage, ob sich Italien von Europa im Stich gelassen fühle, entgegnete Alfano: „Ein ganz klares Ja!“ Die Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Staaten „funktioniert überhaupt nicht“, kritisierte er in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung.
„Das bedeutet, dass die Flüchtlinge in Italien bleiben“, sagte Alfano. Sein Land könne aber „diese Last nicht alleine verkraften“. Alfano vermisst nach eigenen Worten eine gemeinsame europäische Migrationspolitik, die sich der ankommenden Bootsflüchtlinge annimmt. Alfano rechnet nach eigenen Angaben bis Ende des Jahres mit mehr als 200.000 Menschen, die über die Mittelmeer-Route nach Europa kommen. Das sei ein Ausmaß, „das für uns sehr schwierig ist“, sagte er. „Weitere Hunderttausende Menschen warten in Libyen auf die gefährliche Überfahrt, die häufig tödlich endet.“
Weniger Ankünfte in Italien
In Italien sind nach Angaben der Regierung zuletzt weniger Migranten aus Libyen angekommen als im Vorjahr. Bisher seien in diesem Jahr 97.293 Menschen registriert worden, teilte das Innenministerium in Rom mit. Das seien 4,2 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2016. „Wir sind immer noch im Tunnel, und es ist ein langer Tunnel, aber ich sehe Licht an seinem Ende“, sagte Innenminister Marco Minniti. Er rechne auch im August mit einem Rückgang der Zahlen.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Italienisches Innenministerium
Minniti führte dies auf die Doppelstrategie seiner Regierung zurück, die Küstenwache im Kampf gegen Schleuserbanden stärker zu unterstützen und zugleich strikter gegen Hilfsorganisationen vorzugehen. Das trage erste Früchte. Die Regierung in Rom wirft den Organisationen vor, indirekt Schleppern zu helfen, indem sie Menschen aus dem Mittelmeer retten und nach Italien bringen.
Hilfsorganisationen stoppen Einsatz
Nach Ärzte ohne Grenzen hatten auch Save the Children und Sea Eye ihre Rettungseinsätze gestoppt. Hintergrund ist, dass Boote der libyschen Küstenwache am Rande der libyschen Küstengewässer wiederholt auf Schiffe der Hilfsorganisationen geschossen hatten. Ärzte ohne Grenzen warf der Regierung in Tripolis vor, auch legale Rettungsaktionen zu behindern.
EU-Kommissar Dimitris Avramopulos nahm die privaten Seenotretter in Schutz. „Die Mehrheit der Nichtregierungsorganisationen hilft uns bei unseren Bemühungen, Leben zu retten.“ In diesem Jahr hatten die privaten Schiffe mehr als ein Drittel aller Migranten aufgegriffen.
Deutlich steigende Zahlen in Spanien
Flüchtlinge nutzen inzwischen zunehmend den Seeweg nach Spanien. Dort könnten in diesem Jahr mehr Flüchtlinge über den Seeweg ankommen als in Griechenland. Wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) mitteilte, kamen seit Jahresbeginn bis zum 6. August fast 8.200 Flüchtlinge nach Spanien. Das sei mehr als im gesamten Jahr 2016. In Griechenland kamen demnach im gleichen Zeitraum 11.713 Menschen über das Mittelmeer an.
Links: