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Warnung vor „Amerikanisierung“

Das Thema kehrt in Wahlkampfzeiten regelmäßig auf die Tagesordnung zurück: die Frage, wie Parteien ihren Wahlkampf finanzieren und wie viel Steuergeld und Spenden sie ausgeben dürfen. Gleich zwei Oppositionsparteien - Grüne und NEOS - fordern nun schärfere Regeln.

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Der grüne Klubobmann Albert Steinhauser will - auch mit Verweis auf das aktuelle „Crowdfunding“ von ÖVP-Obmann Sebastian Kurz - einerseits ein generelles Verbot von Unternehmensspenden, andererseits sollen die Privatspenden begrenzt werden, und zwar auf 10.000 Euro pro Person und Kalenderjahr.

Steinhauser sprach im Zusammenhang mit den Wahlkampfspenden von einer drohenden „Amerikanisierung“ der Wahlkämpfe. Dort hätten etwa Pharmaunternehmer im vergangenen Präsidentschaftswahlkampf Spenden gezahlt, und danach sei das Thema der Kostensenkung auf Medikamente verschwunden gewesen, so der Abgeordnete.

ÖVP-Strategie „führt zu Verfilzung“

In Österreich hat Steinhauser vor allem die ÖVP im Visier: Sebastian Kurz habe ein „System der Spendenkeilerei“ ausgerufen - das mache er zwar „durchaus öffentlich, aber er kassiert große Geldspenden von externen Sponsoren. Das ist nicht illegal, aber auch nicht folgenlos“, so der Klubobmann. Denn: „Das führt zu einem System der Verfilzung von politischen Entscheidungen und wirtschaftlichen Interessen der Sponsoren.“

Steinhauser verwies darauf, dass von den gut eine Million Euro an Spendengeldern, die die ÖVP bisher gesammelt hat, 70 Prozent von Spendern kommen, die mehr als 10.000 Euro gespendet haben - und diese 70 Prozent würden nur von 18 Spendern kommen, darunter neun Unternehmen und neun Privatpersonen mit unternehmerischem Hintergrund.

Gegen „Umgehungskonstruktionen“

Neben den genannten Punkten treten die Grünen auch dafür ein, dass künftig Personenkomitees und Fördervereine voll zu einer Partei zugeordnet werden und unter die Regeln für die Wahlkampffinanzierung fallen sollen. Derzeit würde man mit derartigen „Umgehungskonstruktionen“ die Regeln (etwa für die Kostenobergrenzen, Anm.) aushebeln, so Steinhauser. Außerdem sollte es die Möglichkeit der Direktprüfung von Parteien durch den Rechnungshof geben, und die strafrechtlichen Bestimmungen bei Verstößen sollten sich an den Regelungen in Deutschland orientieren.

Grün-Mandatar Dieter Brosz forderte außerdem, dass es bei der finanziellen Bewertung von Sachspenden klarere Regelungen brauche: So müsse etwa ein vom Parlamentsklub bezahltes Inserat oder Plakat als Spende an die jeweilige Partei gelten; derzeit falle derartiges als Sachspende nicht unter die Wahlkampfkostenbegrenzung. Zusätzlich brauche es auch die Klarstellung im Gesetz, dass nicht nur „unrichtige oder unvollständige“ Berichte der Parteien zu den Spenden zu Sanktionen führen, sondern auch das Ausbleiben eines Berichts - denn letzteres werde derzeit nicht als „unvollständig“ bewertet.

Anlauf noch vor der Wahl

Einen Anlauf für die Umsetzung der Verschärfungen wollen Steinhauser und Brosz bereits bei den noch vor der Nationalratswahl anstehenden Nationalratssitzungen im Herbst machen; gelten sollen die Regeln für alle Wahlkämpfe nach dieser Wahl. Von den strengeren Bestimmungen erfasst sein sollen übrigens nur jene Parteien, die bereits Parteienförderung beziehen. Neue Gruppierungen, die noch nicht im Nationalrat oder anderen Gebietskörperschaften vertreten sind, sollen davon nicht betroffen sein, wie Brosz präzisierte.

NEOS für niedrigeres Limit

NEOS wiederum drängt auch im laufenden Wahlkampf auf eine Senkung der erlaubten Kosten dafür. Einen Euro pro Wahlberechtigten anstatt der geltenden sieben Mio. Euro verlangten Generalsekretär Nikola Donig und Abgeordneter Niki Scherak in einer Pressekonferenz. Zudem forderten sie härtere Sanktionen bei einer Überschreitung sowie mehr Transparenz bei der Parteifinanzierung.

An sich sind die Forderungen von NEOS zu Transparenz und Fairness nicht neu. Das betonte auch Scherak: Mehrere Initiativen zu gesetzlichen Änderungen habe man bereits im Nationalrat eingebracht. Mit der oft üblichen Vertagung seien diese „de facto gestorben“. Auch das Zustandekommen eines Fairness-Abkommens für den Wahlkampf bezweifelt Donig. Die Regierungsparteien seien zu sehr mit Scharmützeln untereinander beschäftigt.

Für scharfe Sanktionen bei Verstoß

Dennoch hat NEOS zeitgerecht einen „Neuneinhalb-Punkte-Plan“ zum Thema geschmiedet. Neben der Senkung der Obergrenze für Wahlkampfkosten - ein Euro pro Wahlberechtigten wären derzeit 6,4 Mio. Euro - sieht dieser noch „ernstzunehmende Sanktionen“ bei einer Überschreitung vor. Konkret sollen - nach deutschem Vorbild - 150 Prozent des Überschreitungsbetrags eingehoben werden. Auch die Ausweitung des Erhebungszeitraums für das Limit - nämlich mit Ausschreibung der Wahl - ist vorgesehen.

Weiters fordert Scherak eine verpflichtende Veröffentlichung der Wahlkampfkosten, wie man es als einzige Partei schon freiwillig mache. Zudem ein Ende der „Verschleierung“ von Finanzierung durch Vorfeldorganisationen sowie die Einbeziehung der Parlamentsklubs in die Rechenschaftsberichte der Parteien, die vom Rechnungshof geprüft werden sollen. Für nicht eingereichte Rechenschaftsberichte solle es Sanktionen geben - was derzeit nicht der Fall sei.

Für eigenen Straftatbestand

Eine weitere Forderung von NEOS ist die Einführung des Straftatbestandes der illegalen Parteifinanzierung, derzeit würde das lediglich als Verwaltungsübertretung gehandhabt. Punkt „neuneinhalb“ ist die Einhaltung der geforderten Transparenz auch auf Zeiten außerhalb des Wahlkampfs. Selbst sammelt NEOS übrigens gerade via Fundraising für den Wahlkampf. Seit Jahresbeginn konnten laut Donig 475.000 Euro für den Wahlkampf lukriert werden.

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