Vom Insolvenzantrag nicht betroffen
Die Zukunft von Deutschlands zweitgrößter Fluggesellschaft Air Berlin hängt am seidenen Faden. In den nächsten drei Monaten muss sich entscheiden, was von dem chronisch defizitären Konzern übrigbleibt und was mit Unternehmensteilen geschieht. Viele erwarten eine Totalzerschlagung. Zentral betroffen ist Niki, der österreichische Ableger der Etihad/Air-Berlin-Gruppe.
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Vonseiten des Managements der Tochter gibt es Durchhalteparolen: Belegschaft und Management wollen alle Kräfte auf den Weiterbestand der Firma legen, wird signalisiert. Die Botschaft: Niki ist vom Insolvenzantrag von Air Berlin jetzt nicht betroffen. Die Flugpläne seien aufrecht, alle Flüge weiterhin buchbar. Die deutsche Regierung schützt Air Berlin gerade mit Staatshilfe davor, auf dem Boden bleiben zu müssen.
Personal beruhigt Passagiere
Am Mittwoch trommelte die Niki-Geschäftsführung in Wien-Schwechat immer wieder Mitarbeiter zu Informationsrunden zusammen, um die Lage zu erklären. Bodenmitarbeiter und Crews sollen verunsicherten Passagieren Rede und Antwort stehen können, was den aktuellen Informationsstand betrifft. Diese Informationsveranstaltungen sollen so ablaufen, dass der Flugbetrieb nicht betroffen ist.

ORF.at/Christian Öser
Ein Niki-Flugzeug auf dem Flughafen Wien-Schwechat - der Betrieb läuft vorerst normal weiter
Seit Niki die Ferienflüge von Air Berlin übernommen hat - darunter den berühmte „Mallorca-Shuttle“ von deutschen Städten -, ist Niki als Airline für Reisen zu europäischen Ferienzielen ein wichtiger Player geworden: Neben zurzeit 67 wöchentlichen Abflügen ab Österreich wickelt Niki jede Woche 75 Abflüge von Schweizer Airports und 481 Abflüge von deutschen Flughäfen aus ab.
Unter die Flügel von Etihad gekommen
Was mit der Airline in den kommenden Wochen geschieht, ist unklar - derzeit werden mehrere Szenarien für wahrscheinlich gehalten, andere wiederum von Experten als unwahrscheinlich eingeschätzt. Die Rahmenbedingungen sind klar: Niki hat beim bisher letzten Umbau der Air Berlin die Ferienflugstrecken im Konzern übernommen. Dazu gehörte, dass Niki direkt unter die Flügel des arabischen Air-Berlin-Hauptaktionärs Etihad kommt.
Schon zum heurigen Jahreswechsel hat Etihad für die Niki-Anteilsübernahme 300 Mio. Euro an Air Berlin überwiesen. Der Deal ist behördlich noch nicht genehmigt, die Geldspritze von den Berlinern aber längst verbraten. Fakten hat Etihad aber schon geschaffen, auch nach außen: Die letzten Presseaussendungen über Niki-Winterflugpläne etc. trugen nur noch die Briefköpfe von Etihad und Niki.
„Es sieht so aus, dass Etihad Niki nicht kauft“
Doch das muss nichts heißen, denn derzeit ist unklar, ob Etihad - bisher als größter Eigentümer von Air Berlin maßgeblich an deren Finanzierung beteiligt - wie geplant Niki selbst übernimmt. „Es sieht so aus, dass Etihad Niki nicht kauft“, schätzt Niki-Bord-Betriebsrat Stefan Tankovits aktuell.
Im Juni noch habe Etihad „diese Beruhigungspille gegeben und gesagt, wir kaufen Niki schon, egal was mit dem Joint Venture passiert. Das ist jetzt nicht der Fall, was sehr enttäuschend ist.“ An einer Übernahme von Niki durch Etihad hing eine Arbeitsplatzgarantie. „Da lässt man uns jetzt im Regen stehen“, so Tankovits.
Wird Niki Teil von Eurowings?
Als viel wahrscheinlicher gilt eine andere Lösung für Niki: Das Unternehmen könnte Teil der Lufthansa-Tochter Eurowings werden, wie der österreichische Luftfahrtexperte Kurt Hoffmann im ORF-Morgenjournal sagte. Gespräche über eine solche Lösung würden nach jüngstem Informationstand geführt, sagte Hoffmann. Für Bord-Betriebsrat Tankovits ist der Gedanke „neu“. Die jüngste Umstellung des Niki-Geschäfts auf Ferienflüge würde nicht zum Eurowings-Geschäftsmodell passen, so Tankovits, aber es könne ja auch einen abermaligen Bruch in der Unternehmensausrichtung geben.
Gegenüber der ZIB2 verwies Hoffmann zudem darauf, dass Air Berlin Fly Niki 43 Millionen Euro schuldet. Dieses Geld sei für Niki derzeit „essenziell“. Ein namentlich nicht genanntes Air-Berlin-Vorstandsmitglied gehe Hoffmann zufolge davon aus, dass Niki bei Nichtbegleichung dieser Schuld „in ein bis zwei Wochen“ ebenfalls in die Insolvenz schlittern könnte. „Tatsache ist aber auch“, dass es bereits nächste Woche in dieser Frage eine Lösung geben könnte.
„Szenario schaut nicht einfach aus“
Für Niki schaut laut Hoffmann das „Szenario in der Tat nicht einfach aus“. Mit Blick auf eine mögliche Insolvenz verweist der Luftfahrtexperte gegenüber der ZIB2 auch darauf, dass Air Berlin Niki 43 Millionen Euro schuldet.
Lauda: Insolvenz Frage der Zeit
Airline-Gründer Niki Lauda sagte im „Kurier“ dazu: „Niki ist noch Teil der Air Berlin. Ich fürchte, damit dauert es nicht mehr lange, bis sie auch Insolvenz anmelden müssen.“ In den „Salzburger Nachrichten“ sprach Lauda von einem Trauerspiel. „Ich hoffe für die Niki-Mitarbeiter, dass schnell eine Lösung mit der Lufthansa kommt, damit sie ihren Job nicht verlieren.“ Wobei es sicher keine Übernahme werde: „Sie werden noch weitere Flugzeuge und Besatzungen übernehmen und dann die Firma Air Berlin mit 1,3 Milliarden Euro Schulden in Konkurs schicken“ - mehr dazu in wien.ORF.at.
Auch Ferienflieger Condor soll interessiert sein
Auch der zum Reisekonzern Thomas Cook (Neckermann Reisen) gehörende Ferienflieger Condor soll laut dpa-AFX Interesse an der Teilnahme an Auffanglösungen bekundet haben - zumal ein Teil der Thomas-Cook-Kunden mit Air Berlin und Niki in den Urlaub geflogen wird. Der weltgrößte Reisekonzern TUI sei ebenfalls involviert, so Experte Hoffmann: 14 Flugzeuge seines Ferienfliegers TUIfly seien samt Personal bei Niki im Einsatz, der für TUI lukrative Deal sei jetzt in Gefahr. Ein seit vorigem Jahr geplantes Ferienflieger-Bündnis aus TUIfly und Niki war Anfang Juni geplatzt.
Niki hält am Freitag Betriebsversammlungen ab
Jedenfalls wünscht sich Tankovits, dass er schnell Klarheit bekommt. Und der Betriebsrat „will nicht nur an der Seitenlinie stehen und zuschauen. Wir wollen eingebunden werden.“ Niki beschäftigt rund 1.000 Mitarbeiter. Es herrscht große Verunsicherung, weswegen die Belegschaftsvertretung am Freitag in Wien-Schwechat und Düsseldorf Betriebsversammlungen abhalten wird. Aufgrund der veränderten Sachlage soll es aber nicht wie ursprünglich geplant um die Gehaltsforderungen gehen, sondern darum, die Mitarbeiter über die derzeitige Lage zu informieren - mehr dazu in wien.ORF.at.
Strategie von Etihad gescheitert
Der arabische Air-Berlin-Großaktionär Etihad hat sich bisher zu möglichen Szenarien rund um Air Berlin noch nicht geäußert. Nach Informationen des „Handelsblatts“ ist sich die Herrscherfamilie in Abu Dhabi auch nicht einig, wie es mit Etihad weitergeht. Die Strategie, vor allem mit europäischen Partnern zu wachsen, ist gescheitert, auch Alitalia, die zweite große Beteiligung, ist mittlerweile pleite.
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