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177 Abgeordnete für, 198 gegen Rücktritt

Vor einer Woche hat der südafrikanische Präsident Jacob Zuma ein mit Spannung erwartetes Misstrauensvotum im Parlament überstanden: Der Opposition gelang es bei der geheimen Abstimmung nicht, genügend Stimmen für die Absetzung des unter Korruptionsverdacht stehenden Staatschefs zu finden.

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Rund 30 der insgesamt 249 Abgeordneten von Zumas Partei, dem Afrikanischen Nationalkongress (ANC), unterstützten den Versuch der Opposition, Zuma per Misstrauensvotum zum Rücktritt zu zwingen. Nach Angaben von Parlamentspräsident Baleka Mbete stimmten 177 Abgeordnete für den Antrag, mit 198 allerdings immer noch eine Mehrheit dagegen. Dazu kamen mehrere Stimmenthaltungen - einige der 400 Abgeordneten sind zudem nicht im Parlament in Kapstadt erschienen.

Südafrikas Präsident Jacob Zuma

Reuters/Mike Hutchings

Zuma nahm das Abstimmungsergbenis sichtlich emotional zur Kenntnis

Zuma sagte kurz nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses, dass der ANC entgegen anderslautenden Berichten auch weiterhin eine geschlossene Kraft sei. Für die nächste Wahl prophezeite Zuma dem ANC zudem eine überwältigende Mehrheit. Es sei demnach auch nur „Fantasie“ und „Propaganda“ der Opposition, dass die von ihm angeführte Regierungspartei die Unterstützung des Volkes verloren habe, wie Zuma bei einer Rede vor Anhänger zudem sagte.

Turbulente Parlamentsdebatte

Die Opposition hatte dem seit 2009 regierenden Staatschef Korruption und Machtmissbrauch vorgeworfen und stellte deswegen die Vertrauensfrage. Im scharf bewachten Parlament geriet die Aussprache zwei Stunden lang zu einem Scherbengericht für Zuma, der selbst nicht anwesend war.

Während sich Anhänger und Gegner des Regierungschefs in ihren Reden immer wieder auf die Werte von Nelson Mandela als Gründerpräsidenten des demokratischen Post-Apartheid-Südafrikas bezogen, beschwor vor allem die Opposition Mandelas Vision einer starken Demokratie.

Wahl zwischen „Gut und Böse“

„Ich flehe Sie an, lassen Sie uns die südafrikanische Bevölkerung ernst nehmen und stimmen Sie für die Absetzung von Jacob Zuma“, sagte Mmusi Maimane, der Vorsitzende der oppositionellen Demokratischen Allianz während der der Abstimmung vorausgegangenen Parlamentsdebatte. „Unsere Wahl ist zwischen Richtig und Falsch, zwischen Gut und Böse.“ Bereits zuvor sprach die Opposition von einem „historischen“ Tag. Mehrere Oppositionsparteien forderten die ANC-Abgeordneten auf, sich nicht einschüchtern zu lassen und gegen den Präsidenten zu stimmen.

Doris Dlakude von der Regierungspartei ANC kritisierte die Debatte und die Abstimmung dagegen als einen „Griff nach der Macht“ durch die Opposition und wies die Vorwürfe gegen Zuma zurück. Bereits im Vorfeld warnte die ANC-Führung ihre Abgeordneten vor einer Abwahl Zuma. Stimmen aus dem eigenen Lager gegen Zuma kämen dem „Abwurf einer Atombombe“ gleich, hieß es in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung von ANC-Sprecher Jackson Mthembu.

Demonstranten, die die Absetzung des südafrikanischen Präsidenten Jacob Zuma fordern,  marschieren zum Parlament in Kapstadt

APA/AP/Halden Krog

„Feuert Zuma“ forderten Oppositionsanhänger vor dem Parlament in Kapstadt

Südafrikas Oberstes Gericht räumte am Tag der Parlamentspräsidentin Baleka Mbete das Recht ein, mittels geheimer Abstimmung über Zumas politische Zukunft abstimmen zu lassen. Der seit 2009 regierende Staatschef überstand bereits sieben Misstrauensvoten, die allerdings nicht in geheimer Abstimmung stattfanden. Angesichts etlicher Rücktrittsaufrufe auch aus den eigenen Reihen, zeigte sich der ANC diesmal auch als „geteiltes Haus“, wie das südafrikanische Nachrichtenportal News24 zudem berichtete.

Tausende Oppositionsanhänger vor Parlament

Unmittelbar vor dem mit Spannung erwarteten Misstrauensvotum haben sich am Dienstag auch Tausende Oppositionsanhänger vor dem von Spezialeinheiten der Polizei abgesicherten Parlamentsgebäude in Kapstadt versammelt. Auch in mehreren anderen großen Städten des Landes, darunter Kapstadt und Pretoria, versammelten sich Gegner des umstrittenen Präsidenten auf die Straße.

In der Hoffnung auf einen Wechsel in der Staatsführung hatten sich am Dienstag unterdessen erneut Anleger mit südafrikanischen Wertpapieren eingedeckt. Der Leitindex der Börse in Johannesburg markierte am Dienstag den dritten Tag in Folge ein Rekordhoch.

Rekordarbeitslosigkeit und Korruptionsvorwürfe

Die Popularitätswerte des seit 2009 amtierenden Zuma sind unter anderem wegen der bei 28 Prozent liegenden Rekordarbeitslosigkeit sowie jahrelanger Korruptionsskandale im Keller. In den vergangenen Monaten gingen bei Massendemos immer wieder Zehntausende auf die Straße und forderten zuletzt verstärkt Zumas Rücktritt.

Dieser plante zwar noch in diesem Jahr, seinen ANC-Vorsitz abzugeben - eine vorzeitiges Ende seiner zweiten, regulär 2019 auslaufenden Amtszeit stand für Zuma allerdings nicht zur Debatte. Trotz erneut überstandenem Misstrauensvotum könnte sich das nun dennoch ändern: Beobachter sehen Zuma angezählt und rechnen mit einem vorzeitigen Rücktritt mit Ende des Jahres.

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