Wie das Smiley auf das Smartphone kommt
Hinter den bunten Emojis auf Computer, Tablet und Smartphone steht eine vergleichsweise graue Institution. Das Unicode-Konsortium, in dem Vertreter der großen IT-Firmen und Userverbände sitzen, entscheidet, welche Symbole Eingang in die mobile Kommunikation finden. Der Arbeitsaufwand für die Technokraten steigt.
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Erst Ende Juni wurde die Version 10.0 des Unicode-Standards verabschiedet, der für jedes Schriftzeichen und Textelement aller international bekannten und verwendeten Schriftsysteme einen digitalen Code festlegt. Neu hinzugekommen sind auch zahlreiche Emojis: Zauberer, Elfen, eine Frau mit Kopftuch und ein „Kotz“-Emoji sind nun Teil des Standards. Bereits seit Ende der 1980er Jahre gibt es Unicode.
Seit der Einführung der Unicode-Version 6.0 im Jahr 2010 ist das gleichnamige Konsortium auch für die Vergabe des Codes für Emojis zuständig. Das Gremium legt gewissermaßen den technischen Bauplan der bunten Symbole fest. Erfunden wurden die Emojis Ende der 1990er Jahre vom Japaner Shigetaka Kurita, der sich von Straßenschildern, Manga-Comics und chinesischen Schriftzeichen inspirieren ließ.
„Mysteriöse“ Organisation ganz transparent
In einem Beitrag des „New York Magazine“ wurde das Unicode-Konsortium einmal als „mysteriös“ bezeichnet. Eine Darstellung, die Mitgründer Mark Davis gegenüber der „New York Times“ zurückwies. Alle Informationen zu den Mitgliedern und der Geschichte des Konsortiums fänden sich auf der Website der Organisation. Dort ebenfalls abrufbar sind die Kriterien, nach welchen über die Aufnahme eines Emojis entschieden wird.

APA/AFP/Miguel Medina
Emojis: Im Konsortium sitzen die Vertreter der großen Technologiekonzerne
Das Konsortium hat verschiedene Klassen von Mitgliedern, die unterschiedlich hohe Mitgliedsbeiträge zu entrichten haben. Die umfangreichsten Stimmrechte werden den „Vollmitgliedern“ gewährt. Zu diesen gehören derzeit etwa die großen IT-Konzerne Apple, Facebook, Google, Microsoft und IBM. Daneben gibt es unter anderem „institutionelle“ - etwa die indische Regierung - und „individuelle“ Mitglieder (Fachleute und auch Studenten).
Wo eine Braut, muss auch ein Bräutigam sein
Die Kriterien, welche Bilder zum Emoji qualifiziert sind, wurden vom Konsortium mit technokratischer Genauigkeit festgelegt. So sollte ein Emoji möglichst eindeutig sein (etwa ein grinsendes Gesicht als Symbol für Freude). Daneben wird auch die Metaphorik bedacht. Ausnahmen bestätigen die Regel: Aus dem Melanzani-Emoji etwa wurde ein bei Nutzern beliebtes Phallussymbol.
Weiters versuchen die Mitglieder des Konsortiums abzuschätzen, ob ein Symbol auch in ferner Zukunft den Geschmack der User trifft. Besondere Berücksichtigung erfahren häufig nachgefragte Bilder wie das Einhorn und der Hotdog. Ein wichtiges Kriterium ist zudem die Vollständigkeit. Seit der Veröffentlichung der Unicode-Version 8.0 etwa sind alle Sternzeichen in Emoji-Form verfügbar. Zu spezifische Emojis werden vom Gremium abgelehnt, das gilt auch für Konzernlogos.
Umstrittene Emojis
Mit der steigenden Bedeutung der Emojis für die mobile Kommunikation findet sich das Unicode-Konsortium unvermittelt an „vorderster Front der Populärkultur“, wie die „New York Times“ schon 2015 schrieb. Und so gerät das Konsortium immer wieder ins Zentrum gesellschaftlicher Debatten.
Nach einigen Diskussionen wurden 2014 Emoji-Gesichter in verschiedenen Hauttönen eingeführt. Rechnung getragen wird weiters der Vielfalt bei Liebesbeziehungen. Neben einem Emoji, bei dem eine Frau und ein Mann Händchen halten, gibt es die Hieroglyphen auch mit zwei Frauen beziehungsweise zwei Männern.
Für besondere Kritik sorgte ein Gewehr-Emoji. Die britische NGO InferTrust sah darin einen Affront gegenüber Opfern von Schusswaffenangriffen. Gremiumsmitbegründer Davis wies die Vorwürfe zurück. Das Gewehr-Emoji solle lediglich das olympische Sportschießen darstellen, so Davis gegenüber der „New York Times“.
Rasantes Wachstum
Emojis beeinflussen die menschliche Kommunikation mittlerweile so stark, dass sie verstärkt in den Fokus der Wissenschaft geraten. „Emoji ist die am schnellsten wachsende Form der Sprache in der Geschichte“, sagte der britische Linguist Vyv Evans der BBC. Das Tempo, mit dem die Symbole von den Usern angenommen werden, sei sehr hoch, aber auch ihre Weiterentwicklung verlaufe rasant. „Sie haben ihre antiken Vorgänger, die Hieroglyphen, deren Entwicklung Jahrhunderte gebraucht hat, längst in den Schatten gestellt“, so Evans.
„Die Verwendung von Emojis greift selten direkt in die Sprachstruktur ein, sondern ergänzt schriftliche Kommunikation durch situative Einordnung des Gesagten“, so der deutsche Linguist Anatol Stefanowitsch gegenüber dem „Standard“ (Onlineausgabe). Emojis ersetzten selten ganze Wörter. Eher würden sie als Ergänzung verwendet, auch um fehlende Mimik und Gestik bei SMS und E-Mails auszugleichen, so der Sprachwissenschaftler.
Nächste Version im Jahr 2018
Welche Emojis den Weg in den Standard finden, wird momentan entschieden. Unicode 11.0 soll im Juni 2018 veröffentlicht werden. Auf dem Emoji-Index Emojipedia werden bereits einige Kandidaten genannt, die ihren Weg möglicherweise in den neuen Standard schaffen. Neben einer Sicherheitsnadel, einem Lama und einem Schwamm könnte es künftig auch ein grantig schauendes A-a-Häufchen geben. Über die endgültige Liste muss das Konsortium erst noch im kommenden Jahr abstimmen.
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