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Streit um Wasser aus Lago di Bracciano

„Rom ohne Wasser“, „Wettlauf mit der Zeit“ und „Wasserkrieg in Rom“ - unter Schlagzeilen wie diesen steht die weiter eskalierende Wasserkrise in der italienischen Hauptstadt seit Tagen im Fokus der großen Medien des Landes. Erst am Freitagabend konnte eine im Raum stehende Wasserrationierung abgewendet werden.

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Hätte es keine Einigung bei der Wasserversorgung gegeben, hätte am Montag in vielen Teilen der Stadt für insgesamt acht Stunden das Wasser abgedreht werden sollen. Das berichtete unter anderem die Nachrichtenagentur ADNKronos. Am Freitag meldete der zuständige römische Wasserversorger ACEA dann jedoch, dass das Trinkwasser doch nicht rationiert werde. Im Falle der Umsetzung wären rund 1,5 Millionen Römer von der Rationierung betroffen gewesen.

Brunnen im Vatikan

APA/AP/Gregorio Borgia

In Rom werden immer mehr Brunnen abgedreht

Schon 200 Brunnen vorübergehend stillgelegt

Die Wasserversorgung ist bereits in rund 20 an Rom angrenzenden Gemeinden eingeschränkt. In Rom zeugen unterdessen abgedrehte Brunnen vom Wasserengpass. Nach Angaben der Nachrichtenagentur ANSA seien schon über 200 Brunnen und öffentliche Wasserhähne außer Betrieb - Tag für Tag würden weitere folgen.

Die Einigung in letzter Minute zwischen der Stadtregierung von Bürgermeisterin Virginia Raggi und auch Italiens Umweltminister Gianluca Galletti mit ACEA besagt, dass jetzt Trinkwasser vom Lago die Bracciano nach Rom weitergeleitet werden darf. Das wurde zuvor behördlich verboten.

Braccianosee

Andrew Medichini

Der niedrige Wasserpegel des Lago di Bracciano ist deutlich sichtbar gesunken

Der deutlich gesunkene Pegel des rund 50 Kilometer von Rom entfernten Sees gilt als Sinnbild von Italiens derzeitiger Wasserkrise, die auch in etlichen anderen Regionen für Alarmstimmung sorgt. Der See, dessen Quellgebiet bereits vor über 1.900 Jahren über die Acqua Traiana Rom mit Wasser versorgte, lieferte zuletzt rund acht Prozent des Wasserbedarfs der Stadt. Nicht zuletzt diente der Lago di Bracciano auch als sichere Reserve - die nun ausfällt.

Bei 100 Litern 40 Liter Verlust

Als Hintergrund des historisch niedrigen Pegelstandes gilt die anhaltende Hitze- und Dürreperiode. Italienischen Medienberichten zufolge regnete es heuer bisher nur an 26 Tagen, im Vorjahreszeitraum waren es 88 Tage. Seit der Übernahme des römischen Bürgermeisterpostens durch Raggi von der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung herrsche aber auch Eiszeit zwischen der Hauptstadt und den Sozialdemokraten, welche in der Rom umgebenden Region Latium regieren, in deren Zuständigkeit der See liegt.

Dass die Leitungen nach Rom zugedreht werden, hat Beobachtern zufolge wohl auch eine politische Dimension. „Es ist untragbar, dass Rom des Wassers beraubt wird“, so Raggi am Freitag auf Facebook. Gleichzeitig forderte die römische Bürgermeisterin die Regierung auf, mit „den Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen“, zu intervenieren und für Latium den Notstand auszurufen.

Von Regierungsseite wird unterdessen auch dringender Handlungsbedarf bei der römischen Stadtregierung geortet. Zu lange habe man es verschlafen, die maroden Wasserleitungen zu sanieren. Darauf verwies auch Galletti. „Es ist undenkbar, dass 40 Liter von 100 verloren gehen“, kritisierte er zuletzt.

Krisenstimmung auch am Po

Zentrales Problem der Wasserkrise bleibt dennoch die seit Monaten anhaltende Dürre. Die Regierung hatte bereits im Juni den Notstand in den norditalienischen Provinzen Parma und Piacenza erklärt. Etliche andere Regionen erwägen ebenfalls diesen Schritt, der vor allem für die besonders unter der Wasserknappheit leidende Landwirtschaft finanzielle Unterstützung bringen soll.

Ausgetrocknete Stelle am Po

APA/AP/Luca Bruno

Auch am Po wurde die Wasserentnahme behördlich eingeschränkt

Die norditalienischen Regionen entlang des Flusses Po haben zuletzt zudem beschlossen, die Wassermengen zu reduzieren, die für die Landwirtschaft aus Italiens längstem Fluss gepumpt werden. Einige Gemeinden in Berggebieten von Piacenza, Parma und Bologna mussten wegen der Dürre zudem bereits per Tanklaster mit Wasser versorgt werden.

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