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Debatte im Zeichen der Oppositionskritik

Der Nationalrat hat am Donnerstag vorzeitig die Gesetzgebungsperiode, die noch bis Herbst 2018 gegangen wäre, beendet. Damit ist der Weg für die Neuwahl am 15. Oktober frei. Der Wahltermin wird am Freitag vom Ministerrat und vom Hauptausschuss festgelegt.

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Die Neuwahl war das einzige Thema der letzten Plenarsitzung im historischen Sitzungssaal vor dem Umzug des Parlaments. Gesetzesanträge lagen nicht vor. Gegen die vorgezogene Neuwahl stimmten nur die „wilden“ Abgeordneten Gerhard Schmid und Marcus Franz.

Kern gegen „Schlechtreden“ von Österreich

Bei der Debatte zu dem Antrag geriet wenig überraschend vor allem die Große Koalition in die Kritik. Gegen diese verwehrte sich Kanzler Christian Kern (SPÖ) in seiner Rede. Er sprach sich dagegen aus, die Situation im Land negativer darzustellen, als sie ist: „Ich möchte mir unser Österreich nicht schlechtmachen lassen“, sagte er mit Blick auf Kritik von ÖVP, FPÖ und Team Stronach (TS).

Kern verwies unter anderem auf eine Studie, laut der Österreich das vierterfolgreichste Land der Welt sei. Diesen Weg müsse man konsequent fortsetzen. Zudem brauche es ein Modell für die nächsten zehn bis 15 Jahre, das Digitalisierung und Automatisierung berücksichtige. Er wolle ein „Land, in dem es den Kindern eines Tages besser geht als den Eltern“.

„Wir haben unser Potenzial nicht ausgeschöpft“, sagte ÖVP-Vizekanzler Wolfgang Brandstetter, der „ehrlich“ bilanzieren wollte. Gerade in letzter Zeit habe man aber viele zuvor lange blockierte Vorhaben durchgebracht, weil man das „Gemeinsame wieder in den Vordergrund gestellt hat“. Er lobte, dass es gelungen sei, Materien wie Bildungsreform, „Primary Health Care“ und die Frauenquote in den Aufsichtsräten zu beschließen. Das sei nur gelungen, weil man das zur Seite gestellt habe, was die Opposition Klientelpolitik nenne. Nun habe man noch Chancen, weitere Vorhaben zu verwirklich, genau das wolle die Bevölkerung. ÖVP-Chef Sebastian Kurz war bei der Sitzung nicht anwesend, er ließ sich vertreten.

ÖVP beklagt Verlust des Spitzenplatzes

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder verteidigte genau diese Vorhaben, die in den vergangenen Wochen kurz vor Ende der Legislaturperiode trotz zäher Monate davor beschlossen wurden: Dass diese jetzt beschlossen wurden, sei „komisch, aber es ist besser, als hätten wir nichts beschlossen“, sagte Schieder und verwies dabei etwa auf die Abschaffung des Pflegeregresses. Schieder betonte ebenfalls die von Kern erwähnte Studie. Trotzdem gebe es noch viele Baustellen, etwa bei der Stärkung der Lehre, des Bildungssystems und der Kinderbetreuung.

Auf vier arbeitsreiche Jahre verwies ÖVP-Klubomann Reinhold Lopatka. Ziehe man nun Bilanz, stehe Österreich zwar gut da, das Land befinde sich allerdings nicht mehr an der Spitze der EU. Weniger als 100 Tage vor der Wahl warnte Lopatka vor einer „Casino-Mentalität und Wahlzuckerlschlacht“ und verwies auf Warnungen von Rechnungshof und Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO). Nun müssten verantwortlungsvolle Beschlüsse getroffen werden, welche die nächste Periode nicht belasten. Einmal mehr forderte Lopatka die Schließung der Mittelmeer-Route und eine Kürzung der Mindestsicherung nach den Vorbildern Nieder- und Oberösterreichs.

Rundumschlag von Strache

„Keine Sternstunde des Parlamentarismus, aber eine historische Stunde“, sah FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, wobei er auf die letzte Sitzung im historischen Sitzungssaal verwies. Diese bereite ihm eine gewisse Wehmut, nicht aber das „Scheitern der rot-schwarzen Regierung“, die sich in den letzten Jahren vor allem durch „Stillstand“ ausgezeichnet habe.

Anschließend holte Strache einmal mehr zum Rundumschlag gegen die Regierung aus. Dabei griff er Kurz und Kanzler Kern an: „Die Menschen erwarten mehr als so künstlich aufgebauschte Wunderwuzzis.“ Ersterer habe so getan, als sei er in den vergangenen sechs Jahren nicht in der Regierung gewesen, Kern biete zwar einen „Plan A“, aber keine konkreten Lösungen für die Menschen.

Grüne sehen Rechtsruck von SPÖ und ÖVP

Der grüne Klubomann Albert Steinhauser kritisierte in den Fragen Flucht und Migration einen Rechtsruck der SPÖ und ÖVP. Man diskutiere zwar die Folgen, nicht aber die Fluchtursachen wie Krieg, Hunger und das Wohlstandsgefälle, sagte Steinhauser. Dabei verwies er auf saudi-arabische Waffenexporte und europäische Handelspolitik in Afrika.

In der Sozialpolitik müsse man an der Verteilungsfrage arbeiten, etwa bei der Reform im Mietrecht und dem „Steuerpopulismus“. Auch die vernachlässigte Klimapolitik sei eines der dringendsten Themen. Der „Generationenwechsel“ innerhalb der Grünen sei „schmerzlich“ gewesen, das Feuer der Partei brenne aber noch.

„Ende des rot-schwarzen Machtkartells“

Mit einem Glückwunsch an die Wahlkampfmitbewerber eröffnete NEOS-Klubobmann Matthias Strolz seine Rede. Mit Oktober komme eine Zäsur, das „Ende des rot-schwarzen Machtkartells“. Eine Wahl von SPÖ oder ÖVP bei der nächsten Wahl würde nicht die Chancen, sondern den Filz wachsen lassen, so Strolz. Er foderte, die Arbeit bis Oktober fortzusetzen, etwa indem man einen gemeinsamen Qualitätsrahmen für Kindergärten schaffe. Er warnte zudem vor der Verteilung von Wahlzuckerln und forderte die Abschaffung der kalten Progression.

TS-Klubobmann Robert Lugar verglich die Koalition in seiner Rede mit einer Frau, deren Mann das Familieneinkommen trotz Armut für Alkohol ausgibt, aber Tag für Tag Besserung gelobt. Herbe Kritik übte er an Kurz, dessen ÖVP aus machtpolitischen Zwecken Arbeit verhindere. Im Interesse Österreichs gelte es, nicht Rot-Schwarz zu wählen, sondern neue Mehrheiten zu schaffen.

Mit der vorzeitigen Beendigung der Gesetzgebungsperiode ist die Arbeit des Nationalrats noch nicht zu Ende. Jedenfalls wird am 20. September eine weitere Sitzung stattfinden, bei der etwa das Sicherheitspaket mit erweiterten Überwachungsmöglichkeiten sowie die Verländerung der Wohnbauförderung beschlossen werden könnten.

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