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Letzte Frist vor Aberkennung

Die UNESCO hat das historische Zentrum Wiens wegen des umstrittenen Baus eines Hochhauses am Heumarkt auf die Rote List des gefährdeten Welterbes gesetzt. Das entschied das Welterbekomitee bei einer Sitzung in Krakau im Sommer.

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Damit könnte Wien den Weltkulturerbestatus binnen Jahresfrist verlieren - sollte die Stadt den Kurs nicht ändern: niedriger bauen oder gar nicht. Der umstrittene Bau war Anfang Juni im Wiener Gemeinderat beschlossen worden. Begründet wird die Entscheidung von der UNESCO unter anderem damit, dass die Altstadt durch die „massive städtebauliche Entwicklung der letzten Jahre“ ihren „außergewöhnlichen, universellen Wert“ verliere, hieß es.

Projekt Heumarkt

Entwurf: Isay Weinfeld und Sebastian Murr, Rendering: Nightnurse

Der Entwurf des 66 Meter hohen Gebäudekomplexes am Wiener Heumarkt (Computersimulation)

UNESCO: Blamabel für Wien

Nach Beanstandungen von Bauprojekten bei Wien-Mitte und dem Hauptbahnhof seien die Höhe und Kubatur des Hochhausprojekts am Heumarkt ausschlaggebend für die Entscheidung gewesen. Neben dem Hotel Intercontinental - das ebenfalls neu gebaut wird - soll dort ein 66 Meter hoher Wohnturm errichtet werden. Außerdem seien die Stadtplanungsinstrumente zum Schutz des Welterbegebiets unzureichend, begründete die UNESCO die Aufnahme in die Rote Liste.

Grafik zum umstrittenen Projekt Heumarkt

Grafik: ORF.at; Quelle: APA

„Die nun erfolgte Eintragung auf die Rote Liste schadet dem Kulturland Österreich, ist blamabel für die Stadt Wien und Österreich“, so Gabriele Eschig, Generalsekretärin der österreichischen UNESCO-Kommission, in einer Aussendung Anfang Juli. Es zeige die fehlende Wertschätzung für das selbst ausgewählte Welterbegebiet und auch das Unverständnis für die Bedeutung des Welterbes.

„Es geht beim Welterbestatus nicht um ein Tourismus-Ranking oder ein Etikett für die touristische Vermarktung, sondern um den langfristigen Erhalt einer außergewöhnlichen Stätte für die Menschheit, für zukünftige Generationen“, sagte Eschig weiter.

Rote Liste: Warnschuss vor der Aberkennung

Die Rote Liste ist das einzige Mittel, das der UNESCO zur Verfügung steht, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Die „List of World Heritage in Danger“, wie sie auf Englisch heißt, sendet ein deutliches Signal an die Weltgemeinschaft, sich stärker um den Erhalt bestimmter Güter zu bemühen. Dabei ist es egal, ob ein Staat aktiv an der Gefährdung eines Kulturguts auf seinem Gebiet mitwirkt, indem er etwa bauliche Veränderungen zulässt, oder ob er nur mit den Schutzmaßnahmen überfordert ist.

Karte von Österreich mit eingezeichneten Weltkulturerbestätten

Grafik: ORF.at; Quelle: APA

Ziel der Aufnahme in die Rote Liste ist es, binnen Jahresfrist einen konkreten Maßnahmenkatalog zur Wiederherstellung jenes Wertes zu entwerfen, der ursprünglich zur Aufnahme in die Welterbeliste geführt hat. Gelingt das nicht, wird der Status aberkannt. Zweimal war das bisher tatsächlich der Fall: Ein Wildschutzgebiet in Oman wurde 2007 ausgelistet, nachdem es um 90 Prozent verkleinert worden war, um Öl zu fördern. Die zweite gestrichene Stätte ist das Dresdner Elbtal, das seinen Status 2009 wegen eines Brückenbaus verlor.

Great Barrier Reef entkommt Roter Liste

Das für seine einzigartige Unterwasserwelt berühmte Great Barrier Reef kommt vorerst nicht auf die Rote Liste. Der Aktionsplan der australischen Regierung zum Schutz des weltgrößten Korallenriffs habe das zuständige UNESCO-Komitee überzeugt, sagte Australiens Umweltminister Josh Frydenberg Anfang Juli dem Radiosender ABC. Die Entscheidung sei ein „großer Gewinn für Australien“. Das Riff ist eine der größten Touristenattraktionen des Landes und damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

Korallen im Great Barrier Reef

Reuters/Great Barrier Reef National Park Authority

Das Great Barrier Reef gilt als eines der schönsten Riffe der Welt

1,4 Mrd. Euro für das Riff

Der Aktionsplan sieht verschiedene Maßnahmen vor, mit denen das Ökosystem des Great Barrier Reef bis 2050 besser geschützt werden soll. Die Regierung will unter anderem zwei Milliarden australische Dollar (rund 1,4 Mrd. Euro) investieren, um etwa die Wasserqualität zu verbessern. Seit 2016 sind auf einer Fläche von Hunderten Quadratkilometern unzählige Korallen vor Australiens Nordostküste wegen extrem hoher Temperaturen abgestorben.

 	Luftaufnahme eines Teils des Great Barrier Reefs

APA/AFP/Sarah Lai

Die Wasserqualität soll mit einer Milliardeninvestition verbessert werden

Das Great Barrier Reef ist seit 1981 offizielles Weltnaturerbe der UNESCO. Die UNO-Behörde hatte in den vergangenen Jahren immer wieder damit gedroht, das Riff auf die Liste des gefährdeten Welterbes zu setzen, da sich die australische Regierung nicht ausreichend um den Schutz bemühe. Das Naturwunder bringt Australien jährlich rund 6,4 Milliarden australische Dollar an Tourismuseinnahmen ein. Mehr als 64.000 Jobs hängen direkt von der Arbeit am Riff ab.

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