„Hand ist ausgestreckt“
Die EU hat die Beitrittsperspektive für die Länder des Westbalkans bekräftigt. Bei einer Konferenz im italienischen Triest versicherten etwa Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel laut Teilnehmern, dass die Länder bei der Erfüllung aller Kriterien der EU beitreten könnten. „Die Zukunft des Westbalkans liegt in der EU“, hieß es in der Abschlusserklärung des italienischen Vorsitzes.
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Kern resümierte das Treffen so: „Klarmachen, dass die Hand ausgestreckt ist und sie die europäische Perspektive nicht verlieren“. Ziel des Gipfels war es, die traditionellen Konflikte zwischen den Ländern mit einer vertieften wirtschaftlichen Zusammenarbeit zu entschärfen. Konkret soll etwa der Bau von Autobahnen und Gaspipelines ebenso gefördert werden wie die Vereinheitlichung von Zollvorschriften.
An dem Treffen nahmen auch Großbritannien, Slowenien, Bulgarien, Kroatien sowie Vertreter der EU-Kommission teil. Auf der Balkan-Seite erschienen die Regierungschefs Serbiens, Albaniens, Bosnien und Herzegowinas, Montenegros, des Kosovo und Mazedoniens. Gekommen waren auch die Außenminister der Länder, darunter Sebastian Kurz (ÖVP).
Kern: Kaum Bewusstsein für EU-Investitionen
Kern beklagte, dass die EU-Investitionen in der Region kaum wahrgenommen werden. Auch das Ansinnen der EU, die Wirtschaftskooperation zu stärken, sei von manchen Ländern fälschlicherweise als Versuch des Fernhaltens von der EU interpretiert worden, sagte er in Anspielung auf Pläne einer Westbalkan-Zollunion. Dabei sei das Gegenteil der Fall. Die beim der Konferenz besprochenen und auch beschlossenen Infrastukturinvestitionen sollten vielmehr dazu dienen, die Regionen zusammen- und näher an die EU zu bringen. „Sie sollen sehen, dass die Eintrittsperspektive vorhanden ist.“
Kurz sagte, dass der Westbalkan nicht von der Agenda der Europäischen Union verschwinden dürfe. „Es kann eine positive Entwicklung nur stattfinden, wenn diese Länder weitere im Fokus der EU sind, wenn sie eine europäische Perspektive haben“, sagte er. Kurz zeigte sich auch besorgt über die zunehmenden Spannungen in der Region. „Wenn wir dort gegen Radikalisierung kämpfen, kämpfen wir für unsere eigene Sicherheit“, sagte er.
Reformen und Zusammenarbeit gefordert
Vor allem die benachbarten Staaten Italien, Slowenien, Kroatien und Österreich machen sich für eine Aufnahme der Westbalkan-Staaten stark. Allerdings sei in den bilateralen Gesprächen auch betont worden, dass es keine Abstriche von den EU-Beitrittskriterien geben könne, sagten EU-Diplomaten.
Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni und der französische Präsident Emmanuel Macron sicherten der Region europäische Solidarität zu, pochten aber auch auf verstärkte Reformen, den Kampf gegen Korruption und eine größere Zusammenarbeit der Länder auf dem Westbalkan untereinander. Diese vereinbarten eine engere Kooperation im Wissenschaftsbereich.
Weiter Streit um Bucht von Piran
Ein Thema auf dem Gipfel war auch der Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien, die es als einzige ex-jugoslawische Teilrepubliken bereits in die EU geschafft haben. Der seit Anfang der 1990er Jahre schwelende Konflikt sollte durch einen Ende Juni ergangenen Schiedsspruch gelöst sein, doch will Zagreb ihn nicht umsetzen. Der slowenische Ministerpräsident Miro Cerar versuchte sich in Triest die Unterstützung Merkels für eine Umsetzung des internationalen Schiedsspruchs zu sichern und erhielt sie eigenen Angaben zufolge auch.
„Frau Merkel hat mir gesagt, dass sie absolut den Standpunkt unterstützt, dass man den Schiedsspruch (im Grenzstreit) respektieren und implementieren muss“, twitterte Cerar am Mittwochabend aus Triest. Kern bezeichnete den Grenzstreit als „schwierige Geschichte, weil die Kroaten schon lange gesagt haben, dass sie die Entscheidung des Schiedsgerichts nicht akzeptieren werden. Das ist aber auch keine Lösung.“
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