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„Unverantwortlich und beschämend“

Ein schwerer Busunfall in Bayern hat am Montag 18 Todesopfer gefordert. 30 weitere Personen wurden teils schwer verletzt. Der Seniorenreisebus war am Ende eines Staus gegen einen Lkw geprallt und sofort in Flammen aufgegangen. Am Unfallort sorgten Schaulustige und unkooperative Autofahrer für Verärgerung.

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Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) etwa beklagte ein „völlig unverantwortliches und beschämendes Verhalten“ mancher Lenker. Weil die Rettungsgasse nicht breit genug war, hätten vor allem die großen Einsatzfahrzeuge wertvolle Zeit verloren. Trotzdem sei „so schnell wie irgendmöglich Hilfe geleistet“ worden, fügte er hinzu. Etwa 100 Polizisten und mehr als 150 Rettungskräfte sowie fünf Hubschrauber waren an dem Einsatz beteiligt.

„Disziplin der Leute ist ärgerlich“

Auf der Gegenfahrbahn hätten zudem einige „Gaffer“ beinahe weitere Unfälle verursacht. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte: „Die Disziplin der Leute ist ärgerlich.“ Angesichts der Vorfälle erwog der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), das Bußgeld für „Gaffer“ zu erhöhen. „Es ist in der Tat unverantwortlich und beschämend, wenn auf der Gegenfahrbahn die Geschwindigkeit drastisch vermindert wird, um zu sehen, was passiert ist“, sagte er am Montag in der ARD-Sendung „Brennpunkt“.

„Ich bin auch bereit, die Bußgelder zu erhöhen, wenn wir noch mehr abschreckende Wirkung brauchen - das ist die eine Seite. Das andere ist, den Autofahrern bewusst machen, was sie durch ihr Verhalten auslösen können“, so Dobrindt. Wer die Einsatzkräfte behindere, könne auch mit Gefängnis bestraft werden.

Opfer zwischen 66 und 81 Jahre alt

Der Busunfall ereignete sich auf der Autobahn 9 nahe Münchberg in Oberfranken. Bei den Opfern handelt es sich um Frauen und Männer im Alter von 66 bis 81 Jahren. Der Reisebus war aus dem Bundesland Sachsen gekommen, die Opfer stammen laut dem sächsischen Innenstaatssekretär Michael Wilhelm (CDU) aber aus mehreren deutschen Bundesländern.

Einsatzkräfte an der Unfallstelle

APA/AP/dpa/Bodo Schackow

48 Personen befanden sich in dem Reisebus, der bis aufs Gerippe ausbrannte

Der Reisebus, der zum Gardasee unterwegs war, war sofort in Flammen aufgegangen. Einer Polizeisprecherin zufolge befanden sich eine 46-köpfige Seniorengruppe und zwei Busfahrer in dem Bus. Unter den Todesopfern befindet sich auch der Lenker, der zweite Busfahrer wurde verletzt. „Als wir eingetroffen sind, kam niemand mehr aus dem Bus“, sagte Andreas Hentschel von der Feuerwehr Münchberg. „Der Bus stand lichterloh in Flammen.“

Karte von Deutschland

Grafik: APA/ORF.at

Wodurch das Feuer ausgelöst wurde, ist unklar. Herrmann sagte, es habe sich um einen ganz gewöhnlichen Unfall gehandelt. Der Bus sei schräg auf den Lastwagen aufgefahren und offensichtlich sofort komplett in Flammen aufgegangen. Warum es so schnell zu einem Brand kam, sei zunächst noch völlig unklar, sagte der an den Unfallort gereiste Dobrindt. Der Unfall soll nun untersucht werden.

Bus „nur noch ein Gerippe“

Der ausgebrannte Bus ist den Angaben der Polizeisprecherin zufolge „nur noch ein Gerippe“. Ermittler begannen in dem Unfallfahrzeug ihre Arbeiten. Die Rettungskräfte seien laut Dobrindt nur zehn Minuten nach der Alarmierung am Unfallort gewesen. Doch aufgrund der großen Hitze hätten sie nichts mehr tun können.

Zur Bergung und Identifizierung der Leichen wurden laut Polizei Spezialisten der Rechtsmedizin und des Bundeskriminalamts angefordert. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Hof war auch ein Sachverständiger am Unfallort und unterstützte die Beamten der Verkehrspolizei Hof bei der Klärung zur Unfallursache. Die A9 war im Bereich der Unfallstelle bis zum Abend in beiden Fahrtrichtungen gesperrt. Die Unfallstelle sei geräumt, twitterte die Polizei Oberfranken schließlich am späten Montagabend. Das Buswrack sei abtransportiert worden.

Merkel drückt Mitgefühl aus

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich entsetzt. Sie habe „mit großer Bestürzung“ auf das Unglück reagiert, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Das Mitgefühl gelte den Opfern und ihren Angehörigen. Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte nach Angaben einer Sprecherin bei einem Antrittsbesuch in Baden-Württemberg, er fühle mit den Angehörigen mit und wünsche den Verletzten eine möglichst baldige und vollständige Genesung.

Einsatzkräfte nach Busunfall in Deutschland

APA/AP/dpa/News5/Fricke

Rettungskräfte, Feuerwehr und Polizei waren seit den frühen Morgenstunden im Einsatz

Der Unfallort dürfte vielen in der Region in schlechter Erinnerung sein: Am 19. Oktober 1990 hatte es auf der A9 bei Münchberg schon einmal einen folgenschweren Unfall gegeben. In einer Nebelwand krachte ein fast 40 Tonnen schwerer Milchlaster mit viel zu hoher Geschwindigkeit in eine Unfallstelle: Zehn Menschen starben damals, 122 wurden verletzt, 38 davon schwer.

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