Proben in Salzburg: „Jedermann“ wird zeitgenössisch

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Seit gut drei Wochen wird in Salzburg an der neuen „Jedermann“-Inszenierung gearbeitet, mit der das Schauspielprogramm der Festspiele am 20. Juli eröffnet wird. „Wir sind ganz gut unterwegs“, erklärte Regisseur Michael Sturminger gestern im Pressegespräch zur Probenhalbzeit.

Michael Sturminger, Stefanie Reinsperger, Tobias Moretti, Bettina Hering

Sophia Felbermair

Gute Probenstimmung: Regisseur Michael Sturminger, Buhlschaft Stefanie Reinsperger, Jedermann Tobias Moretti und Schauspielchefin Bettina Hering

Er habe einen „zeitgenössischen“ Zugang gewählt, so Sturminger, der die Inszenierung erst Ende April übernahm und gemeinsam mit den Ausstattern Renate Martin, Andreas Donhauser in nur ganz kurzer Zeit ein neues Konzept vorgelegt hatte.

Ein Vorhang auf dem Domplatz

„Das Stück ist zeitlos und hat eine archaische Wucht.“ Man brauche nicht zu historisieren, um dem gerecht zu werden. Das werde sich auch in der Ästhetik und im Bühnenbild der neuen Inszenierung widerspiegeln, das vor der Fassade des Doms aufgebaut wird. Erstmals werde es auch einen Vorhang geben, verrät Sturminger.

Dass es heuer einen neuen „Jedermann“ geben wird, liegt nicht zuletzt an der Verpflichtung von Tobias Moretti in der Titelrolle. Eine geplante Neuinterpretation der 2013er-Inszenierung gemeinsam mit den Regisseuren Julian Crouch und Mertes scheiterte an unterschiedlichen künstlerischen Vorstellungen. Für Moretti ist das im Nachhinein betrachtet eine gute Fügung, man habe durch dieses „schicksalhafte Hineinschmeißen“ sogar eine Situation kreieren können, die alle glücklich macht.

„Sie wollen ja nicht ein historisches Wiederkäuen“

Man werde nun eher einen Zugang beleuchten, „der mit dem Hier und Jetzt zu tun hat“, erklärte auch Tobias Moretti gegenüber ORF.at. „Deshalb gehen sie ja auch ins Theater, sie wollen ja über sich was erfahren, sie wollen ja nicht ein historisches Wiederkäuen ihrer eigenen Sichtweise erleben.“

Buhlschaft soll von Klischees befreit werden

Auch die Rolle der Buhlschaft, heuer erstmals gespielt von Stefanie Reinsperger, soll neu gedacht werden - über das Klischee der bürgerlichen Vorstellung von Sinnlichkeit hinaus. „Ich verstehe manchmal gar nicht, wo dieses Denken herkommt", so Reinsperger, die nach Engagements an Burg- und Volkstheater im Herbst ans Berliner Ensemble wechselt.

„Da ist so viel zwischen den beiden – sonst würde er sie nicht ernsthaft fragen, ob sie mit ihm in den Tod kommt. Gerade das Spiel zwischen ihr als Freigeist, die nicht abhängig ist von einem Mann, aber auch die Gemeinsamkeiten – das macht für mich den Reiz, die Erotik und die Anziehungskraft aus“, so Reinsperger. Geheim bleibt einstweilen noch jenes Detail, das medial traditionell fast die meiste Aufmerksamkeit erregt: das Kleid, das Reinsperger als Buhlschaft tragen wird.

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