Angriff auf den Lebensmittelmarkt
Der Onlinehändler Amazon hat Mitte Juni angekündigt, die US-Biokette Whole Foods Market zu kaufen, und steigt damit in großem Stil in den Handel mit frischen Lebensmitteln ein. Amazon bietet dafür rund 13,7 Milliarden US-Dollar (12,3 Mrd. Euro) - gezahlt komplett in Barmitteln. Das 1978 gegründete Whole Foods Market ist auf hochwertige - und entsprechend teure - Lebensmittel spezialisiert.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Damit erwirtschaftete die Kette nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 15,7 Milliarden Dollar (14 Mrd. Euro). Whole Foods Market betreibt laut jüngsten Zahlen aus dem Frühjahr 461 Lebensmittelsupermärkte. Davon entfiel ein Großteil mit 440 Geschäften auf die USA, weitere zwölf waren in Kanada und neun in Großbritannien.
Preis mit kräftigem Aufschlag
In dem Kaufpreis sind auch die Schulden des Lebensmittelhändlers enthalten, teilte Amazon mit. Die Firma hatte sie zuletzt mit rund 3,1 Milliarden Dollar (2,8 Mrd. Euro) beziffert. Die 42 Dollar (37,6 Euro) pro Aktie in Bar sind ein kräftiger Aufschlag auf den Schlusskurs zum damaligen Zeitpunkt von gut 33 Dollar (29,5 Euro).

APA/AP/Palm Beach Post/Cydney Scott
Amazon bekommt mit dem Kauf von Whole Foods Market 461 Geschäftslokale in guter Lage
Der Finanzinvestor Jana Partners war zuletzt unzufrieden mit der Geschäftsentwicklung bei Whole Foods Market und hatte die Firma zu einem Verkauf gedrängt. Whole Foods Market hatte im vergangenen Quartal den Umsatz lediglich um ein Prozent auf knapp 3,74 Milliarden Dollar (3,34 Mrd. Euro) gesteigert, der Gewinn sank im Jahresvergleich von 142 Millionen Dollar (127 Mio. Euro) auf 99 Millionen Dollar (88,5 Mio. Euro). In den USA werden gut 97 Prozent der Erlöse erwirtschaftet.
Whole Food Market werde weiter Geschäfte betreiben. Auch der prägende Mitgründer und Chef John Mackey solle unter dem Dach von Amazon weiter an der Spitze der Kette bleiben, teilte Amazon mit. Für den Onlinehändler ist es der mit Abstand größte Zukauf seiner Geschichte nach dem Kauf der auf das Streaming von Videospielen spezialisierten Plattform Twitch für rund eine Milliarde Dollar.
Stationäre Händler unter Druck
Amazon bekommt mit dem Kauf von Whole Foods Market stationäre Geschäftslokale in guter Lage in 42 US-Bundesstaaten und könnte damit unter anderem Warenlieferungen beschleunigen und die Kundenbindung verbessern. Mit Amazon verschärft sich der Wettbewerb nicht nur im US-Lebensmittelhandel.
Nach den USA und Großbritannien bietet Amazon seit Kurzem in einem Modellversuch frische Lebensmittel per Versand auch in Deutschland an. Amazon-Prime-Kunden in Berlin und Potsdam können ihre Einkäufe über den Onlinehändler erledigen. Rund 85.000 Produkte von der frischen Hühnerbrust über Erdbeeren bis zur Tiefkühlpizza bietet der Lieferdienst an. Das Angebot ist damit fast zehnmal so groß wie in einem normalen Supermarkt.
Schon in den vergangenen Jahren hatte Amazon stationäre Händler stark unter Druck gesetzt. Der Konzern zeigte zuletzt aber zunehmend Interesse am Einstieg in das Geschäft. So eröffnete Amazon mehrere Buchhandlungen und schmiedet auch Pläne für kleine Hightech-Supermärkte, die von wenigen Mitarbeitern betrieben werden können.
Kampfansage an Walmart
In einer Gegenbewegung baute der amerikanische Supermarktriese Walmart immer stärker sein Onlinegeschäft aus - und kaufte kürzlich den Modehändler Bonobos für 310 Millionen Dollar (277 Mio. Euro). Mit den beiden Zukäufen heben die zwei Schwergewichte ihre Rivalität auf eine neue Ebene. Die Aktie von Walmart reagierte am Tag der Amazon-Ankündigung mit einem Verlust von über fünf Prozent. Der Kurs des Konkurrenten Kroger sackte sogar um zwölf Prozent ab.
Auch international waren Schockwellen der Ankündigung zu spüren: Die Aktie des niederländischen Konzerns Ahold verlor zeitweise rund neun Prozent, für das Carrefour-Papier ging es um über drei Prozent abwärts und für den britischen Konkurrenten Sainsbury um mehr als vier Prozent. Die Aktie des deutschen Metro-Konzerns gab um gut 1,2 Prozent nach.
Links: