Themenüberblick

Riesiger Medienandrang

Unter riesigem Medienandrang ist der frühere US-Fernsehstar Bill Cosby zum Auftakt seines Prozesses wegen sexuellen Missbrauchs eingetroffen. Begleitet wurde der 79-Jährige während seiner Ankunft in dem Gericht in Norristown im US-Bundesstaat Pennsylvania von der Schauspielerin Keshia Knight Pulliam.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Pulliam hatte in seiner legendären früheren Fernsehserie „Die Bill Cosby Show“ seine jüngste Tochter Rudy gespielt. Cosby wird von rund 60 Frauen beschuldigt, sich in früheren Jahrzehnten an ihnen vergangen zu haben. Da die meisten Anschuldigungen verjährt sind, konzentriert sich der Prozess aber auf einen einzigen Fall aus dem Jahr 2004. Dabei soll Cosby der heute 44-jährigen Andrea Constand, damals Abgestellte der Temple University in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania, Tabletten verabreicht und sie dann in seinem Haus missbraucht haben.

Teilgeständnis schon in Zivilprozess

Die Staatsanwaltschaft wirft Cosby dreifache schwere sexuelle Nötigung vor. Drei Vorwürfe des „aggravated indecent assault“ liegen vor, weil Cosby dabei Beruhigungsmittel benutzt haben soll, Constand bewusstlos gewesen sein und der sexuelle Kontakt ohne ihr Einverständnis stattgefunden haben soll. Dem 79-Jährigen könnten im Fall eines Schuldspruchs rund zehn Jahre Gefängnis drohen.

Constand war damals an der Temple University für die Basketball-Aktivitäten verantwortlich. Der Schauspieler gehörte dem Kuratorium der Hochschule an, an der er einst studiert hatte. Nach Darstellung Constands hatte sie den Schauspieler besucht, um mit ihm über ihre berufliche Zukunft zu sprechen. Nach Einnahme der Pillen habe sie innerhalb weniger Minuten nicht mehr richtig sehen können und die Kraft in den Beinen verloren.

Andrea Constand

AP/Marta Iwanek

Andrea Constand

Gegen Cosby sprechen seine Aussagen aus einem Zivilprozess im selben Fall, bei dem sich beide Seiten 2006 außergerichtlich einigten. Cosby gab damals zu, ein kräftiges Beruhigungsmittel besorgt zu haben, um es Frauen zu verabreichen, mit denen er Sex haben wollte. Er beschrieb im Detail auch den seiner Aussage zufolge einvernehmlichen sexuellen Kontakt mit Constand und erklärte, ihr zuvor ein Allergiemedikament in Form von Pillen verabreicht zu haben.

Dutzende gleichlautende Vorwürfe

Der Fall wird von einer zwölfköpfigen Geschworenenjury entschieden. Vor zwei Jahren war der Fall von der Staatsanwaltschaft neu eröffnet worden, nachdem die Anklagebehörde ursprünglich zu wenige Anhaltspunkte für einen Strafprozess gesehen hatte. Das Verfahren kam zu einer Zeit wieder in Gang, als aus den Medien eine Flut von Missbrauchswürfen über den TV-Komiker niederging.

Bill Cosby

APA/AFP/Don Emmert

Cosby bei der Auswahl der Geschworenen zum jetzigen Prozess im Mai

An die 60 Frauen haben Cosby im Verlauf der vergangenen Jahre beschuldigt, sich an ihnen vergangen zu haben. Viele ihrer Geschichten ähneln sich auf eklatante Weise: Der TV-Star habe sie mit Beruhigungsmitteln und Alkohol betäubt, sodass sie ihm willenlos ausgeliefert waren. Die Fälle reichen bis in die 60er Jahre zurück, die meisten sind daher bereits verjährt und konnten deshalb nicht zur Anklage kommen.

Kaum mehr als Aussage gegen Aussage

Auf die Geschworenen wartet eine heikle Aufgabe. Letztlich wird Aussage gegen Aussage stehen. Der Richter hat nur eine einzige weitere Frau, die Vorwürfe gegen den Schauspieler erhebt, als Zeugin zugelassen - eine schwere Niederlage für die Anklage, die 13 Frauen in den Zeugenstand rufen lassen wollte. Cosbys Anwälte werden zudem wohl unterstreichen, dass Constand erst über ein Jahr nach dem Vorfall erstmals die Polizei kontaktiert hatte und den Ermittlern gegenüber teils widersprüchliche Angaben machte.

Die Verteidigung setzt auch auf die Rassismuskarte. Die Anschuldigungen gegen den afroamerikanischen Schauspieler gründeten auf „rassistischer Voreingenommenheit“, hieß es seitens Cosbys Anwälten schon letztes Jahr. Die bittere Ironie dieser Strategie liegt darin, dass der Angeklagte früher - vor allem mit seiner populären „Bill Cosby Show“ - als die Integrationsfigur im Hinblick auf Rassismus in den USA galt.

Links: