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Berlin für „zusätzlichen Anreiz“

Im Dauerclinch auf gleich mehreren Ebenen zwischen Polens rechtsnationaler Regierung und der Europäischen Union ist weiter kein Ende in Sicht: Die vom Chef der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski, aus dem Hintergrund dirigierte Regierung in Warschau sieht sich sowohl innen- wie außenpolitisch verfolgt.

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Die Exhumierung der Leichen jener Opfer, die bei dem Flugzeugabsturz mit Kaczynskis Bruder und damaligem Präsidenten Lech abstürzten, wird die Verschwörungstheorien der PiS rund um den Absturz wohl wieder aufleben lassen.

Kaczynski scheute auch nicht zurück, den innenpolitischen Kampf gegen die Opposition auf die europäische Bühne zu tragen und den ehemaligen Regierungschef und Ex-Chef der gegnerischen und nunmehr in der Opposition befindlichen Bürgerplattform, Donald Tusk, anzugreifen. Tusk ist aber seit mehr als zwei Jahren EU-Ratspräsident - und Warschau stimmte heuer als einziges Land auch gegen die Verlängerung des Landsmanns auf diesem höchstrangigen Posten.

Rechtsstaatsverfahren gegen Polen

Wegen zahlreicher Verfassungsänderungen, insbesondere Einschränkungen des Verfassungsgerichts, hat Polen als erstes EU-Land zudem ein Rechtsstaatsverfahren am Hals. Eine schnelle Entscheidung ist hier allerdings nicht zu erwarten. Bei einer ersten Beratung Mitte Mai im EU-Rat hatten sich unter anderem Belgien, Frankreich und die Niederlande eindeutig auf die Seite der Kommission gestellt. Doch eine weitere Gruppe - darunter etwa Ungarn und Tschechien - vertrat die polnische Sichtweise.

Reformen der Regierungspartei PiS haben aus Sicht der EU-Wächter das polnische Verfassungsgericht als Kontrollorgan eingeschränkt und den Rechtsstaat in Gefahr gebracht. In dem laufenden Rechtsstaatsverfahren forderte die Kommission von Polen immer wieder Korrekturen. Doch die polnische Regierung blieb bei ihrer Linie.

Berlin will Warschau unter Druck setzen

Doch auf finanzieller Ebene könnte für Polen in diesem Zusammenhang Ungemach drohen. Deutschland will, wie Ende Mai bekanntwurde, künftig EU-Strukturhilfegelder erstmals auch an Rechtsstaatsreformen knüpfen. Damit, so heißt es in dem laut Nachrichtenagentur Reuters innerhalb der CDU-SPD-Koalition bereits abgestimmten Papier, solle ein „zusätzlicher Anreiz“ zur Umsetzung der von der EU-Kommission vorgelegten länderspezifischen Empfehlungen gegeben werden.

Das würde Polen, aber auch Ungarn, direkt treffen. Diese Länder bekommen hohe Summen aus dem EU-Strukturfonds - liegen mit der EU-Kommission aber im heftigen Streit wegen umstrittener Reformen im rechtsstaatlichen Bereich.

In dem siebenseitigen Papier heißt es, dass generell eine stärkere Verbindung zwischen Empfehlungen der Kommission und der Auszahlung von Geld geschaffen werden sollte. Dann folgt der Satz: „Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob der Erhalt von EU-Kohäsionsmitteln auch an die Einhaltung von rechtstaatlichen Grundprinzipien geknüpft werden kann.“

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