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Langer Wahlkampf muss finanziert werden

Die Parteien bereiten sich auf einen langen Wahlkampf vor. Der offizielle Startschuss fällt erst im Juli, doch bereits im Vorfeld ist die Finanzierung der Kampagnen für die Wahl am 15. Oktober zentrales Thema, denn: „Große Rücklagen“ gebe es keine, sagte Politologe Hubert Sickinger im Ö1-Morgenjournal.

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Sickinger geht jedoch davon aus, dass die Parteien trotzdem auch diesmal wieder mehr als insgesamt 40 Millionen Euro für den Wahlkampf ausgeben werden. Auch bei der Nationalratswahl 2013 haben einige Parteien die geltende Kostenobergrenze von sieben Millionen Euro weit überschritten, dieses Jahr wird beteuert, man werde sich an das Limit halten.

Grafik zu den Wahlkampfkosten 2013

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Parteien/Sickinger

Mit einem Wahlkampfbudget von 11,3 Millionen Euro hat etwa die ÖVP bei den Wahlen 2013 die Obergrenze deutlich überschritten. Dafür wurde die Partei damals mit einer Strafe von 300.000 Euro belegt. Team Stronach überstieg das Limit um über sechs Millionen Euro und musste dafür eine Strafe in Höhe von einer halben Million Euro zahlen. Auch die SPÖ hielt die vorgegebene Obergrenze nicht ein, die Geldbuße betrug damals rund 15.000 Euro.

Sickinger: Kurz „attraktiv“ für Spender?

Was die Finanzierung des heurigen Wahlkampfs anbelangt, sieht Sickinger einen Knackpunkt in der Spendenbereitschaft der Wähler. Von dieser Frage besonders betroffen sei die neu aufgestellte ÖVP. Die zentrale Frage sei, ob „Spitzenkandidat (Sebastian, Anm.) Kurz für etwaige Spender so attraktiv ist, dass er auch Großspenden sammeln kann“ - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Solche Spenden würden aber in die Wahlkampfkostengrenze einfließen und müssten auch dem Rechnungshof umgehend gemeldet werden, sobald sie 50.000 Euro überschreiten. Möglichkeiten, die Wahlkampfkostenobergrenze zu umgehen, gibt es etwa durch eigene Personenkomitees oder durch Wahlkampfaktivitäten der Parlamentsklubs. In einem Interview mit der APA kann sich Sickinger ein Personenkomitee für Kurz vorstellen. Dabei hofft er auf entsprechende Transparenz bei den Spendern für ein solches Komitee.

Team Stronach sucht nach Geldgebern

Das mit Abstand größte Budget der letzten Nationalratswahlen konnte das Team Stronach aufweisen. Robert Lugar kündigte zwar eine Kandidatur an, mit der Unterstützung des Parteigründers Frank Stronach zu rechnen wäre aber für Sickinger „ziemlich illusorisch“. „In Wirklichkeit haben sie einige Millionen Schulden bei Frank Stronach“, so der Politikwissenschaftler. 2013 finanzierte Stronach nicht nur den Wahlkampf, sondern bezahlte auch die verhängte Strafe für die Überschreitung der Kostenobergrenze.

NEOS erneut auf Spenden angewiesen

In seinem ersten Wahlkampf war auch NEOS auf Spenden angewiesen, rund 650.000 Euro kamen so zusammen. „Die NEOS haben, im ersten Jahr, in dem sie Anspruch auf öffentliche Parteienförderung gehabt haben, sogar einige Millionen Bankkredite aufnehmen müssen“, so Sickinger. Das führe dazu, dass sie im bevorstehenden Wahlkampf erneut auf Spenden angewiesen sein werden und nicht auf Rücklagen zurückgreifen können.

SPÖ und FPÖ mit unterschiedlichen Ansätzen

Keine Rolle spielen Spenden bei der SPÖ, die im letzten Wahlkampf das Kostenlimit knapp überschritten hat. Im Jahr 2013 wurden gar nur 1.500 Euro ausgewiesen. Der Großteil wird über öffentliche Parteienförderungen und Mitgliedsbeiträge finanziert, die bei der SPÖ knapp zehnmal so hoch angesetzt sind wie bei der ÖVP.

Bei der FPÖ sei vor allem ein „billiger Parteiapparat“ von Vorteil, so Sickinger. Damit könne „ein Großteil des Geldes“, etwa auch die öffentliche Parteienförderung, die die FPÖ habe, „tatsächlich in öffentliche Kampagnen“ investiert werden. Das sei „bei keiner anderen Partei in diesem Ausmaß“ der Fall.

Bei den Grünen wurde 2013 die Obergrenze, wie auch bei der FPÖ, nicht überschritten. Man wolle das auch heuer nicht tun, so die Grünen. Trotz des langen Bundespräsidentschaftswahlkampfs könne man sich den kommenden Wahlkampf jedenfalls leisten, heißt es.

„Mutter aller Wahlschlachten“

„Das wird die Mutter aller Wahlschlachten“, sagte Sickinger im Gespräch mit der APA. 2013 deklarierten die wahlwerbenden Parteien für die 82 Tage vor der Nationalratswahl 47,6 Mio. Euro. Sickinger hat diese Werte auf Basis der angegebenen Ausgaben in den Rechenschaftsberichten der einzelnen Parteien errechnet. Der Großteil der Wahlkampfkosten wurde demnach für Außenwerbung, insbesondere Plakate, sowie für Inserate und Werbung in Print, Hörfunk und TV verwendet. An die 30 Mio. dürften dafür eingesetzt worden sein.

Sickinger rechnet für die nächste Wahl insgesamt mit einer „gehörigen Materialschlacht“. Der Politikwissenschaftler vermutet zudem, dass die tatsächlichen Wahlkampfkosten ohnehin höher liegen als die von den Parteien deklarierten. Noch immer herrsche zu wenig Transparenz. Kritik übt Sickinger daran, dass der Parteien-Transparenz-Senat bei der vergangenen Nationalratswahl punkto Engagement der Parlamentsklubs, insbesondere jenes der FPÖ, der etwa einen Wahlwerbebrief an alle registrierten Wähler versandt hatte, keine Sanktionen verhängte.

Forderung nach Untersuchung der Klubförderung

Sickinger fordert deshalb eine Untersuchung der Verwendung der Klubförderung. „Der Rechnungshof müsste eigentlich auch einmal die Parlamentsklubs prüfen, am besten Anfang des nächsten Jahres für die vergangenen fünf Jahre. Das kann er zwar nicht generell für alle Einnahmen, wohl aber für die Verwendung der Haupteinnahmequelle, die staatliche Klubfinanzierung. Diese ist ausdrücklich für die Erfüllung der parlamentarischen Aufgaben der Klubs zweckgewidmet, eine Verwendung für den Wahlkampf wäre illegal.“

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