Nur Marginalie in Abschlusserklärung
Bereits im Vorfeld des Gipfels im sizilianischen Taormina war die Stimmung unter den Staats- und Regierungschefs getrübt: Einigkeit wurde in den wenigsten Punkten erwartet. Beim Thema Flüchtlingskrise schlug sich die Disharmonie auch schnell zu Buche: Auf Druck der USA scheiterten die umfassenden Pläne Italiens und anderer Staaten für eine bessere Bewältigung der Flüchtlingskrise.
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Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Freitag am Rande des Treffens der sieben großen Industrienationen. Das Gastgeberland, das besonders von dem Flüchtlingsproblem betroffen ist, hatte eine Erklärung zu den positiven Aspekten und Chancen der Zuwanderung gemeinsam mit den G-7-Partnern verabschieden wollen. Dabei sollte es auch um Rechte von Flüchtlingen und den Schutz vor Ausbeutung gehen. „Wir sind uns bewusst, dass es mehr Frauen, Männer und Kinder als je zuvor gibt, die vor Konflikten, Katastrophen flüchten oder nach neuen Gelegenheiten suchen“, hieß es in dem abgelehnten Papier.
„Gut verwaltete Zuwanderung und Flüchtlingssysteme sind notwendig, um öffentliches Vertrauen wiederherzustellen und den Bürgern zu versichern, dass Unterstützung an jene fließt, die es wirklich brauchen.“ Das Dokument war neben einer ebenfalls schon gescheiterten Initiative zur Ernährungssicherheit der zweite Kernpunkt der G-7-Präsidentschaft Italiens.
Grenzsicherung für USA wichtig
Die US-Unterhändler bestanden aber darauf, stattdessen nur zwei Paragrafen in die Abschlusserklärung aufzunehmen, die Grenzsicherung und Sicherheitsaspekte hervorheben. Wie der dpa geschildert wurde, hätten die USA auch keine Verhandlungsbereitschaft gezeigt. „Nimm es, oder sonst machen wir nichts“, hätten die US-Unterhändler gesagt, sagten Insider. Entwicklungsorganisationen übten scharfe Kritik und warnten davor, den harten Text so aufzunehmen.
Italien hatte den Schauplatz Taormina mit gutem Grund für den G-7-Gipfel ausgewählt. Es ist ein symbolischer Ort, wenige Kilometer von den Häfen entfernt, wo ständig Hunderte aus Seenot gerettete Flüchtlinge und Migranten ankommen.

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Getrübte Stimmung: Viel Konsens ist zwischen Europas Regierungschefs und Donald Trump nicht zu orten
Im vergangenen Jahr starben mehr als 5.000 Menschen auf hoher See, 2017 kamen laut Internationaler Organisation für Migration (IOM) bereits 1.530 ums Leben oder gelten als verschollen. Am Mittwoch wurden erneut mehr als 30 Tote aus dem Meer geborgen, darunter die Leichen vieler Kinder. Sie sollten am Freitag in Crotone in Kalabrien ankommen. Normalerweise wären sie - wie die Überlebenden - nach Catania, Augusta, Pozzallo oder an einen anderen der sizilianischen Häfen gebracht worden. Doch während der Gipfeltage sind alle Häfen in Sizilien zu, Kriegsschiffe patrouillieren vor der Küste.
„Schwierigster G-7-Gipfel seit Jahren“
Auf dem streng abgeschotteten Gipfel war die Flüchtlingskrise nicht der einzige Punkt, bei dem kaum Einklang zu erwarten ist. Bereits vor dem G-7-Gipfel in Taormina zeichneten sich Konflikte auch in der Handels- und Klimapolitik ab. Hintergrund ist vor allem der Kurs von US-Präsident Donald Trump, der erstmals an einem G-7-Gipfel teilnimmt.
EU-Ratspräsident Donald Tusk sprach von einem der schwierigsten Treffen überhaupt. „Es besteht kein Zweifel daran, dass das der schwierigste G-7-Gipfel seit Jahren sein wird.“ Es sei kein Geheimnis, dass einige der Teilnehmer „sehr unterschiedliche Positionen zu Themen wie Klimawandel und Handel“ hätten.
Vier von sieben sind erstmals dabei
Neu in der G-7-Runde sind auch der französische Präsident Emmanuel Macron, die britische Premierministerin Theresa May sowie der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni. Zur G-7-Gruppe gehören die USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien sowie Kanada, mit dabei sind auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Tusk.
Nachdem Trump am Vortag beim NATO-Gipfel nicht mit Kritik an den europäischen Partnerländern sparte, war die Stimmung in Italien von Beginn an wenig optimistisch. In Taormina bestätigte EU-Kommissionschef Juncker, dass sich Trump erneut über den deutschen Handelsüberschuss beschwert habe. Er gab indirekt wieder, dass die Worte „bad, very bad“ über die Deutschen gefallen seien. Trump habe das aber in keiner Weise aggressiv vorgetragen, sondern in konstruktiver Atmosphäre. „‚Bad‘ heißt nicht böse“, sagte Juncker und nannte entsprechende Medienberichte übertrieben.
Die deutsche Kanzlerin Merkel wehrte sich gegen Trumps Kritik und wies sie als „nicht sachgerecht“ zurück. Sie habe auch mit Trump darüber gesprochen, sagte Merkel am Freitagabend. Es sei ja bekannt, dass die Deutschen mehr in die USA verkaufen, als sie von den Amerikanern kaufen. Auf der anderen Seite habe man viel mehr deutsche Direktinvestitionen in Amerika. „Und nach meiner Meinung muss man diese Dinge auch zusammen sehen.“
Angst vor US-Ausstieg aus Klimaabkommen
Auch der Klimaschutz blieb Streitpunkt mit den USA. Aktivisten warnten davor, das Pariser Klimaabkommen „von innen aushöhlen“ zu lassen. Trump hatte eine Entscheidung über einen Ausstieg bis nach dem Gipfel verschoben.

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Greenpeace fordert eine zügige Umsetzung des Pariser Klimaabkommens
Für mehr Klimaschutz demonstrierten 26 Greenpeace-Aktivisten am Freitag zum Auftakt des Gipfels mit einer rund vier Meter hohen Freiheitsstatue. Im Meer in der Nähe Taorminas steht die Statue im Wasser und ist mit einer Schwimmweste bekleidet. Die Umweltschützer fordern laut einer Aussendung von den G-7-Führern, das Klimaabkommen von Paris zügig umzusetzen.
Einigkeit bei Kampf gegen Terror
In einem Punkt erlangten die G-7 am Freitag jedoch schon Konsens: Die Staats- und Regierungschefs verabschiedeten eine gemeinsame Erklärung im Kampf gegen den Terrorismus. „Das ist eine starke Botschaft der Freundschaft, Nähe und Solidarität mit Großbritannien“, sagte der italienische Ministerpräsident Gentiloni. Die britische Premierministerin May bedankte sich für die Unterstützung im Angesicht der „entsetzlichen Attacke“, in Anlehnung an den Anschlag in Manchester. Es sei wichtig, dass die Gruppe gezeigt habe, entschlossen im Kampf gegen den Terrorismus zu sein, um die eigenen Bürger zu schützen.
Die Tat habe gezeigt, dass die Staaten ihre Bemühungen im Kampf gegen die Attentäter, deren Hintermänner und Unterstützer verdoppeln müssten, so die G-7. Priorität habe dabei, den Missbrauch des Internets für terroristische Ziele zu unterbinden. Die Staaten appellierten daher an Internetanbieter und Betreiber Sozialer Netze, konsequenter gegen terroristische Inhalte vorzugehen, ohne die Meinungsfreiheit einzuschränken.
Außerdem wollen sich die G-7-Staaten auf die Risiken konzentrieren, die von Kämpfern ausgehen, die aus Kriegsgebieten kommen oder von dort zurückkehren. Daneben sollen die Finanzquellen terroristischer Organisationen ausgetrocknet werden. Um diese Ziele zu erreichen, wolle man noch enger kooperieren, den Informationsaustausch intensivieren und die anderen Staaten in den Anti-Terror-Kampf einbinden.
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