„Schwierigster G-7-Gipfel seit Jahren“
Überschattet von großen Differenzen haben die Staats- und Regierungschefs der großen Industriestaaten (G-7) am Freitag in Taormina auf Sizilien mit ihren Beratungen begonnen. Bereits vor dem G-7-Gipfel in dem Mittelmeer-Ort zeichneten sich Konflikte vor allem in der Handels-, Klima- sowie Flüchtlingspolitik ab. Hintergrund ist vor allem der Kurs von US-Präsident Donald Trump.
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Trump nimmt erstmals an einem G-7-Gipfel teil. EU-Ratspräsident Donald Tusk sprach von einem der schwierigsten Treffen überhaupt. „Es besteht kein Zweifel daran, dass dies der schwierigste G-7-Gipfel seit Jahren sein wird.“ Es sei kein Geheimnis, dass einige der Teilnehmer „sehr unterschiedliche Positionen zu Themen wie Klimawandel und Handel“ hätten.
Vier von sieben sind erstmals dabei
Neu in der G-7-Runde sind auch der französische Präsident Emmanuel Macron, die britische Premierministerin Theresa May sowie der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni. May wollte den Gipfel wegen der Terrorgefahr in Großbritannien vorzeitig verlassen. Zur G-7-Gruppe gehören die USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien sowie Kanada, mit dabei sind auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Tusk.

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Emmanuel Macron und Theresa May sind neu im G-7-Team
Nachdem Trump am Vortag beim NATO-Gipfel nicht mit Kritik an den europäischen Partnerländern sparte, war die Stimmung in Italien von Beginn an wenig optimistisch. In Taormina bestätigte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, dass sich Trump erneut über den deutschen Handelsüberschuss beschwert habe. Er gab indirekt wieder, dass die Worte „bad, very bad“ über die Deutschen gefallen seien.
Keine gemeinsame Linie in vielen Bereichen
Weder in der Klima- und Handelspolitik noch bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise zeichnete sich eine gemeinsame Linie der G-7-Spitzenvertreter ab. Befürchtet wird, dass sich die G-7 nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigen können - oder die Abschlusserklärung sogar hinter bisherige Vereinbarungen zurückfällt. Verantwortlich gemacht wird dafür vor allem die Blockadepolitik der US-Regierung unter Trump. Auch bei seinem ersten Treffen mit der EU-Spitze waren am Donnerstag in Brüssel die unterschiedlichen Ansichten zu Klimawandel, Handelspolitik und Russland deutlich zutage getreten.
Wegen Trumps Widerstand und auch Differenzen mit anderen G-7-Staaten musste Gastgeber Italien heftige Abstriche an seiner Agenda machen. Der Wunsch, eine positive Erklärung zur Migration und den Chancen der Mobilität von Menschen zu verabschieden, stieß auf den Widerstand der neuen US-Regierung, wie informierte Kreise berichteten. Trump betone allein Sicherheitsbedenken.
Kampf gegen Hungersnot: Geld fehlt
Von einer ursprünglich geplanten Ernährungsinitiative war gar nicht mehr die Rede, da nur Italien neue Finanzzusagen machen wollte. Entwicklungsorganisationen drängten die G-7-Staaten, zumindest im Kampf gegen die akuten Hungersnöte ihre Zusagen zu erfüllen. Die Staats- und Regierungschefs sollten in Taormina mehr Geld für einen UNO-Appell von 6,9 Milliarden US-Dollar bereitstellen, für den bisher nur Zusagen in Höhe von 30 Prozent vorlagen.
In der Unsicherheit über die Klimapolitik der USA warnten Aktivisten davor, das Pariser Klimaabkommen „von innen aushöhlen“ zu lassen. Nachdem Trump eine Entscheidung über einen Ausstieg bis nach dem Gipfel verschoben hatte, müssten die anderen jetzt Tempo machen, sagte Christoph Bals von Germanwatch der dpa.
Angst vor US-Ausstieg aus Klimaabkommen
Für einen schnellen Schutz des Klimas demonstrierten 26 Greenpeace-Aktivisten am Freitag zum Auftakt des G-7-Gipfels mit einer rund vier Meter hohen Freiheitsstatue. Im Meer in der Nähe des Tagungsortes Taormina auf Sizilien steht die Statue im Wasser und ist mit einer Schwimmweste bekleidet. Die Umweltschützer fordern laut einer Aussendung von den G-7-Führern, das Klimaabkommen von Paris zügig umzusetzen.

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Greenpeace fordert eine zügige Umsetzung des Pariser Klimaabkommens
Regierungsunabhängige Organisationen warnten die G-7 vor Rückschritten in der Klima-, Handels- und Entwicklungspolitik. Es war von einem „Tiefpunkt“ der G-7-Gruppe die Rede. Auch wurde vor einem „Reinfall“ des Gipfels gewarnt. Scharfe Kritik erntete Trump, der alle Hinweise der Gruppe auf multilaterales Handeln ablehne, was ein gemeinsames Vorgehen erschwere und den bisherigen Konsens infrage stelle.
Bis zu 3.000 Demonstranten erwartet
Unterdessen brachten sich auch Gipfelgegner in Stellung. Zu der größten Demonstration werden am Samstagnachmittag in dem Ort Giardini Naxos südlich vom Tagungsort Taormina mehr als 3.000 Teilnehmer erwartet. „Wir sprechen über das, was beim Gipfel nicht zur Sprache kommt - Menschenrechte zum Beispiel“, sagte Gianmarco Catalano vom Organisationskomitee der Proteste „No G-7“ am Freitag. Es solle ein friedlicher Protest werden. „Es geht hier nicht um Gewalt.“ Beim anstehenden G-20-Gipfel in Hamburg Anfang Juli werden wesentlich mehr Demonstranten erwartet.
Aus Angst vor Randale wurden Geschäfte und Restaurants in Giardini Naxos dennoch schon am Freitag verbarrikadiert. „Wir wurden angewiesen, alles zu schließen und Stühle, Tische und Schirme wegzuräumen“, sagte Antonio Pugliese, der eine Bar an der Demonstrationsstrecke betreibt. „Wir hoffen, es bleibt friedlich. Aber man kann ja nie wissen.“
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