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Mit „Liste Sebastian Kurz“ in die Wahl

Die ÖVP hat mit Außenminister Sebastian Kurz nur vier Tage nach dem Rücktritt von Reinhold Mitterlehner einen neuen Parteichef. Der Bundesparteivorstand designierte Kurz am Sonntagabend einstimmig und akzeptierte auch seine sieben Bedingungen dafür.

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Die ÖVP wird nach dem Wunsch ihres neuen Parteichefs bei der Wahl als „Liste Sebastian Kurz - die neue Volkspartei“ antreten. Für die „Wahlbewegung“ werde die ÖVP auf „bewährte Kräfte“ aus der Partei setzen, gleichzeitig aber neue Leute an Bord holen, kündigte Kurz nach seiner Wahl im Parteivorstand in einer Pressekonferenz an.

Wunsch nach „intensivem und fairem Wahlkampf“

Er wünsche sich einen einstimmigen Beschluss für vorgezogene Neuwahlen und einen raschen Wahltermin nach dem Sommer, so Kurz. Außerdem wolle Kurz einen „kurzen, intensiven und fairen Wahlkampf“. Einen Wunschtermin ließ auch die SPÖ bei einem Treffen mit hochrangigen Mitgliedern in Wien am Sonntag durchblicken. Laut „Kurier“ bevorzugt die SPÖ einen Termin Ende Oktober/Anfang November, frühestens aber am 8. Oktober.

Analyse von Peter Filzmaier

Die Imagewerte und Vertrauensdaten von Sebastian Kurz sind besser als die der Partei, daher wolle man in der Wahl mit seinem Namen antreten, so Politikwissenschaftler Peter Filzmaier.

Schieder stellt Bedingungen

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder machte einen gemeinsamen Neuwahlantrag von ÖVP und SPÖ von Bedingungen abhängig. Zuerst seien paktierte Maßnahmen wie die Bildungs- und Steuerreform umzusetzen, so Schieder am Montag im Ö1-Morgenjournal. Kurz sei es bisher schuldig geblieben, über Inhalte zu reden.

Neben der Abschwächung der kalten Progression und dem Beschluss des Schulautonomiepakets gehörten für Schieder auch die Job-„Aktion 20.000“ und das Gesetz zur ärztlichen Primärversorgung zu jenen Maßnahmen, die zu einem guten Ende geführt werden sollten. „Wir warten auf die Vorschläge“, sagte Schieder. Man werde sich im Parlament aber auch nach alternativen Mehrheiten umsehen.

Darüber hinaus gebiete es die parlamentarische Fairness, über einen Neuwahlantrag mit allen Parteien zu reden. Dass einer vorgebe, wann gewählt wird, sei nicht sinnvoll, so Schieder, der sich für einen Wahltermin „im Laufe des Herbstes“ aussprach. Übrigens: „Die Idee einer Minderheitsregierung war nie so sehr am Tisch“, wie Schieder sagte - Audio dazu in oe1.ORF.at.

Änderungen sollen bei Parteitag fixiert werden

Der ÖVP-Vorstand hatte am Sonntag auch die inhaltlichen und personellen Forderungen seines neuen Parteichefs Kurz akzeptiert. So hat der Bundesparteiobmann künftig die alleinige Entscheidung über den Generalsekretär und das Regierungsteam der ÖVP sowie mehr Mitspracherecht bei der Kandidatenliste für Nationalratswahlen.

Was will Sebastian Kurz?

Am Sonntagabend diskutierten ÖVP-Insider und Experten in der ORF-Sendung „im Zentrum“ über Kurz’ Machtpoker.

Außerdem soll es ein parteiinternes Vorzugsstimmensystem geben. Die geplanten Statutenänderungen begründete Kurz damit, dass in der Partei nicht nur Köpfe ausgetauscht werden dürften - auch die Partei müsse sich ändern. Fixiert werden soll das am nächsten Parteitag.

Kurz: Kein einfacher Schritt

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner betonte, der Bundesparteichef bekomme damit nur jene Kompetenzen, die es auch in den Ländern schon gebe. Und ihr Salzburger Kollege Wilfried Hauslauer stellte klar, dass die geplante „Liste Sebastian Kurz“ keine neue Wahlpartei sein werde.

Grafik zu den ÖVP-Obmännern seit 1945

Grafik: APA/ORF.at; Fotos: APA; Quelle: APA

Die Parteiführung zu übernehmen sei kein einfacher Schritt gewesen, so Kurz nach dem Vorstandstreffen in der Politischen Akademie in Wien. Die ÖVP habe in zehn Jahren vier Obleute gehabt. Gerade aufgrund dieser Entwicklungen „sind sich in der ÖVP alle einig, dass es so, wie es war, nicht bleiben kann“.

Die „wesentlichen“ Forderungen

Drei seiner Forderungen seien „wesentlich“ für ihn gewesen, so Kurz: klare personelle Entscheidungskompetenzen zu haben, um etwa einen Generalsekretär zu ernennen und die Listenerstellung zu bestimmen. Auch sollten Vorzugsstimmen mehr Gewicht erhalten und ein Reißverschlusssystem (abwechselnd Frauen und Männer) eingeführt werden. Zum Dritten habe man beschlossen, „eine Bewegung zu starten, die auf bewährte Kräfte aus der Volkspartei“ setze, „aber gleichzeitig neue Leute ins Boot“ hole, so Kurz.

Kurz übernimmt Chefsessel

Kurz trat als frisch gekürter ÖVP-Obmann vor die Presse und sagte, wie die Partei künftig aussehen soll.

Diese „Bewegung“ werde unter dem Namen „Liste Sebastian Kurz - die neue Volkspartei“ in die kommende Nationalratswahl gehen. Wer auf dieser Liste kandidieren wird, gab Kurz noch nicht bekannt. Zwar habe er in den vergangenen Jahren „viele tolle Menschen kennenlernen dürfen“, die sich einbringen wollten. Auch habe er „konkrete Personen“ im Kopf. Diese werde er aber erst zur Wahl präsentieren.

Änderungen statutarisch festlegen

Auch die weiteren Bedingungen, die Kurz an die ÖVP stellte, gingen durch. Er erstellt alleinverantwortlich die Bundesliste. Bei den Landeslisten behält er ein Vetorecht. Zudem hat er freie Hand für die Verhandlung von Koalitionen. Auch die inhaltliche Linie der Partei kann er vorgeben. Und all diese Änderungen sollen auch ins Parteistatut kommen.

Der designierte ÖVP-Chef Sebastian Kurz

APA/AP/Ronald Zak

Kurz setzt sich in der ÖVP auf voller Linie durch. Einen Wahltermin wünscht er sich nach dem Sommer

Opposition will Initiative ergreifen

Die Opposition will die Entscheidung über den Wahltermin aber scheinbar nicht mehr der Noch-Koalition überlassen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache lud die Spitzen der anderen Oppositionsparteien via Aussendung zu einem Gespräch darüber ein. Es sei „klar, dass sich diese beiden Parteien auf keinen Wahltermin einigen werden können, wie das bisher in der Zweiten Republik immer der Fall war“, so Strache. Die Grünen reagierten positiv: Man wolle gemeinsam beraten, wie man den Eurofighter-U-Ausschuss sichern und Neuwahlen vorbereiten könne, schrieb der Grüne Peter Pilz auf der Kurznachrichtenplattform Twitter. „Bis Donnerstag Klarheit“, so Pilz.

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