ÖVP nahm Kurz’ Bedingungen an
Es seien bewegte Zeiten im Land und in der ÖVP, eröffnete Sebastian Kurz sein Pressestatement am Sonntagabend. Rund dreieinhalb Stunden hatte davor die Sitzung des Bundesparteivorstandes gedauert, bei dem Kurz einstimmig zum geschäftsführenden Obmann der ÖVP designiert wurde. Die Parteigranden akzeptierten alle seine Bedingungen - auch, dass die ÖVP auf dem nächsten Wahlzettel nicht mehr aufscheinen soll.
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Die Parteiführung zu übernehmen sei kein einfacher Schritt gewesen, so Kurz nach dem Vorstandstreffen in der Politischen Akademie in Wien. Die ÖVP habe in zehn Jahren vier Obleute gehabt. Gerade aufgrund dieser Entwicklungen „sind sich in der ÖVP alle einig, dass es so, wie es war, nicht bleiben kann“.
„Bewährte Kräfte“ und „neue Leute“
Drei seiner Forderungen seien „wesentlich“ für ihn gewesen, so Kurz: klare personelle Entscheidungskompetenzen zu haben, um etwa einen Generalsekretär zu ernennen sowie die Listenerstellung zu bestimmen. Auch sollten Vorzugsstimmen mehr Gewicht erhalten und ein Reißverschlusssystem (abwechselnd Frauen und Männer) eingeführt werden. Zum Dritten habe man beschlossen, „eine Bewegung zu starten, die auf bewährte Kräfte aus der Volkspartei“ setze, „aber gleichzeitig neue Leute ins Boot“ hole, so Kurz.
Kurz übernimmt Chefsessel
Kurz trat als frisch gekürter ÖVP-Obmann vor die Presse und erklärte, wie die Partei künftig aussehen soll.
Diese „Bewegung“ werde unter dem Namen „Liste Sebastian Kurz - die neue Volkspartei“ in die kommende Nationalratswahl gehen. Wer auf dieser Liste künftig kandidieren wird, gab Kurz noch nicht bekannt. Zwar habe er in den vergangenen Jahren „viele tolle Menschen kennenlernen dürfen“, die sich einbringen wollen. Auch habe er „konkrete Personen“ im Kopf. Diese werde er aber erst zur Wahl präsentieren.
Änderungen statutarisch festlegen
Auch die weiteren Bedingungen, die Kurz an die ÖVP stellte, gingen durch. Er erstellt alleinverantwortlich die Bundesliste. Bei den Landeslisten behält er ein Vetorecht. Zudem hat er freie Hand für die Verhandlung von Koalitionen. Auch die inhaltliche Linie der Partei kann er vorgeben. Und all diese Änderungen sollen auch ins Parteistatut kommen.

APA/AP/Ronald Zak
Kurz setzt sich in der ÖVP auf voller Linie durch. Einen Wahltermin wünscht er sich nach dem Sommer
Wer dem scheidenden Vizekanzler Reinhold Mitterlehner in die Regierung folgen soll, stand noch nicht fest. Das hänge davon ab, ob die SPÖ unter Bundeskanzler Christian Kern eine Minderheitsregierung startet. Es gebe aber noch bis zum Sommer Zeit, um einzelne Vorhaben umzusetzen. „Ich hoffe sehr, dass dieses Angebot angenommen wird.“
Termine für Neuwahl stehen im Raum
Am Montag wolle er zusammen mit Bundeskanzler Kern und Bundespräsident Alexander Van der Bellen ein Gespräch führen und vorschlagen, gemeinsam einen Neuwahlantrag einzubringen. Außerdem wolle Kurz einen „kurzen, intensiven und fairen Wahlkampf“ und einen Wahltermin „nach dem Sommer“.
Einen Wunschtermin hat auch die SPÖ bei einem Treffen mit hochrangigen Mitgliedern in Wien am Sonntag durchblicken lassen. Laut „Kurier“ bevorzugt die SPÖ einen Termin Ende Oktober/Anfang November, frühestens aber am 8. Oktober. Zuvor hatte Kern bereits in der ORF-„Pressestunde“ gesagt, dass auch er nun von einer Wahl im Herbst ausgehe.
Was will Sebastian Kurz?
Am Sonntagabend diskutierten ÖVP-Insider und Experten in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ über Kurz’ Machtpoker.
Opposition will Initiative ergreifen
Die Opposition will die Entscheidung über den Wahltermin aber scheinbar nicht mehr der Noch-Koalition überlassen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache lud die Spitzen der anderen Oppositionsparteien via Aussendung zu einem Gespräch darüber. Es sei „klar, dass sich diese beiden Parteien auf keinen Wahltermin einigen werden können, wie das bisher in der Zweiten Republik immer der Fall war“, so Strache. Die Grünen reagierten angetan: Man wolle gemeinsam beraten, wie man den Eurofighter-U-Ausschuss sichern und Neuwahlen vorbereiten könne, schrieb Peter Pilz auf der Kurznachrichtenplattform Twitter. „Bis Donnerstag Klarheit“, so Pilz.
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