„Gravierende irreparable Schädigung“
Die EU-Kommission hat Warschau mit einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gedroht, wenn das Land die Abholzung im Naturschutzgebiet Bialowieza im Osten Polens nicht einstellt. Das Land müsse „vom Holzeinschlag in großem Stil in den Wäldern von Bialowieza“ Abstand nehmen, hieß es in einer „letzten Mahnung“ der Behörde vom Donnerstag.
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In der Mahnung kritisiert die Kommission eine im März beschlossene Verdreifachung des Holzeinschlags in dem geschützten Gebiet, das als letzter größerer Urwald Europas bekannt ist. Da die Abholzung bereits begonnen habe, bei der „unter anderem hundertjährige und noch ältere Bäume gefällt“ werden, drohe eine „gravierende irreparable Schädigung“, heißt es in der Erklärung der Behörde.
Kommission verlangt schnelle Reaktion
Normalerweise hat ein EU-Land in einem solchen Verfahren zwei Monate Zeit, um auf die Vorwürfe einzugehen. Wegen der akuten Bedrohung des Naturschutzgebiets verlangte die Kommission in diesem Fall aber eine Reaktion binnen eines Monats. Umweltschützer warnen seit Jahren vor Abholzungen in dem Gebiet. Bereits 2010 hatten Ökologen in Brüssel gegen die Verletzung von europäischen Umweltschutzvorschriften geklagt.
Schutzgebiet und Weltnaturerbe
Der Wald von Bialowieza erstreckt sich über 150.000 Hektar entlang der Grenze zwischen Polen und Weißrussland. Während der weißrussische Teil als Nationalpark vollständig unter Schutz steht, ist auf polnischer Seite nur ein Teil Schutzgebiet. Er zählt zudem zum Weltnaturerbe und Biosphärenreservat der UNO-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO). Menschliche Eingriffe sind dort nur sehr eingeschränkt erlaubt, Besucher dürfen sich nur auf bestimmten Routen bewegen.

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Im Wald sind Hunderte Wisente zu Hause
Der Wald von Bialowieza ist Lebensraum für rund 20.000 Tierarten, darunter 250 Vogel- und 62 Säugetierarten - wie zum Beispiel Wölfe oder Europas größter Säuger, der Wisent. Auch Europas größte Bäume, 50 Meter hohe Tannen, stehen in Bialowieza.
Polen rechtfertigt Abholzung mit Borkenkäfer
Der polnische Umweltminister Jan Szyszko hatte vergangenes Jahr versichert, dass der von der UNESCO geschützte Teil des Waldes nicht betroffen sein werde. Nach den von der Regierung genehmigten Plänen sollen im Wald von Bialowieza im Zeitraum von zehn Jahren mehr als 180.000 Kubikmeter Holz geschlagen werden. Das sind deutlich mehr als die zuvor geplanten 40.000 Kubikmeter.

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Das Gebiet gilt als letzter größerer Urwald Europas
Polen hatte die Abholzung mit der Bekämpfung des Borkenkäfers gerechtfertigt. Das widerspreche aber den Naturschutzzielen für das Gebiet, das Teil des Natura-2000-Netzes der EU ist. Das Netz verbindet Schutzgebiete in der gesamten Europäischen Union und macht mehr als 18 Prozent der Landfläche der EU sowie sechs Prozent der Meeresfläche aus.
Umweltschützer kritisierten die Fällungen als unsinnig. Szyszko habe nicht begriffen, dass der Borkenkäfer ein „natürlicher Besucher“ des Waldes sei, der „immer schon existierte und den der Wald überlebt“ habe, sagte damals die polnische Greenpeace-Vertreterin Katarzyna Jagiello.
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