NGO kritisiert „Verschleierungspolitik“
Amnesty International hat im vergangenen Jahr 1.032 Hinrichtungen weltweit gezählt. Das ist etwa ein Drittel weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Todesurteile ist hingegen um mehr als die Hälfte auf 3.117 gestiegen, wie aus der Jahresstatistik der Menschenrechtsorganisation hervorgeht. Diese Entwicklung ist, so die NGO, auf einzelne afrikanische Länder zurückzuführen.
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Laut Amnesty fanden 87 Prozent aller Hinrichtungen in vier Ländern statt: im Iran (567), in Saudi-Arabien (154), im Irak (88) und in Pakistan (87). Die Daten, die die NGO sammelt, betreffen allerdings nur die registrierten Exekutionen. Die meisten Hinrichtungen dürfte China vorgenommen haben, aus der Volksrepublik gibt es aber keine offiziellen Zahlen.
Hinrichtung als Staatsgeheimnis
Amnesty kritisierte die „Verschleierungspolitik“ der chinesischen Regierung - vermutlich wurden in China auch 2016 wieder mehr Menschen als im Rest der Welt zusammengenommen hingerichtet, wie es in dem Bericht heißt. Die NGO geht von Tausenden Fällen aus.

Grafik: ORF.at, Quelle: APA/Amnesty International
„Informationen zur Todesstrafe in China stehen per Gesetz als Staatsgeheimnis unter Verschluss. Die öffentliche staatliche Datenbank lässt entgegen den Behauptungen der Regierung keine Rückschlüsse darauf zu, ob die Todesstrafe in China weniger angewendet wird“, erklärte Alexander Bojcevic von Amnesty International. Auch im Jemen, in Laos, in Nordkorea und in Syrien konnten keine Zahlen erhoben werden.
Minus in USA wegen Rechtsstreitigkeiten
Die Zahl der weltweiten Hinrichtungen sank von einem hohen Niveau: Im Jahr 2015 lag sie noch beim Rekordwert von 1.634. Heuer sind die USA erstmals seit 2006 nicht unter den fünf Staaten mit den meisten Hinrichtungen, wie es in dem Bericht heißt. Hier ging die Zahl der Exekutionen um fast 30 Prozent auf 20 zurück. Das ist der niedrigste Stand seit 1991.
Der Grund liegt in den Augen der Menschenrechtsaktivisten teilweise in Anfechtungsklagen, die dazu führten, dass Hinrichtungsvorschriften für die Giftspritze geändert werden mussten. Auch die Probleme mancher US-Bundesstaaten, sich die Chemikalien für Giftinjektionen zu beschaffen, seien Ursachen für den Rückgang.

Grafik: ORF.at, Quelle: APA/Amnesty International
Allerdings ist auch die Zahl der Todesurteile in den USA drastisch gesunken. 2016 waren es nur noch 30 in 13 Bundesstaaten - so wenige wie seit 1977 nicht mehr. Mitte der 1990er Jahre waren es noch mehr als 300.
In Nigeria verdreifacht
Dem neuen Jahresbericht zufolge wird inzwischen in 141 Staaten die Todesstrafe nicht mehr angewendet: In 104 Ländern ist sie vollständig abgeschafft, sieben Staaten sehen die Todesstrafe nur noch für außergewöhnliche Straftaten wie Kriegsverbrechen oder Vergehen nach dem Militärrecht vor. In 30 Ländern ist die Todesstrafe in der Praxis, aber nicht im Gesetz abgeschafft.
Nun gibt es noch 55 Staaten, die Todesurteile aussprechen. Allerdings stieg gleichzeitig die Gesamtzahl der Todesurteile drastisch auf 3.117, nach 1.998 im Jahr zuvor. Das ist auf einige wenige afrikanische Staaten zurückzuführen: In Nigeria verdreifachte sich die Zahl der Urteile, aber auch in Kamerun, Sambia und Somalia registrierte Amnesty einen Anstieg.
Die Menschenrechtsorganisation forderte anlässlich der neuen Daten einmal mehr ein sofortiges und dauerhaftes Moratorium für Hinrichtungen in allen Ländern, in denen es die Todesstrafe noch gibt. Länder, die daran festhielten, sollten aussagekräftige Zahlen zu den verhängten und vollstreckten Urteilen veröffentlichen, hieß es in dem Bericht weiter.
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