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Auf dem Weg zur „100-Jahr-Firma“

Der taiwanesische Zulieferergigant Foxconn plant, seine Geschäftsfelder deutlich auszuweiten. Nach Wunsch seines Gründers Terry Gou soll der Konzern künftig nicht nur Komponenten für elektronische Geräte produzieren, sondern mit eigenen Marken auf dem Markt vertreten sein. Der Expansionskurs könnte zu schweren Verwerfungen mit den zahlreichen Vertragspartnern des Unternehmens führen.

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Nach Gous Überzeugung müsse Foxconn seine eigenen Marken und Produktlinien etablieren sowie die Einzelteile für die Geräte am besten selbst herstellen. Die Maßnahmen sollen das wirtschaftliche Überleben des vor 43 Jahren gegründeten Unternehmens langfristig sichern und Foxconn zur „100-Jahr-Firma“ machen. Vor dem Hintergrund dieser Strategie ist auch der Einstieg des Zulieferers ins Bieterrennen um die Chipsparte des angeschlagenen japanischen Mischkonzerns Toshiba zu sehen. Erst kürzlich legte Foxconn ein umgerechnet 25 Milliarden Euro schweres Offert vor.

Heikles Verhältnis zu Apple

Mit dem Angebot kommt Foxconn ausgerechnet seinem wichtigsten Vertragspartner Apple ins Gehege. Auch der US-Konzern interessiert sich für Toshibas Chipproduktion, will für den Zukauf aber - ebenso wie die anderen Mitbieter - deutlich weniger Geld in die Hand nehmen. Die Regierung in Tokio bevorzugt Medienberichten zufolge einen japanischen oder US-amerikanischen Käufer. Die Politik will laut Reuters-Bericht verhindern, dass die wichtige Technologie in die falschen, sprich in die Hände eines chinesischen Konzerns gelangt.

Unabhängig von den politischen Querelen zeigt der Fall die Risiken des Expansionskurses auf. Wirft Foxconn eigene Marken auf den Markt, sind Verstimmungen mit Vertragspartnern programmiert, gehören doch so gut wie alle der weltweit führenden Technologiefirmen zu seinen Kunden. Foxconn fertigt Spielkonsolen für Nintendo und Sony sowie Mainboards für Intel, ist Weltmarktführer bei der Herstellung von PC-Gehäusen und Prozessorsockeln.

Mitarbeiter vor Sharp Bildschirmen

Reuters/Tyrone Siu

Mit Kampfpreisen und Marketingmaßnahmen will Foxconn Sharp wieder auf die Überholspur bringen

Wichtigster Vertragspartner ist aber Apple, für den Foxconn unter anderem das iPhone herstellt. Analysten schätzen, dass die Zusammenarbeit mit den Kaliforniern bis zu 50 Prozent der Einnahmen ausmacht. Foxconn erwirtschaftete 2014 einen Umsatz von mehr als 132 Mrd. Dollar und beschäftigte 1,3 Mio. Mitarbeiter. Die Produktionsbedingungen in den Fabriken standen nach Suizidserien wiederholt in der Kritik. In Hinblick auf die Abhängigkeit von Apple bewerteten Marktbeobachter Foxconns Expansionsstrategie positiv. Zuletzt waren die Verkäufe des iPhones, Apples Kassenschlager, erstmals überhaupt rückläufig.

Jeden Monat ein neues Produkt

Einfallstor für den Angriff auf neue Märkte ist indes der TV-Sektor in China. Im Vorjahr erwarb Foxconn 66 Prozent am kriselnden japanischen Fernsehgerätehersteller Sharp. Umfangreiche Marketingmaßnahmen sollen helfen, die einstige Traditionsmarke wieder fit zu machen. Neben einer großangelegten Plakat- und Fernsehwerbekampagnen mit dem Slogan „Sharp powered by Foxconn“ werden Realityshows im chinesischen TV gesponsert. Luft nach oben ist allemal: Mit einem Marktanteil von unter zwei Prozent steht Sharp in China im Schatten lokaler Produzenten.

Grundsteinlegeung der Flat-Screen-Fabrik

Reuters/Sijia Jiang

Im chinesischen Guangzhou entsteht gerade ein neues Foxconn-Werk, in dem Flatscreens hergestellt werden sollen

Um sich an den schnellen chinesischen Markt anzupassen, werde man jeden Monat ein neues Produkt herausbringen, sagte Foxconns Marketingchef Freddie Yuan dem „Wall Street Journal“ („WSJ“). Wie hoch die Aufwendungen für die Marketingmaßnahmen liegen, wollte Yuan dem Blatt nicht verraten. Zudem scheint Foxconn seine Mitbewerber in einen wahren Preiskampf ziehen zu wollen und gewährt Kunden große Rabatte. „Wir stellen die meisten Komponenten unserer Geräte selbst her“, sagte Foxconns Vizevorsitzender Jacob Chen dem „WSJ“, „das hat Einfluss auf unsere Effizienz und unsere Kosten.“

Spaltung als Ausweg

Im TV-Bereich sind sich Foxconn und Apple bisher nicht in die Quere gekommen. Anders könnte es künftig allerdings auf dem Handymarkt aussehen: Im Vorjahr verkaufte Microsoft mit seiner Feature-Phone-Sparte die Reste des Nokia-Hardwarebereichs an eine Foxconn-Tochter. Wie man den Spagat zwischen dem Aufbau eigener Marken und der Einzelteilerzeugung für Großabnehmer unter einen Hut bringt, könnte Foxconn von ebenfalls taiwanesischen Computerhersteller Acer lernen. Der Konzern spaltete Anfang des Jahrtausends zwei Unternehmensteile ab, um Interessenkonflikten vorzubeugen.

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