EU hofft auf klare Worte
Die Amerikaner „tappen planlos im Dunkeln“, hat ein europäischer Diplomat die außenpolitische Strategie der USA im Syrien-Konflikt gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters kommentiert. Nach dem Angriff auf eine syrische Luftstreitkräftebasis vergangene Woche kamen unterschiedliche Signale aus Washington. Das G-7-Außenministerreffen Montag und Dienstag in Italien soll Aufklärung bringen.
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Kurz vor dem Treffen der G-7-Außenminister im toskanischen Lucca wuchs zuletzt unter europäischen Ländern der Unmut über die Meinungsschwenks im Weißen Haus. US-Außenminister Rex Tillerson hatte am Wochenende weiter den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) als Priorität genannt, während die UNO-Botschafterin der USA, Nikki Haley, den Sturz von Machthaber Baschar al-Assad zum obersten Ziel erklärte. Auch die Frage nach weiteren US-Aktionen in Syrien ist offen.
Eigene Konferenz zu Syrien
Nun treffen die Außenminister der sieben führenden Industrieländer und die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini zusammen - eigentlich, um den G-7-Gipfel Ende Mai auf Sizilien vorzubereiten. Am Rande der Beratungen wird es am Dienstag aber ein Sondertreffen zur Lage in Syrien geben. Daran sollen auch die Ressortchefs der Türkei, der Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabiens, Jordaniens und Katars teilnehmen. Nach dem US-Luftangriff solle eine weitere „gefährliche militärische Eskalation“ verhindert werden, hieß es.
„Russen an Verhandlungstisch bekommen“
Auch wenn die Hoffnung der EU, Antworten zu erhalten, groß ist: Innerhalb der EU sind die Meinungen zur Syrien-Politik ebenfalls nicht einhellig. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel warnte vor weiteren Militärschlägen im Bürgerkriegsland. Gemeinsam wolle man beim G-7-Treffen US-Außenminister Tillerson sagen: „Leute, eine weitere militärische Eskalation bringt nichts, sondern wir müssen jetzt die Russen und viele andere an den Verhandlungstisch bekommen. Und dazu brauchen wir Eure kräftige Unterstützung“, so Gabriel.
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Reuters/Carlos Barria
Gegenüber Russland scheinen Tillerson und Trump eine gemeinsame Haltung noch zu suchen
Der britische Außenminister Boris Johnson hingegen unterstützt den Militärschlag der US-Regierung und kritisierte am Montag Russlands Unterstützung für Assad scharf. Der russische Präsident Wladimir Putin müsse „der Wahrheit über den Tyrannen, den er unterstützt, ins Gesicht sehen“, sagte Johnson laut einer Sprecherin. Putin müsse klargemacht werden, dass die Zeit der Unterstützung für Assad vorbei sei. Auch Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel ist laut ihrem Sprecher der Ansicht, dass „eine friedliche und Stabilität bringende Lösung des Konflikts in Syrien mit Assad an der Spitze auf Dauer nicht vorstellbar ist“, hieß es am Montag in Berlin.
Der Militärschlag belastet die Beziehungen zwischen Washington und Moskau. Tillerson hatte Moskau beschuldigt, am Giftgasangriff letzte Woche in Syrien entweder mitschuldig zu sein oder inkompetent. Damit hatte er deutlich härtere Töne angeschlagen, als zuvor oft von US-Präsident Donald Trump zu hören gewesen waren.
Asselborn verteidigt EU
In Lucca dürften die Außenminister versuchen, eine gemeinsame Linie gegenüber Russland zu finden. Trump hatte mit dem ersten direkten Angriff auf die syrische Armee den Kurs des Landes radikal gewechselt. Syriens Verbündeter Russland wertete den Angriff als aggressiven Akt und als Verstoß gegen das Völkerrecht.
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn nahm am Montag die Union vor Kritik in Schutz. Die EU bringe sich diplomatisch stark ein, unterstütze die Vereinten Nationen und sei vor allem der größte Zahler für humanitäre Hilfe in Syrien, so Asselborn im „Morgenmagazin“ des ZDF. „Wir machen doch da, was wir machen können.“
„Kein Knopfdruck aus Europa“
Der Schlüssel für eine Lösung liege bei Russland und den USA: „Diesen berühmten Knopfdruck aus Europa, um den Krieg zu beenden, gibt es nicht“, so Asselborn. Die EU sei bereit, Syrien wieder aufzubauen und humanitär noch mehr zu helfen, sagte er. Zuvor hatte Asselborn eine Ausweitung des Sanktionen gegen das syrische Regime gefordert. Assad müsse sich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und wegen Kriegsverbrechen verantworten.
Außer Syrien und den amerikanisch-russischen Beziehungen stehen laut italienischer G-7-Präsidentschaft weitere Themen auf der Agenda der Außenminister. Oberste Priorität habe das „vollständige Ausmerzen“ der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak. Auch wollen die Außenminister beraten, wie staatliche Institutionen in Libyen gestärkt werden können, um die Auswanderung einzudämmen und kriminelle Aktivitäten in dem Bürgerkriegsland zu bekämpfen. Der anhaltende Konflikt in der Ukraine und der Atomstreit mit Nordkorea, das zum wiederholten Mal ballistische Testraketen abgefeuert hat, sollen ebenfalls Thema sein.
Der G-7-Gruppe gehören neben den USA, Italien, Großbritannien, Frankreich und Deutschland auch Kanada und Japan an. Die Gruppe wurde 1975 gegründet und war zunächst als informelles Beratungsformat zur Bewältigung der Weltwirtschaftskrise gedacht. Die G-7-Treffen entwickelten sich aber zu einem globalen Krisenbewältigungsforum. Früher waren es mit Russland acht Staaten (G-8), das Land wurde jedoch nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim der Gruppe verwiesen.
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