Sprengstoffexperten im Einsatz
Ein halbes Jahrhundert nach dem Beginn ihres blutigen Kampfes für ein unabhängiges Baskenland hat die Untergrundorganisation ETA ihre letzten Waffen ausgehändigt. Den französischen Behörden sei eine Liste mit den Verstecken der Waffenarsenale im Süden Frankreichs ausgehändigt worden, teilte am Samstag die Internationale Kommission zur Verifizierung des Waffenstillstandes (CIV) mit.
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Auf einer Pressekonferenz hieß es am Samstag, die Liste mit den Verstecken sei mittlerweile der französischen Polizei übergeben worden. „Dieser wichtige Akt kann den Frieden in der baskischen Gesellschaft konsolidieren“, sagte der Chef der Kommission, Ram Manikkalingam.
Mehrere Tonnen Sprengstoff
Bereits am Samstag begannen die Behörden damit, die Verstecke mit Unterstützung von Sprengstoffexperten ausfindig zu machen und die Waffen sicherzustellen. Laut Premierminister Bernard Cazeneuve wurden 3,5 Tonnen Waffen, Sprengstoff und andere gefährliche Materialien sichergestellt. Die Polizeiaktion sei ruhig und ohne Gewalt abgelaufen. Es sei eine „entscheidende Etappe“ erreicht, um den baskischen Unabhängigkeits-Terrorismus zu beenden.

APA/AFP/Iroz Gaizka
Französische Sicherheitskräfte bei der Räumung eines mutmaßlichen ETA-Waffenlagers
Laut CIV, welche die im März angekündigte Entwaffnung im französischen Bayonne nahe der spanischen Grenze überwachen soll, wird die ETA nun als entwaffnet betrachtet. Die ETA hatte bereits am Freitag in einem von der britischen BBC veröffentlichten Brief erklärt, sie habe all ihre Waffen an Vertreter der baskischen Zivilgesellschaft übergeben.
Seit Jahren keine Anschläge mehr
Die ETA hatte bereits im Oktober 2011 ihre Strategie des Terrors für beendet erklärt. Seither hatten die Separatisten keine Anschläge mehr verübt, aber weder ihre Strukturen aufgelöst noch ihre Waffen abgegeben.
Warum die Terrororganisation nun aufgibt, hat vor allem einen sozial-politischen Grund, meint die baskische Soziologin Maria Silvestre von der Universität Bilbao: „Die ETA hat in den vergangenen fünf Jahren selbst in der separatistisch eingestellten Bevölkerung vollkommen den sozialen Rückhalt verloren. Niemand will zurück zur Gewalt.“
Spanien fordert Auflösung
Die spanische Zentralregierung betrachtet das Verhalten der ETA dennoch weiter mit großer Skepsis. In einer am Samstag veröffentlichten Stellungnahme erklärte sie, die ETA müsse „ihre endgültige Auflösung verkünden, ihre Opfer um Verzeihung bitten und verschwinden“. Nach der Entwaffnung habe sie mit „keinerlei Vorzugsbehandlung zu rechnen“.
Die Parteien des spanischen Baskenlandes hatten zuvor - mit Ausnahme der rechtskonservativen Volkspartei - gemeinsam dazu aufgerufen, der ETA „Glaubwürdigkeit“ zuzugestehen, um ein „Kapitel der Vergangenheit zu schließen“ und eine „Zukunft des Zusammenlebens“ aufzubauen.
Die französische Regierung begrüßte die jüngste Entwicklung. Das sei ein „wichtiges Ereignis“ und ein „großer Schritt“, sagte Innenminister Matthias Fekl in Paris laut der Nachrichtenagentur AFP. Ungeachtet vieler noch offener Fragen wurde am Samstag auf den Straßen von Bayonne der „Tag der Entwaffnung“ gefeiert.

Reuters/Vincent West
Auf den Straßen von Bayonne wird der „Mut zum Frieden“ gefeiert
Über 830 Tote seit 1968
Die von der EU als Terrororganisation eingestufte Euskadi Ta Askatasuna (Baskenland und Freiheit, ETA) war 1959 während der Franco-Diktatur gegründet worden und hatte 1968 ihren ersten Terroranschlag verübt. Mit den blutigen Attentaten wollte die Gruppe die Unabhängigkeit des Baskenlandes im Norden Spaniens und im Süden Frankreichs erzwingen.
Seit 1968 kamen dabei mehr als 830 Männer, Frauen und Kinder ums Leben. 2.300 Menschen wurden verletzt. Beim letzten ETA-Anschlag wurde 2010 ein französischer Polizist getötet. Die ETA wurde durch die Festnahme Hunderter Mitglieder und die Aushebung zahlreicher Waffenverstecke gleichzeitig stark geschwächt und verkündete 2011 eine Waffenruhe verkündet. Schätzungen zufolge soll es nur noch rund 30 aktive ETA-Mitglieder geben.
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