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Keine Europahymne und Kritik am Flug

Am Donnerstag haben der britische Thronfolger Charles und seine Ehefrau Camilla ihre „Brexit-Charmeoffensive“ in Wien an verschiedenen Sehenswürdigkeiten fortgesetzt. In Großbritannien selbst sieht man die aufwendige Reise des royalen Paars und seiner Entourage allerdings mit gemischten Gefühlen.

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Donnerstagvormittag besuchten Charles und Camilla den Wiener Musikverein. Dort lauschten sie einer Probe der Wiener Philharmoniker, die unter der Leitung von Christian Thielemann Beethovens „Neunte Symphonie“ probten. Den letzten Satz der Symphonie, den die europäische Gemeinschaft 1985 zu ihrer offiziellen Hymne erklärte, ließen die Musiker - Zufall oder subtile „Brexit“-Botschaft - allerdings aus.

Dichtes Programm

Im Anschluss wurden den beiden Staatsgästen Handschriften von Wolfgang Amadeus Mozart und Johannes Brahms aus dem Archiv des Musikvereins vorgelegt. Zuvor hatten Charles und Camilla am zweiten Tag ihres Wien-Aufenthalts das Jüdische Museum besucht. Auf dem Programm stand außerdem ein Bioheuriger in Grinzing, samt Weinverkostung.

Am späteren Nachmittag fand sich Herzogin Camilla in der Hofreitschule ein, während ihr Mann an einer Diskussionsveranstaltung der OSZE teilnahm. Charles besuchte zudem in Begleitung von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) einen Wertekurs für Flüchtlinge beim Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF).

Herzogin Camilla und Hofreitschul-Generaldirektorin Elisabeth Gürtler

APA/Hans Punz

Pferdeliebhaberin Camilla mit Bereiter und Bereiterin in der Hofreitschule

Britische Medien monieren teuren Jet

In ihrer britischen Heimat entspinnt sich unterdessen eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit der Reise. Wie die britische Zeitung „The Independent“ am Donnerstag (Onlineausgabe) berichtet, war Premierministerin May „gezwungen gewesen für einen diplomatischen Besuch im Nahen Osten einen privaten Jet zu chartern, weil Prinz Charles und seine Entourage Mays offizielle Maschine der Royal Air Force für ihren eigenen Trip nach Übersee gebucht hatten“.

In der medialen Kritik der Reise wird vor allem hervorgehoben, dass Charles mit Rumänien, das er vor Österreich besucht hatte, durch persönliche Geschäftsinteressen verbunden sei. In Transsylvanien betreibt er gemeinsam mit einem dort ansässigen Aristokraten die Zalanpatak Ökohäuser, eine Siedlung historischer Gebäude, die man als Ferienunterkunft mieten kann.

Der britische Thronfolger Prinz Charles

APA/Hans Klaus Techt

Kippa und Krawatte: Prinz Charles im Jüdischen Museum

Leibarzt, Landschaftsmaler und Hairstylist

In Großbritannien gilt im Allgemeinen die Regel, dass Queen Elizabeth II. und Prinz Charles bei Reisen mit der RAF Voyager A330, die May-Vorgänger David Cameron erst 2016 angeschafft hatte, Vortritt vor der Premierministerin haben. Ein Sprecher der Premierministerin stellte bereits beschwichtigend klar, dass im Fall gleichzeitiger Reisen von Ministerin und Royals in jedem Fall eine zweite Maschine gechartert werden müsse.

RAF Airbus A330

AP/Larry MacDougal

Die RAF Voyager A330, die David Cameron 2016 kaufte, um - wie es damals hieß - dem Steuerzahler 775.000 Pfund (rund 903.000 Euro) pro Jahr zu sparen

„The Independent“ moniert im Gegenzug, dass die beiden Royals bei dieser Reise unter anderem von ihrem Leibarzt sowie einem Künstler, der die Reise in Bildern festhält, und dem persönlichen Hairstylisten der Herzogin begleitet werden.

VIP-Terminal und Hofburg-Empfang

Mit dieser Entourage an Bord landete die Maschine am Mittwoch am GAT - dem VIP-Terminal des Flughafens Schwechat, wo der royale Besuch mit einer Limousinenflotte direkt am Rollfeld abgeholt wurde. Dort waren der Prince of Wales und die Duchess of Cornwall am Mittwoch bei Sonnenschein von Staatssekretärin Muna Duzdar willkommen geheißen worden.

Prinz Charles und seine Frau Camilla kommen am Flughafen an

APA/BKA/Hans Hofer

Am VIP-Terminal von Schwechat schüttelt Prinz Charles Staatssekretärin Muna Duzdar die Hand

Im Anschluss gab es einen Hofburg-Empfang, bei dem sich der Prinz auch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen unter vier Augen unterhielt. Zu den Inhalten hieß es im Anschluss aus der Präsidentschaftskanzlei, es seien die Themen Nachhaltigkeit und Klimawandel, aber auch die bilateralen Beziehungen sowie die Situation in Österreich und in Großbritannien besprochen worden. Es habe sich um ein „vertrauliches, sehr gutes Gespräch“ gehandelt.

Stippvisite im Jüdischen Museum

Am zweiten und letzten Tag des Wien-Besuches von Charles und Camilla stand unter anderem das Jüdische Museum auf dem Programm: Dort traf das royale Paar auch auf Direktorin Danielle Spera.

Mit der Limousinenflotte auf dem Wiener Ring

Der Zwischenstopp in Wien war Teil einer neuntägigen Europareise des Thronfolgerpaares. Am Dienstag hatte es bereits den Papst im Vatikan besucht. Auch der Wien-Aufenthalt war für die beiden streng durchgetaktet. In der Stadt waren die beiden Briten mit einer Limousinenflotte unterwegs, die zuvor einen minutiösen Bombencheck durch die Wiener Polizei durchlief. Auf ihrer Fahrt über die gesperrte Ringstraße wurde sie von zahlreichen Wienern gefilmt, fotografiert und auf Sozialen Netzwerken geteilt.

„Charmeoffensive“ im „Brexit“-Schatten

Die britische Presse bezeichnet die aktuell verstärkt stattfindenden Europareisen der Royals als „Brexit-Charmeoffensive“ - deren Sinnhaftigkeit von einigen hinterfragt wird. Charles’ Sohn William und dessen Ehefrau Kate besuchten erst kürzlich Paris und planen für heuer noch Reisen nach Polen und Deutschland. Wie der Kensington Palace knapp mitteilte, finden beide Besuche auf Wunsch des britischen Außenministeriums statt. Die Botschaft, die man aussenden wolle, so die BBC, sei klar: „Großbritannien verlässt die EU, aber wir verlassen nicht Europa.“

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