EU fordert schärfere Kontrollen
Nach der Aufdeckung eines Gammelfleischskandals in Brasilien stoppen mehrere Länder ihre Importe aus dem Land. Das brasilianische Landwirtschaftsministerium teilte am Montag mit, dass China als zweitwichtigster Abnehmer von Rind- und Geflügelfleisch Einfuhren aus Brasilien gestoppt habe.
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Neben China hat auch Chile den Import von Fleisch aus Brasilien ausgesetzt. Die chinesische Regierung bestätigte am Montag die Vorgangsweise und sprach von einer Schutzmaßnahme. Einen Importstopp für Hühnerfleischprodukte von dem in den Skandal verwickelten weltgrößten Hühnerfleischproduzenten BRD wurde zudem von Südkorea angekündigt.
Die Europäische Union zeigte sich noch abwartend, forderte von den brasilianischen Behörden aber schärfere Kontrollen und eine Garantie, kein verdorbenes Fleisch zu erhalten. Die Behörden müssten demnach sicherstellen, dass in den Skandal verstrickte Firmen kein Fleisch in die Europäische Union liefern, sagte ein Sprecher der EU-Kommission.
Den Firmen, die in den Skandal verwickelt seien, könne der Marktzugang zur EU verweigert werden. Medienberichten zufolge dürfen von den bisher 21 bekannten Kühlhäusern, denen Unregelmäßigkeiten vorgeworfen werden, vier Produkte nach Europa exportieren. In der Schweiz wurden Medienberichten zufolge Lieferungen dieser Betriebe in einer „vorsorglicher Maßnahme“ gesperrt.
Verweis auf strenge Kontrollen
Aus Sicht des deutschen Verbandes der Fleischwirtschaft (VdF) sei es aber ohnehin „höchst unwahrscheinlich, dass die Rindfleischimporte der EU von den aktuell aufgedeckten Straftaten in Brasilien betroffen sind oder waren“.
Den VdF-Angaben zufolge werden nur ganze Teilstücke geliefert und keine Fleischmischungen oder mit Zutaten verarbeitete Erzeugnisse. Wegen der Transportdauer würden die Lieferungen direkt am Produktionsort vakuumverpackt. Zudem würden Fleischimporte einer veterinären Einfuhruntersuchung unterzogen. Die Einfuhr von Schweinefleisch aus Brasilien sei in der EU schließlich ohnehin nicht zugelassen.
„Sehr wenige Betriebe“
Zuvor hatte sich die brasilianische Regierung um Schadensbegrenzung bemüht. Die Vorwürfe beträfen nur „sehr wenige Betriebe“, und die brasilianische Fleischindustrie stelle kein größeres Problem dar, sagte Präsident Michel Temer am Sonntag bei einem Krisentreffen. Von den insgesamt 4.837 Produktionsstätten stünden bisher nur 21 unter Verdacht, in illegale Praktiken verwickelt zu sein. Von diesen hätten aber lediglich sechs in den vergangenen 60 Tagen Fleisch exportiert, teilte die Regierung weiter mit.
In Sozialen Netzwerken veröffentlichte Temer schließlich auch Bilder, die ihm beim gemeinsamen Essen der landestypischen, als Churrasco bekannten Fleischspieße mit den Botschaftern von zentralen Absatzmärkten zeigt. Mit der Aktion wollte er diese von der Qualität brasilianischer Fleischprodukte überzeugen. Der Skandal habe zwar „große Besorgnis“ ausgelöst, gestand Temer in einer Ansprache vor den Diplomaten ein. Brasiliens Inspektionssystem sei aber „eines der respektiertesten“ der Welt, so Temer, der zudem sagte: „Ich möchte unser Vertrauen in die Qualität unserer Produkte betonen.“
Umfangreiche Ermittlungen
Die Affäre war am Freitag nach zweijährigen Ermittlungen der Polizei publik geworden. Die Bundespolizei war dem Skandal durch abgehörte Telefonate auf die Spur gekommen. Rund 1.100 Beamten waren schließlich an den landesweiten Ermittlungen beteiligt.
Dutzende Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden sollen den Vorwürfen zufolge bestochen worden sein, um den Verkauf von verdorbenem Fleisch zuzulassen. Mindestens 30 Menschen wurden bereits festgenommen, drei Betriebe mussten schließen.
Schwerwiegende Vorwürfe
Umfangreiche Details zu den verdorbenen Produkten gaben die Behörden bisher nicht heraus. Es sollen in einigen Fällen aber krebserregende Stoffe beigemischt worden sein, um den Geruch des verdorbenen Fleisches zu überdecken. Für Verunsicherung bei den Verbrauchern sorgten außerdem Berichte, dass einigen Hühnerfleischprodukten Karton beigemischt wurde.
Das wiederum wies der von den Ermittlungen betroffene Großkonzern BRF zurück. Es habe ein „Missverständnis“ bei den Audioaufnahmen der Polizei gegeben, erklärte der Konzern. BRF startete Werbeanzeigen, um auf seine ungefährlichen Produkte hinzuweisen. Auch das betroffene Unternehmen JBS schaltete Anzeigen.
Brasilien ist der weltgrößte Exporteur von Rind- und Geflügelfleisch und liefert pro Jahr Fleisch im Wert von umgerechnet rund 13 Milliarden Euro in 150 Länder. Zu den größten Abnehmern gehören Saudi-Arabien, China, Japan, Russland und Italien. Österreich hat „Kurier“-Angaben zufolge im Vorjahr um 17 Millionen Euro Fleisch in Brasilien gekauft. Mit zwölf Millionen entfiel der Großteil auf Rindfleisch, wie die Zeitung mit Verweis auf Angaben aus dem Fachverband der Lebensmittelindustrie weiter berichtet.
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