Schwere Gefechte diese Woche
An gleich zwei Fronten hat es in den vergangen Tagen in Libyen schwere Gefechte gegeben. Im Osten eroberte General Chalifa Haftar mit seiner Libyschen Nationalarmee (LNA) zwei Ölterminals von islamistischen Milizen zurück. Schwere Kämpfe gab es auch in der Hauptstadt zwischen Unterstützern von zwei der insgesamt drei rivalisierenden Regierungen des Landes.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Haftar, der die libysche Gegenregierung und das Parlament (HoC) im Osten des Landes unterstützt, kämpft seit Jahren gegen islamistische Verbände. Eigentlich hatte seine LNA bereits vor einigen Monaten die Kontrolle über die die vier für den libyschen Ölexport wichtigsten Terminals übernommen.
Coup der Islamisten
Anfang März musste Haftar jedoch eine schmerzliche Niederlage hinnehmen. Die islamistischen Verteidigungsbrigaden von Bengasi (BDB) eroberten in einer Kommandoaktion die Ölterminals Ras Lanuf mit seinem Flughafen und Hafen und al-Sidra. Der Coup wurde dabei von weiteren Milizen unterstützt, vermutet wurde, dass einige erfahrene Kämpfer der Misrata-Miliz dabei waren. Diese gilt neben der LNA als zweiter großer Militärblock in Libyen und schlug sich bisher eher auf die Seite gemäßigt islamistischer Gruppen. Gleichzeitig kämpften Misrata-Verbände aber auch in Sirte, um die Stadt von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu befreien.

Grafik: APA/ORF.at
Mächtige Mitwisser?
Die Kämpfe um die Ölterminals stehen aber wohl in größerem Zusammenhang, wie der Militäranalyst Wolfgang Pusztai in einer Analyse für die Website Middle East Eye sagte. Die islamistische Gegenregierung NSG in Tripolis von Chalifa Ghwail könnte die Finger im Spiel gehabt haben. Und Haftar vermutet gar, dass auch die international anerkannte Regierung (GNA) in die Pläne eingeweiht war. Der zuletzt angeschlagene Haftar wird nun wohl versuchen, weiter in Richtung Al-Dschufra-Oasen vorstoßt, „um die Flankenbedrohung dauerhaft zu bereinigen“, so Pusztai gegenüber ORF.at. Und das hätte Folgen: „Das würde mit Sicherheit die Misrata-Miliz voll auf den Plan rufen.“ Die Gegend liegt zwischen Misrata und für die Miliz wichtigen Ölfeldern im Süden.
Regierung gegen Regierung in Tripolis
Bei den Gefechten in Tripolis wurde am Donnerstag ein Waffenstillstand vereinbart. Die Gewalt hatte sich in großen Teilen der Stadt ausgebreitet und das öffentliche Leben lahmgelegt. Milizen der wiedererstarkten gemäßigt islamistischen Regierung (NSG) von Ghwail griffen Verbände an, die sich derzeit auf die Seite der offiziellen Regierung von Premier Fajis al-Sarradsch. Am Donnerstag wurde bekannt, dass Ghwail bei den Kämpfen verletzt wurde. Er sei aber nicht in Lebensgefahr, hieß es aus seinem Lager.

Reuters/Hani Amara
Schwere Schäden nach den Gefechten in Tripolis
Laut Pusztai hat sich die Lage in Tripolis seit dem letzten Frühjahr in praktisch jeder Hinsicht verschlechtert. Dieses Versagen der Regierung habe der NSG wieder Auftrieb gegeben. Allerdings sei den meisten Milizen die internationale Politik „herzlich“ egal, es gehe vor allem um eigene Interessen.
Gerüchte über Comeback von Gaddafi-Sohn
Für Verwirrung sorgte indes ein Bericht, wonach ausgerechnet Saif al-Islam Gaddafi, Sohn des langjährigen Machthabers Muammar, eine Rolle bei einer Einigung des Landes spielen könnte. Das Land sei so tief gespalten, dass das Gaddafi-Lager wieder Zulauf erhalte, sagte der Genfer Libyen-Experten Hasni Abidi der Zeitung „Tribune de Geneve“. Gaddafi sollte eigentlich in der Stadt Sintan im Gefängnis sitzen, allerdings halten sich hartnäckig Gerüchte, er lebe auf freiem Fuß. Für Pusztai ist ein politisches Comeback Gaddafis schwer vorzustellen: „Saif war mit seinem Bruder Muatasim Architekt des Kampfes von Gaddafi gegen die Revolution und somit für viele Kriegsverbrechen mitverantwortlich“, sagte er gegenüber ORF.at. Eigentlich sei er für fast alle Gruppierungen ein rotes Tuch.
Links: