Dandy und Designer
Raymond Loewy ist nicht nur einer der erfolgreichsten Industriedesigner des vergangenen Jahrhunderts gewesen, er hat ebenso als schillernde Persönlichkeit mit bemerkenswerter Überzeugungskraft gegolten. Stets tadellos gekleidet, mit viel Pomade im Haar und akkurat gestutztem Oberlippenbart eroberte er als dandyhaftes Gestaltungsgenie die großen US-Märkte.
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Der 1893 in Paris geborene Loewy hatte im Jahr 1919 die Zelte in Europa abgebrochen und war seinen beiden Brüdern gefolgt, die bereits zuvor in die USA emigriert waren. Sie wollten ihm einen Job bei General Electric vermitteln - Loewy war technisch sehr interessiert und hatte zuvor in Paris Ingenieurwissenschaften studiert.
Sein Vater, der Journalist Maximilian Löwy, war ein gebürtiger Wiener, dessen Großeltern aus dem ungarischen Teil der k. u. k. Monarchie stammten. Loewys Eltern starben im Jahr 1919 an der Grippe. Für den jungen Loewy, der sich im Ersten Weltkrieg Verdienste in der Ehrenlegion erwarb, hatte das Europa nach dem verheerenden Ersten Weltkrieg nur noch wenig zu bieten.
Von unten nach ganz oben
Die unglaubliche Karriere des Franzosen ist auch die Geschichte eines mittellosen Einwanderers, der mit ein paar Dollars in die USA eingereist war und sich von New York aus mit viel Fleiß, Talent und Willen zum Multimillionär hochgearbeitete - und der letztlich das Land und seine Kultur maßgeblich prägte. Loewy schlüpfte in die Rolle des geniehaften Dandys, der die Welt anders dachte und sie daran teilhaben ließ.
Loewy liebte die Inszenierung – nicht nur, was die Produkte, die er designte, betraf, sondern auch hinsichtlich seiner eigenen Person. Damit war er in den USA genau richtig. Bereits 1936, als Loewy sein erstes Autos für die US-Marke Studebaker designt hatte, ließ er einen kurzen Film produzieren, in dem er höchstpersönlich die Vorzüge des neuen Wagens fachkundig und mit konzentrierte Miene anpries.
Ein „aromatischer Mann“
Sein gepflegtes Äußeres wurde zur Marke. Gut sitzende Anzüge, der markante Oberlippenbart und nicht zuletzt Loewys Frisur waren die personifizierte Entsprechung seiner makellosen Designentwürfe für die Industrie. Ein Mann, der wusste, wie man Marken schafft und betreibt.
Und der Industriedesigner galt als olfaktorischer Erlebnis: Das „Life“-Magazine widmete Loewy im Jahr 1949 eine zwölfseitige Würdigung und bezeichnete ihn aufgrund seiner Neigung zu edlen Männerparfüms, Rasier- und Gesichtswässern als einen der „aromatischsten Männer der amerikanischen Nation“ - ein Sir und ein Gentleman der alten Schule.
Aktiv bis ins hohe Alter
Loewys im Jahr 1953 erschienene Autobiografie „Hässlichkeit verkauft sich schlecht“, die dies- und jenseits des Atlantiks zum Bestseller wurde, lieferte dementsprechend eitle Einblicke in das Schaffen des Industriedesigners mit dem Hang zu Perfektion und Kontrolle. Zu Spitzenzeiten beschäftigte Loewys Unternehmen um die 150 Mitarbeiter, um an Strategien und Entwürfen für diverse Markenprodukte zu feilen.
Der Industriedesigner war bis ins hohe Alter gestalterisch aktiv. Loewy starb im Jahr 1986 im 93. Lebensjahr in Monaco. Der Pionier, der es als erster Designer überhaupt auf das Cover des „Time“-Magazine geschafft hat, war zweimal verheiratet und Vater einer Tochter.
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Johannes Luxner, für ORF.at