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Opfer offenbar erschlagen

Die vier Mitglieder der seit Wochen nahe dem französischen Nantes vermissten Familie Troadec sind tot, ein Schwager des Familienvaters hat die Morde gestanden. Grund war laut Staatsanwalt ein alter Streit über eine Erbschaft. Die Tat war offenbar geplant, die Details sind schockierend.

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Als mutmaßlicher Mörder festgenommen wurde der 46-Jährige Schwager von Pascal Troadec, Hubert C. Dieser sei in den Abendstunden des 16. Februar - seit diesem Zeitpunkt hatte von den Troadecs jedes Lebenszeichen gefehlt - zu deren Haus in der Stadt Orvault nahe Nantes gekommen. Er habe das Haus ausspioniert, schilderte der leitende Staatsanwalt in dem Fall, Pierre Sennes, am späten Montagnachmittag in einer Pressekonferenz.

Staatsanwalt hält Details noch zurück

C. habe sogar mit einem Stethoskop an Fenstern und Türen gehorcht, um herauszufinden, was wo im Haus passierte und was gesprochen wurde. Danach habe er sich im Haus versteckt, sei aber später entdeckt worden. Es kam laut Sennes zu einer „Auseinandersetzung“, in deren Verlauf C. das Elternpaar tötete.

Pressekonferenz der Polizei

APA/AFP/Loic Venance

Der Polizeichef von Nantes, Gilles Soulie, und Staatsanwalt Pierre Sennes

Später ermordete er den Sohn und die Tochter der Familie, Sebastien und Charlotte. Tatwaffe soll ein vorerst nicht näher definierter „stumpfer Gegenstand“ gewesen sein. Weitere Details nannte Sennes nicht, da sie noch Gegenstand der Ermittlungen seien.

Streit um Goldmünzen aus Erbschaft

Grund für die Bluttat, die laut Polizei mit großer Brutalität ausgeführt wurde, war ein alter Erbschaftsstreit, wie auch der Staatsanwalt bestätigte. C. soll sich benachteiligt gefühlt haben, nach französischen Medienberichten ging es dabei um eine Sammlung unter anderem von Goldmünzen der Eltern von Pascal Troadec und dessen Schwester Lydie, der Frau des Mörders. Sie wurde vorerst ebenfalls in Polizeigewahrsam genommen.

Opfer zerstückelt und verbrannt

C. hatte die Tat bereits am Sonntag gestanden, die Behörden gingen mit der Nachricht allerdings erst am Montag an die Öffentlichkeit. Französische Medien berichteten, der Tatverdächtige habe seine Opfer zerstückelt, teilweise verbrannt, teilweise vergraben. Staatsanwalt Sennes bestätigte „Meldungen in gewissen Medien“ bei der Pressekonferenz nur zum Teil.

Zuvor sei C. am Tag nach den Morden, am 17. Februar, in das Haus der Troadecs zurückgekehrt, um Spuren zu beseitigen. Die Polizei hatte nach dem spurlosen Verschwinden der Familie dort Blutspuren gefunden, einige waren abgewaschen worden. Dann habe der mutmaßliche Täter die vier Leichen mit dem Auto des Sohnes der Familie weggebracht. Das Auto sei später ebenfalls gereinigt worden.

Die Polizei hatte zuerst vermutet, der - zu diesem Zeitpunkt noch vermisste - Sohn der Familie könnte etwas mit dem Verschwinden seiner Eltern und seiner Schwester zu tun haben. Grund der Annahme waren kolportierte Konflikte mit seinem Vater. Später waren auch C. und seine Ehefrau von den Ermittlern vernommen worden - aber vorerst ohne Ergebnis. Abermals auf die Spur des Mannes brachten die Polizei DNA-Spuren im Haus der Mordopfer.

Spuren verwischen statt „morbide Schnitzeljagd“

Noch am Wochenende war Sennes mit den Worten zitiert worden, der Fall könne praktisch alles sein, „ein Familiendrama, vielleicht ein Angriff eines Dritten, alle Hypothesen sind möglich“.

Im Haus der Familie in Orvault waren ein blutverschmiertes Handy und zahlreiche weitere Blutspuren entdeckt worden. Andere Mobiltelefone waren nicht mehr zu finden, die Ladekabel wurden zurückgelassen. Den Ermittlern hatte sich das Bild eines überhasteten Aufbruchs geboten: Wäsche war in der Waschmaschine, schmutziges Geschirr in der Küche.

Karte von Frankreich

Grafik: APA/OSM/ORF.at

Spuren führten die Ermittler sogar in das 270 Kilometer entfernte Dirinon

Der Sender Franceinfo stellte später sogar die Frage, ob es sich am Ende um eine Art „morbide Schnitzeljagd“ handeln könne - weil Beweisstücke verstreut in einem riesigen Umkreis gefunden wurden. Das machte den Fall umso mysteriöser.

Fall blieb lange mysteriös

Dann fand eine Joggerin eine Hose mit der Krankenkassenkarte der 18-jährigen Tochter - in der rund 270 Kilometer vom Haus der Familie entfernten bretonischen Gemeinde Dirinon, von wo die Troadecs stammten. In der Gegend wurde später auch eine Kreditkarte der Familie gefunden, das Auto von Sohn Sebastien stand geparkt in der Hafenstadt Saint-Nazaire - rund 60 Kilometer westlich von Orvault.

Der Fall erinnerte bis zuletzt an eine Bluttat im Jahr 2011: Ebenfalls nahe Nantes wurden damals eine Mutter und ihre vier Kinder ermordet. Von dem Familienvater, der als Hauptverdächtiger gilt, fehlt bis heute jede Spur. Die Leichen der Toten wurden erst zwei Wochen nach der Tat unter der Terrasse ihres Hauses - gerade drei Kilometer vom Wohnhaus der Troadecs - verscharrt gefunden. Noch dazu ging einer der damals ermordeten Söhne in dieselbe Schule wie Sebastien Troadec.

Mit der Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft zerschlugen sich am Montag dann aber sämtliche Spekulationen über mysteriöse Zusammenhänge. Lydie C. droht eine Anklage, weil sie beim Beseitigen der Leichen geholfen haben soll, ihrem Ehemann Hubert eine lebenslange Haftstrafe wegen vierfachen Mordes.

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