Sommerresidenz und Foltergefängnis
Der Leuchtturm der Sommerresidenz des faschistischen Diktators Benito Mussolini unweit seines Geburtsortes Predappio in Norditalien soll wieder in Betrieb genommen werden. Die Behörden der Provinz Forli, zu der die Gemeinde Predappio gehört, wollen den Leuchtturm wieder einschalten, um Touristen in die Gegend zu locken.
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Die Festung Rocca delle Caminate in der Gemeinde Meldola diente während des faschistischen Regimes von 1922 bis 1943 als Mussolinis Sommerresidenz. Während der „Italienischen Sozialrepublik“ („Republik von Salo“) von 1943 bis 1945 war sie auch Schauplatz von Folterungen und Morden an Partisanen. Heute steht das Schloss im Besitz der Provinz Forli.
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Public Domain
Die Rocca delle Caminate in den 20ern: Auf dem Dach des Turms befindet sich der Leuchtturm
In grün-weiß-roten Farben strahlte der Leuchtturm, wenn sich der „Duce“ in der Festung aufhielt. Die Strahlen waren in einer Entfernung von bis zu 60 Kilometern zu sehen. „Die Strahlen des Leuchtturms werden von Imola bis Rimini sichtbar sein und viele Touristen in unsere Gegend locken. Wir wollen auch ein Restaurant im Leuchtturm einrichten“, zitierte die Tageszeitung „La Stampa“ am Freitag den Bürgermeister Meldolas, Gianluca Zattini.
Faschismusgegner empört
Seine Initiative löste heftige Diskussionen aus. Die Gefahr sei, dass der Leuchtturm zum Pilgerort faschistischer Nostalgiker aufrücke. Partisanenverbände und die jüdische Gemeinde in Italien schlugen gegen die Inbetriebnahme des Turmes Alarm. In der Festung seien Faschismusgegner gefoltert und getötet worden. „In Predappio wird die faschistische Vergangenheit mit Fahnen, Mitbringseln und Reliquien verherrlicht. Die Inbetriebnahme des Leuchtturms würde die Lage nur noch verschlimmern“, sagte der Rabbi von Ferrara, Luciano Carra.
Der Mitte-links-Parlamentarier Giuseppe Berretta reichte bei Innenminister Marco Minniti eine Anfrage zum Thema Leuchtturm ein. Der Minister solle prüfen, ob die Initiative der Provinz nicht als Verherrlichung des Faschismus betrachtet werden könnte, was vom italienischen Strafgesetz geahndet wird, zitierte die Tageszeitung „Repubblica“ den Antrag.
Jährlich 40.000 faschistische Nostalgiker
Dem widersprach der PD-Politiker Marco di Maio in Forli und bezeichnete den Verdacht als „lächerlich“. Vielmehr gehe es um die „Aufwertung des außergewöhnlichen Ortes“, so Di Maio. Auch der Bürgermeister Mendolas wies die Vorwürfe zurück. Das Schloss von Mendola sei ein außerordentlicher Ort historischer Relevanz mit einer tausendjährigen Geschichte. „Wir wollen das Schloss touristisch verwerten. Nur ein kleiner Teil der Touristen, die heute das Schloss besuchen, sind faschistische Nostalgiker“, sagte der Präsident der Provinz Forli, Davide Drei.
Laut inoffiziellen Schätzungen pilgern jährlich 40.000 faschistische Nostalgiker nach Predappio und Umgebung. In vielen Geschäften in der Region werden Büsten des einstigen Machthabers, T-Shirts, Krawatten, Poster und Fahnen mit Mussolinis Antlitz angeboten. Auch Gläser und Teller mit Slogans des faschistischen Regimes sind zu kaufen. Im Angebot sind auch Weinflaschen mit Etiketten, auf denen der „Duce“ abgebildet ist.
Friedhof als Anziehungspunkt
Besonders stark besucht ist der Friedhof in Predappio mit der Gruft, in dem sich die sterblichen Überreste Mussolinis befinden. In dem Ort war Mussolini 1883 als Sohn eines Schmiedes auch zur Welt gekommen. Mussolini hatte 1922 in Italien die Macht übernommen und war 1940 an der Seite Deutschlands in den Zweiten Weltkrieg eingetreten.
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Lovio unter cc-by-sa 3.0
Mussolinis Gruft in Predappio
Nach der Landung der Alliierten auf Sizilien wurde er 1943 abgesetzt und festgenommen, anschließend von einem SS-Kommando befreit und als Führer einer von den deutschen Besatzern kontrollierten Marionettenregierung der „Republik von Salo“ eingesetzt. Am 28. April 1945 wurde er von Partisanen erschossen.
Seine Leiche und die einiger anderer wurden anschließend in Mailand kopfüber am Dach einer Tankstelle aufgehängt. Dabei kam es zu Übergriffen auf die Leichen. Am 1. September 1957 wurde Mussolini im Beisein seiner Witwe Rachele Mussolini in der Familiengruft in Predappio unter dem Liktorenbündel, dem Symbol seiner Macht und des Faschismus, beigesetzt.
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