Autoreifen könnten teurer werden
Kautschuk - der Rohstoff für Gummi - hat in seiner Geschichte schon viele Höhenflüge und Abstürze erlebt. Momentan herrscht um den Milchsaft des Gummibaumes ein regelrechter Boom. Chinesische Investoren kaufen den Rohstoff in großen Mengen auf und sorgen damit für den schnellsten Preisanstieg seit 25 Jahren.
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Auf den weltweiten Rohstoffmärkten herrscht Aufregung. Seit einigen Wochen steigt der Preis für Kautschuk rasant an und erreichte vor einer Woche an der Tokioter Rohstoffbörse (TOCOM) den höchsten Wert seit fünf Jahren. Um satte 26 Prozent gingen die Preise in die Höhe - das ist der höchste Monatssprung seit den 1990er Jahren.
Aufstieg und Fall der Kautschukindustrie
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird aus dem Saft des Kautschukbaumes durch Vulkanisation Gummi hergestellt. Rasch wurde das elastische Material zu einem der wichtigsten Werkstoffe, bescherte der Amazonasregion bis 1910 einen Kautschukboom und machte die Städte Manaus und Belem zu den damals reichsten Regionen Brasiliens. Doch ein Pilz bereitete den Träumen vor allem großer Autohersteller wie Ford, die den Gummi für ihre Reifenproduktion brauchten, rasch ein Ende.

Reuters/Thierry Gouegnon
An „Wunden“ an der Rinde tritt der Saft aus und wird aufgefangen
Der Kautschukbedarf wurde Anfang der Jahrhundertwende von asiatischen und afrikanischen Ländern gedeckt und der Preis fiel. Der Erste Weltkrieg sorgte zwar kurzfristig für einen Aufschwung, doch war dieser nicht von Dauer. Vor allem weil während des Zweiten Weltkrieges ein Verfahren zur Herstellung von synthetischem Kautschuk entwickelt wurde. Heute ist der Preis für Kautschuk eng an die Wirtschaftsentwicklung geknüpft. Die schlechten Wirtschaftsdaten der letzten Jahre gepaart mit guten Ernten sorgten bis 2014 für fallende Preise.
Mehr Autos bedeuten auch mehr Reifen
Die Ansagen des neuen US-Präsidenten Donald Trump, der unter dem Schlagwort „America First“ die Wirtschaft seines Landes wieder ankurbeln will, blieb an den Börsen nicht ungehört. Denn ein Wirtschaftsaufschwung ist in den USA gleichbedeutend mit einer Ankurbelung der Autokäufe - und damit auch der Nachfrage nach Reifen.

Reuters/Toru Hanai
Der Reifenmarkt profitiert von guten Wirtschaftsdaten
Zudem machen jüngste Ankündigungen aus China, künftig vermehrt auf kleine, ökologische Autos zu setzen, auch Reifenherstellern aus dem asiatischen Raum Hoffnung auf Umsatzzuwächse. Zudem legte Peking strengere Regeln für das maximale Beförderungsgewicht für Lkws fest, was wiederum zu einem erhöhten Bedarf an Lastwagen - damit an Reifen - führt.
Plantagen in Thailand zerstört
Gleichzeitig sorgte der regenreiche Winter in Thailand für Produktionsausfälle. Thailand ist mit Abstand der größte Naturkautschukhersteller vor Indonesien und Malaysia. Der Präsident des thailändischen Kautschukverbandes, Uthai Sonlucksub erklärte Anfang Jänner, dass die schweren Überschwemmungen im Süden des Landes sich deutlich auf die Produktion auswirken werden. Schätzungen zufolge dürfte die Kautschukproduktion im heurigen Jahr um 7,6 Prozent einbrechen, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.

Reuters/Surapan Boonthanom
Mitte Jänner stand diese Plantage in Südthailand unter Wasser
Auch wenn die Kautschukexporteure versichern, die Lagerhallen seien noch gut gefüllt, bleibt die Angst, dass die kommenden trockenen Monate weiteren Schaden an den Bäumen verursachen könnten. „Die Preise werden noch bis März, April auf einem hohen Niveau verharren“, schätzt der japanische Kautschukgroßhändler Shinichi Kato.
Bridgestone überlegt Preiserhöhung
Die hohen Preise haben aber auch Bauern in anderen asiatischen Ländern auf den Plan gerufen. So dürfte die Kautschuk-Produktion in Indien in der Saison 2017/18 um 15 Prozent steigen und damit ein neues Vierjahreshoch erreichen. Wegen der steigenden Preise würden Bauern nun auch seit Jahren brachliegende Plantagen wieder bewirtschaften, berichtet Reuters.
Während sich Bauern und Händler über den unerwarteten Kautschuk-Boom freuen, sind die Preiserhöhungen für Reifenhersteller angesichts der engen Margen alles andere als erfreulich. So hat unter anderem der weltgrößte Reifenproduzent Bridgestone bereits angekündigt, steigende Preise an die Konsumenten weiterzugeben. „Es ist unser Grundsatz, die Reifen teurer zu machen, wenn es die Rohstoffpreise erfordern. Die Entscheidung wird jedoch von den Marktbedingungen und der Reaktion der Konkurrenz gefällt“, erklärte Bridgestone-Sprecher Fusamaro Iijima. Der Rivale Michelin hob die Preise für seine Autoreifen in Europa bereits um acht Prozent an.
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