23 Manager und Techniker verurteilt
Lange haben die Angehörigen der 32 Todesopfer auf das Ende des Prozesses um das verheerenden Zugsunglück im italienischen Viareggio in der Nacht vom 29. auf den 30. Juni 2009 warten müssen. Am Dienstag wurden nun die Urteile verlautbart. Zwei österreichische Manager erhielten jeweils neun Jahre Haft.
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Mehr als sieben Jahre nach der Explosion eines mit Flüssiggas befüllten Tankwaggons in der toskanischen Küstenstadt Viareggio wurden am Dienstag die ersten Urteile gesprochen. Unter anderem erhielt der ehemalige Chef der italienischen Bahn und heutige Vorstand des Technologie- und Rüstungskonzerns Leonardo Finmeccanica, Mauro Moretti, sieben Jahre Gefängnis.

Reuters/Max Rossi
Ex-Bahnchef Mauro Moretti wurde zu sieben Jahren Haft verurteilt
Die Detonation und der anschließende Großbrand hatten im Zentrum der Stadt schwere Verwüstungen angerichtet. Rund 1.000 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Es war das schwerste Zugsunglück in Italien seit mehr als 20 Jahren.
Wiener Firma muss 480.000 Euro zahlen
Unter den Verurteilten waren auch zwei österreichische Manager der in Wien ansässigen Firma GATX Rail Austria GmbH, die Eigentümerin des entgleisten und explodierten Kesselwaggons. Einer der verurteilten Österreicher war der Chef des Unternehmens. Die Staatsanwälte hatten zehn Jahre Haft für ihn beantragt. Für den zweiten Manager der Firma, ebenfalls ein Österreicher, hatte die Staatsanwaltschaft acht Jahre und drei Monate beantragt. Aber auch er erhielt neun Jahre. Auch sechs Deutsche wurden zu Haftstrafen verurteilt. Zudem muss die GATX Rail Austria GmbH 480.000 Euro zahlen.
Der Güterzug in Viareggio bestand aus 14 Druckgaskesselwaggons, die im Eigentum der GATX Rail Austria GmbH und ihrer Tochterunternehmen standen. Die Staatsanwälte behaupten, dass in einem der Radsätze ein Riss vorhanden war, der zum Zeitpunkt der letzten Inspektion durch GATX hätte erkannt werden müssen. Da er aber vermutlich übersehen worden sei, habe der Riss die Entgleisung und das Bersten des Tanks verursacht. GATX wies jedoch darauf hin, dass der Tank mit hoher Wahrscheinlichkeit durch eine senkrecht im Boden verankerte Stahltraverse aufgerissen wurde, die in den Verantwortungsbereich der italienischen Staatsbahn fällt.

Reuters/Corpo Nazionale dei Vigili del Fuoco
Der ausgebrannte Kesselwaggon
GATX kündigt Berufung an
Das Unternehmen kündigte am Dienstag an, gegen das Urteil zu berufen. GATX wolle alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um das Urteil anzufechten, hieß es in einer Stellungnahme. „Wir sind überzeugt, dass die Beweislage der Entscheidung des Gerichtes widerspricht und im Gegenteil klar zeigt, dass unsere Mitarbeiter immer korrekt, sorgfältig und gemäß den höchsten beruflichen Standards gehandelt haben“, hieß es im Statement von GATX.

APA/AFP/Claudio Giovannini
Angehörige mit Bildern der Opfer
145 Anhörungen
In dem langjährigen Verfahren mit 145 Anhörungen wurde auch der amtierende Bahnchef Mario Michele Elia zu sieben Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Weitere Haftstrafen wurden über Techniker und Manager der GATX Rail Deutschland sowie der deutschen Firma Jugenthal Waggon Hannover verhängt, die für die Wartung des entgleisten Kesselwaggons zuständig war.
Die Angeklagten mussten sich unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und Auslösen einer Brandkatastrophe verantworten. Einigen von ihnen wird auch vorgeworfen, Sicherheitsvorschriften verletzt zu haben. Acht der insgesamt 32 Angeklagten wurden freigesprochen.
32 leere Sessel im Gerichtssaal
Noch sind die Urteile nicht rechtskräftig. Die Verurteilten können in Berufung gehen. Laut italienischen Medien werden sie ihre Strafe möglicherweise nicht antreten. Denn die Revisionsverfahren könnten sich so lange hinziehen, bis die Haftstrafen verjährt sind. Mehrere Angehörige brachen bei der Verlesung des Urteils in Tränen aus. Sie hatten am Dienstagvormittag im Gerichtssaal 32 Sessel aufgestellt, auf denen sich T-Shirts mit den Porträts der Todesopfer befanden.
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