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Hoffen auf Entgegenkommen Kanadas

Die Initiatoren des Volksbegehrens gegen Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA hoffen nach den 562.000 Unterschriften für ihr Begehr auf die Ablehnung des Freihandelsabkommens CETA zwischen EU und Kanada im österreichischen Parlament. Es müssten noch „Giftzähne“ gezogen werden, auch wenn dafür das Abkommen aufgeschnürt werden müsse, sagte Thomas Kattnig von der Gewerkschaft younion Ende Jänner.

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Die Schiedsgerichtsbarkeit müsse gestrichen werden, weil sie Großkonzernen Privilegien einräume, die normale Bürger nicht haben, so Kattnig. Auch die neue Fassung mit professionellen Richtern reiche nicht. Außerdem müssten öffentliche Dienstleistungen wie Wasserversorgung ausdrücklich ausgenommen und europäische Standards bei Arbeitnehmerschutz und Umwelt garantiert werden. „Insgesamt wollen wir, dass der Welthandel auf neue Beine gestellt wird“, sagte Kattnig.

CETA-Neuverhandlungen „kein Problem“

Solche Änderungen würden am Ende auf eine Neuverhandlung des Abkommens hinauslaufen, das sei aber kein Problem, sagte Kattnig. Aus seiner Sicht müsste man zwar nur einige wenige strittige Punkte ändern, das würde aber klarerweise auf der Gegenseite neue Begehrlichkeiten wecken. Kattnig sieht in Kanada etwa bei den Gewerkschaften Unterstützung für seine Position, und auch der kanadische Premier Justin Trudeau sei „eine sehr positive Persönlichkeit“ und für Gespräche offen.

Die Initiatoren seien von den 562.552 Unterschriften „überwältigt“, so Herbert Thumpser, Bürgermeister von Traisen und SPÖ-Landtagsabgeordneter in Niederösterreich, einer der Initiatoren. Er sei „ein sehr glücklicher Mensch“, sagte er Ende Jänner. Thumpser verwies darauf, dass das Kampagnenbudget nur 10.000 Euro betragen habe, es sei gewaltig, was mit so wenig Geld bewegt werden könne. Für den Nationalrat sei der Auftrag daraus „CETA ablehnen“, so Thumpser. Auch TTIP sei noch nicht vom Tisch, denn weder gebe es von EU-Seite eine offizielle Stellungnahme, dass TTIP nicht mehr weiterverfolgt wird, noch wisse man heute, was US-Präsident Donald Trump wirklich will.

„Klares Signal“ gegen Aushöhlung der Demokratie

Die Unterschrift von mehr als einer halben Million Menschen sei ein klares Signal, dass diese Menschen nicht wollen, dass mit solchen Freihandelsabkommen „die Demokratie ausgehöhlt wird“, sagte Alexandra Strickner von der globalisierungskritischen NGO ATTAC. An das österreichische Parlament sei es der Auftrag, CETA abzulehnen und der EU die Mandate für TTIP und TiSA zu entziehen.

Ziel müsse ein gerechter Welthandel sein, keineswegs eine Abschottung, sagte Strickner. Aber der Welthandel müsse Mensch und Umwelt ins Zentrum stellen. Die Schiedsgerichte könnten die Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens infrage stellen, so Hanna Simons von Greenpeace. Die Initiative Bauern und Bäuerinnen gegen TTIP verwies auf die Sorge, dass die bäuerliche Landwirtschaft durch Konkurrenz aus Kanada mit dortigen Großbetrieben einen „Todesstoß“ erfahren würde.

Unterstützung von unterschiedlichsten Seiten

Abgesehen von mehreren Bürgermeistern aus Niederösterreich wurden younion, ATTAC, Global 2000, „KMU gegen TTIP“, Junge Generation Wien, Katholische ArbeitnehmerInnen Bewegung, Bauern und Bäuerinnen gegen TTIP und Greenpeace als Unterstützer geführt. Auch das Handelsunternehmen Spar hatte das Volksbegehren unterstützt. Das Volksbegehren wendet sich gegen das Freihandelsabkommen EU und Kanada (CETA), EU und USA (TTIP) sowie EU und 23 Staaten zum Thema Dienstleistungen (TiSA).

Das Volksbegehren hatte folgenden Wortlaut: „Der Nationalrat möge ein Bundesverfassungsgesetz beschließen, das österreichischen Organen untersagt, die Handelsabkommen mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) oder das plurilaterale Dienstleistungsabkommen (TiSA) zu unterzeichnen, zu genehmigen oder abzuschließen.“ Ab 100.000 Unterschriften sind Inhalte von Volksbegehren im Nationalrat zu behandeln.

Großteil zu innerösterreichischen Themen

Der Großteil der Volksbegehren betraf rein innerösterreichische Themen - aber immerhin sechs versuchten, den EWR- bzw. EU-Beitritt Österreichs oder den Euro zu verhindern bzw. den Austritt zu erreichen. Ebenfalls sechs Initiativen gab es zum Thema Atomstrom. Die Handelsabkommen TTIP/CETA waren bisher noch nicht Gegenstand eines österreichweiten Volksbegehrens.

Das bisher letzte Volksbegehren landete mit 4,12 Prozent (261.056 Unterschriften) im Mittelfeld auf Rang 23. EU-Gegner rund um Inge Rauscher wollten damit 2015 über eine Volksabstimmung den EU-Austritt erreichen - was ihnen freilich, trotz Behandlung im Parlament, nicht gelang.

Grafik zu Volksbegehren in Österreich

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/BMI

Auch das bisher erfolgreichste Volksbegehren erreichte sein Ziel allerdings nicht: 1982 unterzeichneten zwar fast 25,74 Prozent der damals Wahlberechtigten - das waren 1,4 Millionen - das von der ÖVP initiierte Begehren gegen das Wiener Konferenzzentrum, gebaut wurde es trotzdem. Auch die Fristenlösung gilt bis heute, obwohl deren Gegner 1975 fast 900.000 Österreicher (17,93 Prozent) mobilisieren konnten - und damit auf Rang drei kamen. Mehr Wirkung zeigte die zweiterfolgreichste Initiative, das 1997 von 1,2 Mio. (21,23 Prozent) unterschriebene Anti-Gentechnik-Volksbegehren.

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