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Reisende in New York festgesetzt

Die neuen US-Einreiseverbote für Bürger von sieben Staaten des Nahen Ostens und Afrikas zeigen erste Wirkungen. Wie am Samstag aus Flughafenkreisen in Kairo verlautet wurde, wurden fünf Iraker und ein Jemenit daran gehindert, eine EgyptAir-Maschine nach New York zu besteigen. Die Passagiere, die in Kairo umsteigen wollten, wurden gestoppt und auf Flüge in ihre Heimatstaaten umgeleitet.

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„Als ein Beamter am John-F.-Kennedy-Flughafen über ihren Status unterrichtet wurde, erließ er eine Anordnung, diese von der Einreise abzuhalten“, hieß es. Dabei habe es keine Rolle gespielt, dass die sechs gültige Visa gehabt hätten und von einem Mitarbeiter des Flüchtlingshilfswerkes der Vereinten Nationen (UNHCR) begleitet wurden.

„Ruft Mr. Trump an“

Auch wurden offenbar erste Flüchtlinge auf US-Flughäfen gestoppt und in Gewahrsam genommen. Wie die „New York Times“ („NYT“) am Samstag berichtete, zählen dazu zwei Iraker, die auf dem John F. Kennedy Airport festgehalten wurden. Anwälte dieser beiden Männer hätten inzwischen bei einem Gericht in der Stadt einen Antrag auf sofortige Freilassung gestellt - später reichten die beiden Betroffenen Klage gegen Trump und das Heimatschutzministerium ein.

Laut Angaben hat einer der Festgehaltenen, Hamid Chalid Darwisch, in der Vergangenheit zehn Jahre lang im Irak für die US-Regierung gearbeitet. Der zweite, Haider Samir Abdulchalek Alschawi, sei in die USA geflogen, um bei seiner Frau und seinem Sohn zu sein. Die Ehefrau habe für eine US-Vertragsfirma gearbeitet. Die Anwälte hätten nach eigenen Angaben nicht mit ihren Klienten zusammentreffen dürfen. Einer der US-Grenzbeamten auf dem Flughafen habe gesagt: „Ruft Mr. Trump an.“

KLM verweigert sieben Passagieren Flug in die USA

Auch die niederländische Fluggesellschaft KLM verweigerte sieben Fluggästen die Reise in die USA. „Wir hätten sie gerne mitgenommen, aber es ist sinnlos“, sagte ein KLM-Sprecher der Nachrichtenagentur ANP. „Nach der Landung werden sie nicht reingelassen.“ Es handelte sich um zwei Passagiere, die von Amsterdam aus fliegen wollten, sowie fünf andere, deren Flug an anderen Orten beginnen sollte. Alle hatten gültige Visa. Die Fluggesellschaft habe die Rückreisekosten jener Passagiere übernommen, die bereits eine Teilstrecke zurückgelegt hatten.

Einreiseverbot auch für Green-Card-Besitzer

Der US-Präsident hatte am Freitag die Einreise aller Flüchtlinge in die USA für vorerst 120 Tage verboten. Flüchtlinge aus Syrien bleiben auf unbestimmte Zeit ausgesperrt. Für Menschen aus sechs weiteren mehrheitlich muslimischen Ländern (Irak, Iran, Jemen, Libyen, Somalia, Sudan) hat Trump für mindestens 90 Tage die Grenze geschlossen. Das Dekret trat sofort in Kraft.

Das US-Heimatschutzministerium betonte, dass die Maßnahme auch für Inhaber der Green Card (US-Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung) gelte, sofern sie aus einem der betroffenen Länder kommen. Grundsätzlich haben Inhaber einer Green Card das Recht, in den USA zu leben und zu arbeiten. Dieser rechtliche Status ist auch eine Etappe auf dem Weg zur Staatsbürgerschaft.

Die neue US-Regierung begründete den Erlass mit dem Kampf gegen den Terrorismus: „Das ist ein großes Ding“, sagte Trump nach der Unterzeichnung des Dekrets mit dem Titel „Schutz der Nation vor der Einreise ausländischer Terroristen in die Vereinigten Staaten“ im Pentagon. Er schaffe damit neue „Kontrollmechanismen“, um „radikale islamische Terroristen“ von den USA fernzuhalten.

Außenministerium musste Visa stornieren

Die Verschärfung der US-Einreisebedingungen hat auch Auswirkungen für religiöse Minderheiten im Iran. So hätten 300 Visa unter anderem für dortige Christen und Juden storniert werden müssen, sagte der Sprecher des österreichischen Außenministeriums, Thomas Schnöll. Österreich war bisher im Auftrag der USA für Visa für diese Gruppe zuständig. Mit dem Visum reisten die Menschen zuerst nach Österreich und dann in ihre neue US-Heimat.

Bei dem diplomatischen Verfahren hatten die USA, die selbst keine Botschaft im Iran haben, an Österreich die Namen derer übermittelt, die in den USA Zuflucht erhalten sollten. Daraufhin hatte die österreichische Botschaft in Teheran die Visa ausgestellt, die einen bis zu sechsmonatigen Aufenthalt im Land ermöglichen. In dieser Zeit sollen die Menschen auf ihre Weiterreise in die USA vorbereitet werden. Ein Sprecher des Innenministeriums schätzte, dass aktuell etwa 30 Betroffene in Österreich leben, die um ihre Weiterreise bangen müssen.

Der Iran will einerseits vorerst keine US-Bürger mehr ins Land lassen. Teheran werde als Reaktion auf die „beleidigende Entscheidung der USA“ das Prinzip der Gegenseitigkeit walten lassen, bis die Maßnahme wieder aufgehoben werde, erklärte das iranische Außenministerium am Samstag. Trumps Erlass verstoße gegen internationales Recht, wurde seitens des Ministeriums betont.

UNO fordert Fortsetzung des Aufnahmeprogramms

Die Vereinten Nationen forderten Trump auf, die Tradition seines Landes bei der Aufnahme von Flüchtlingen und Migranten fortzuführen. In einer gemeinsamen Erklärung des UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) vom Samstag heißt es, das Flüchtlingsprogramm der USA sei „eines der wichtigsten weltweit“.

IOM und UNHCR hofften, dass die Vereinigten Staaten weiterhin ihre „starke Führungsrolle“ einnehmen und ihre „lange Tradition“ fortsetzen würden, Menschen zu schützen, die vor Konflikten und Verfolgungen fliehen. Die beiden Organisationen äußerten zudem ihre „feste Überzeugung“, dass Flüchtlinge gleich behandelt werden müssten - „unabhängig von ihrer Religion, Nationalität oder Rasse“.

Beifall aus Prag, Kritik aus Luxemburg

Der tschechische Staatschef Milos Zeman begrüßte die neuen Abschottungsmaßnahmen. „Trump schützt sein Land, er sorgt sich um die Sicherheit seines Landes“, schrieb Zemans Sprecher am Samstag via Kurznachrichtendienst Twitter. Auch in Tschechien habe die Sicherheit der eigenen Bürger Vorrang. „Jetzt haben wir Verbündete in den USA“, fügte der Sprecher hinzu. Zeman hatte Trump im vergangenen Jahr im US-Präsidentschaftswahlkampf unterstützt. Er ist seit Langem ein Kritiker der Einwanderung aus muslimischen Ländern.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn übte unterdessen scharfe Kritik. „Die muslimische Welt wird damit vom amerikanischen Präsidenten in Gut und Böse eingeteilt“, sagte Asselborn dem deutschen „Tagesspiegel am Sonntag“. „Die Entscheidung ist auch schlecht für Europa, weil sie in der muslimischen Welt den Argwohn und den Hass gegenüber dem Westen noch verstärken wird.“

Google ruft Mitarbeiter aus dem Ausland zurück

Als Reaktion rief Google seine Mitarbeiter aus dem Ausland zurück. „Es ist schmerzlich zu sehen, wie sich diese Anordnung persönlich auf unsere Kollegen auswirkt“, schrieb Google-Chef Sundar Pichai am Freitag (Ortszeit) in einer Nachricht an seine Mitarbeiter, aus der die Nachrichtenagentur Bloomberg zitierte. „Wir haben unsere Position zu Einwanderungsfragen immer öffentlich bekannt gemacht und werden das auch weiterhin tun“, heißt es darin weiter.

Die Aufforderung, vor dem Inkrafttreten der Anordnung in die USA zurückzukehren, betrifft demnach mehr als 100 Google-Mitarbeiter, die sich derzeit beruflich oder privat im Ausland aufhalten und aus muslimischen Ländern stammen. „Wir sind besorgt über die Auswirkungen dieser Anordnung und über alle Vorschläge, die Einschränkungen für Google-Mitarbeiter und ihre Familien mit sich bringen könnten, oder die Schranken aufbauen, die große Talente an der Einreise in die USA hindern könnten“, sagte eine Google-Sprecherin später in einer Stellungnahme.

Zuckerberg: „Nation von Einwanderern“

Auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg kritisierte Trump. „Die Vereinigten Staaten sind eine Nation von Einwanderern, und wir sollten stolz darauf sein“, schrieb Zuckerberg am Freitag auf seiner Facebook-Seite. Darin verwies er auch auf die Herkunft seiner Urgroßeltern, die aus Deutschland, Österreich und Polen gekommen seien. Die Eltern seiner Frau Priscilla seien als Flüchtlinge aus China und Vietnam in die USA gekommen. Die Erlasse zur Einwanderung beunruhigten ihn, schrieb Zuckerberg - „wie viele von euch“.

Zuckerberg rief zudem dazu auf, für Flüchtlinge und Hilfsbedürftige die „Türen offen“ zu lassen. Einige seiner besten Schüler seien Kinder illegaler Einwanderer ohne Papiere gewesen, als er vor einigen Jahren an einer örtlichen Schule Unterricht gegeben habe. „Auch sie sind unsere Zukunft“, erklärte der 32-Jährige.

US-Bürgerrechtsgruppen reichen Klage ein

Mehrere US-Bürgerrechtsgruppen reichten inzwischen Klage ein. Das Vorgehen der mächtigen US-Bürgerrechtsorganisation ACLU sowie weiterer Gruppen richtet sich gegen Trump selbst sowie gegen das Heimatschutzministerium und wurde am Samstag vor einem Bundesgericht in New York eingereicht.

Konkret fordern die Kläger unter anderem die Freilassung der beiden Iraker, die in New York auf dem Flughafen festgenommen worden waren. Sie beantragten auch, dass die Klage als Sammelklage behandelt wird, damit sie weitere von der Anordnung betroffene Reisende und Flüchtlinge vertreten können.

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