Gambias abgewählter Präsident verhängt Ausnahmezustand
Einen Tag vor Ablauf seiner Amtszeit hat Gambias abgewählter Präsident Yahya Jammeh den Ausnahmezustand über das Land verhängt. Zur Begründung gab er gestern im Staatsfernsehen eine „beispiellose und außergewöhnliche ausländische Einmischung“ in die Wahl vom 1. Dezember an. Die US-Regierung forderte Jammeh zu einer „friedliche Amtsübergabe“ auf.
Jammeh, dessen Mandat heute endet, beklagte im Staatsfernsehen zudem eine „ungerechtfertigte feindliche Stimmung, die die Souveränität, den Frieden und die Stabilität des Landes bedroht“. Der Ausnahmezustand dauert sieben Tage, wenn er einseitig vom Präsidenten verhängt wird. Falls er vom Parlament bestätigt wird, kann er bis zu 90 Tage dauern.
Wahlergebnis angefochten
Bei der Wahl hatte Jammeh gegen den Oppositionellen Adama Barrow verloren und das auch zunächst anerkannt. Eine Woche später verlangte er aber plötzlich eine Wiederholung der Wahl und reichte beim Obersten Gerichtshof eine Klage gegen das Wahlergebnis ein.
Jammeh regiert das kleine westafrikanische Land seit 22 Jahren autokratisch. Er hatte sich 1994 an die Macht geputscht und wurde seitdem stets wiedergewählt. Mit Barrow hatte die Opposition erstmals einen gemeinsamen Kandidaten aufgestellt.
US-Außenamtssprecher John Kirby forderte Jammeh auf, „mögliches Chaos“ zu vermeiden. Jammeh drohe die Gelegenheit zu verpassen, den erklärten Willen des gambischen Volkes zu respektieren und eine friedliche Machtübergabe zu ermöglichen. Noch könne er „erhobenen Hauptes“ sein Amt verlassen und politisches Chaos im Land vermeiden.
Nigeria verlegt Militär
Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) hatte jüngst mehrfach gewarnt, Jammeh könne als letztes Mittel Gewalt anwenden, um sich an der Macht zu halten. Barrow hält sich seit Sonntag auf Wunsch der ECOWAS in Erwartung seiner Amtseinführung im Senegal auf. Die Regionalmacht Nigeria bereitete die Verlegung von Militär, darunter Piloten und Techniker, nach Dakar vor. Die Verlegung stehe in Zusammenhang mit „den aktuellen Ereignissen in Gambia“, hieß aus nigerianischen Generalstabskreisen.
Nichtregierungsorganisationen werfen der Regierung unter Jammeh schwere Menschenrechtsverletzungen vor, darunter willkürliche Inhaftierung und die Einschüchterung von Journalisten. Sowohl die UNO als auch die ECOWAS-Staatschefs hatten Jammeh im Dezember aufgefordert, das Wahlergebnis zu akzeptieren und abzutreten.
Außenministerium rät von Reisen nach Gambia ab
Das Außenministerium rät auf seiner Homepage derzeit von nicht unbedingt notwendigen Reisen nach Gambia derzeit ab. Eine komplette Schließung der Landesgrenzen und des internationalen Flughafens in Banjul könne in den nächsten Tagen nicht ausgeschlossen werden.
Europäische Reiseveranstalter begannen am Vormittag mit der Rückführung von rund 2.000 Urlaubern. Der britische Anbieter Thomas Cook teilte mit, rund 1.000 Urlauber schnellstmöglich mit Sonderflügen außer Landes zu bringen. Die Reiseveranstalter TUI und Corendon erklärten, dass sie ebenfalls rund 1.000 Touristen ausfliegen würden.