Erste Schritte gegen Konzerne
Möglicherweise hat nicht nur VW bei Abgaswerten getrickst: Was als Gerücht schon seit Monaten die Runde macht, soll nun im Fall von zwei weiteren Autokonzernen überprüft werden. In Frankreich wird, wie am Freitag bekanntwurde, gegen Renault ermittelt. Und die US-Umweltbehörde EPA warf dem italienisch-amerikanischen Autobauer Fiat Chrysler schon am Donnerstag vor, bei Dieselfahrzeugen massiv gegen das Luftreinhaltegesetz verstoßen zu haben.
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Renault bestätigte die Medienberichte über Ermittlungen wegen möglicher Abgasmanipulationen. Die Justiz habe ein entsprechendes Verfahren eröffnet, teilte der französische Autobauer mit. Zugleich wies das Unternehmen den Verdacht zurück. Renault beachte alle Gesetze zu Abgasemissionen. Die Autos seien nicht mit einer Betrugssoftware ausgestattet.
An Untersuchungsrichter übergeben
Nach dem VW-Abgasskandal waren bei Tests in Frankreich Überschreitungen von Abgasnormen bei Renault-Fahrzeugen festgestellt worden. Die Wettbewerbsbehörde hatte ermittelt und ihre Erkenntnisse im November der Justiz übergeben. Der Autobauer hatte schon damals bekräftigt, er halte die nationale und europäische Gesetzgebung ein und habe keine Betrugssoftware eingesetzt.
Drei Untersuchungsrichter, denen die Agenden von der Staatsanwaltschaft übertragen wurde, sollen das nun überprüfen. Die Renault-Aktie geriet unter Druck: Sie verlor zeitweise vier Prozent und fiel auf den tiefsten Stand seit rund einem Monat, ehe sie sich wieder etwas erholte.
Fiat-Chef weist Vorwürfe scharf zurück
Der Chef des italienisch-amerikanischen Autokonzerns Fiat Chrysler wies indes nach den Vorwürfen der Abgasmanipulation einen Vergleich mit Volkswagen scharf zurück. „Wer uns mit dem deutschen Unternehmen vergleicht, hat etwas Illegales geraucht“, sagte Sergio Marchionne in einem Interview mit italienischen Medien, das am Freitag die Zeitung „La Repubblica“ veröffentlichte. „Wir haben keinerlei Betrug begangen.“ Dennoch erhöht auch die EU den Druck auf das Unternehmen und die italienischen Behörden, die seit Langem prüfen sollen, ob bei den Abgaswerten geschwindelt wurde.
US-Behörde vermutet Gesetzesverstoß
In den USA steht der Branchenriese im Verdacht, bei rund 100.000 Dieselwagen die Emissionswerte von Stickoxiden gefälscht zu haben. Das hatte das US-Umweltamt EPA am Donnerstag mitgeteilt. Es geht um Software zur Abgaskontrolle, die Fiat Chrysler nicht offengelegt und so gegen Umweltgesetze verstoßen habe.
„Wenn eine Software, die Emissionen in einem Fahrzeugmotor beeinflusst, nicht offengelegt wird, ist das ein ernsthafter Gesetzesverstoß, der zu einer schädlichen Verschmutzung der Luft führen kann, die wir atmen“, erklärte EPA-Vertreterin Cynthia Giles. Die Chefin der kalifornischen Umweltbehörde Carb, Mary Nichols, betonte: "Erneut hat ein großer Autohersteller beschlossen, die Regeln zu umgehen, und ist erwischt worden.
Marchionne verärgert
Seit Monaten würde Fiat Chrysler mit der EPA im Kontakt stehen, so Marchionne. „Unsere Emissionen sind ganz klar berichtet worden.“ Er sei sehr verärgert über die Anschuldigungen. Er hoffe, dass der bevorstehende Regierungswechsel von US-Präsident Barack Obama zu Donald Trump keine Rolle bei dem Fall spiele. „Offensichtlich gab es jemanden bei der EPA, der das Dossier schließen musste, bevor die neue Regierung da ist“, so Marchionne. „Aber ich will hoffen, dass es keine politische Angelegenheit ist.“
EU beklagt gebundene Hände
Die deutsche Regierung beschuldigt Fiat schon länger, ebenfalls illegale Abschalteinrichtungen eingebaut zu haben, und fühlt sich nun bestätigt. Deutschland gehe davon aus, dass bei Fiat-Modellen eine unzulässige Abschaltung der Abgasreinigung eingesetzt wurde. Das hätten Tests des Kraftfahrtbundesamts (KBA) ergeben, bekräftigte eine Sprecherin des Verkehrsministeriums am Freitag in Berlin.
Die EU-Kommission forderte Italien auf, gegen den Autobauer gerichtete Vorwürfe zu entkräften. Gleichzeitig räumte die Kommission ein, dass ihr in Fällen wie dem Vorwurf der Schummelei bei Abgastests die Hände gebunden sind. „Unsere direkte Durchsetzungsmacht ist sehr limitiert, um nicht zu sagen, nicht existent“, sagte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde am Freitag.
Die Kontrolle der Autobauer und der Abgaswerte bei ihren Fahrzeugen sei Aufgabe der nationalen Behörden. Sollte die EU-Kommission aber den Verdacht haben, dass ein Mitgliedsland EU-Recht nicht einhalte, könne ein Verfahren eröffnet werden. Ein solches Verfahren wegen Schwindeleien von Herstellern bei Abgastests läuft seit Anfang Dezember bereits gegen Deutschland, Großbritannien, Spanien und Luxemburg.
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