Mehrere Decknamen
Die deutsche Polizei sucht nach Informationen der Mainzer „Allgemeinen Zeitung“ und des Hessischen Rundfunks landesweit nach einem Verdächtigen. Im Fußraum des Führerhauses jenes Lkw, der am Montagabend auf einen Berliner Weihnachtsmarkt gerast war, sei ein Ausweisdokument mit den Personalien gefunden worden.
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Beim Attentat waren zwölf Menschen getötet und 50 weitere teils schwer verletzt worden. Laut „Spiegel“ soll es sich bei dem nun Gesuchten um einen Tunesier handeln. Das gefundene Ausweisdokument war laut dem „Spiegel“ auf den Namen Anis A. ausgestellt, der Gesuchte wurde 1992 in der Stadt Tataouine geboren. Nach Informationen der „Allgemeinen Zeitung“ und des „Spiegel“ (Onlineausgabe) nutzte der Verdächtige mehrere Personalien. Er sei zwischen 21 und 23 Jahre alt. Die Dokumente seien im Kreis Kleve in Nordrhein-Westfalen ausgestellt worden, hieß es in deutschen Zeitungen.

APA/dpa/Britta Pedersen
Ein Mann legt am Tatort Blumen nieder
Verdächtiger soll Islamistennetzwerk angehören
A. sei der Polizei wegen Körperverletzung bekannt, schrieb die „Bild“ (Onlineausgabe), habe aber nicht angeklagt werden können, weil er untergetaucht sei. Der Mann gelte als Gefährder. Er sei eingebettet in ein großes Islamistennetzwerk. Ein Sprecher der deutschen Bundesanwaltschaft sagte auf Nachfrage, die Behörde äußere sich nicht zum aktuellen Ermittlungsstand.

Reuters/Fabrizio Bensch
Der Lkw beim Abtransport vom Tatort
Polizei soll Kommunikation überwacht haben
Laut der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“) soll A. im Juli 2015 nach Deutschland gekommen sein und Asyl beantragt haben. 2012 sei er zunächst nach Italien gereist, wie die „SZ“ schreibt. Der Verdächtige soll der Polizei einschlägig bekannt gewesen sein. Er sei im August mit einem gefälschten italienischen Ausweisdokument festgenommen und wieder freigelassen worden, so die „SZ“ weiter.

APA/AFP/Odd Andersen
Der Breitscheidplatz am Dienstag
Er soll in der Salafistenszene verkehrt haben. A. soll laut „SZ“ einen Mann, der als Quelle der Polizei in Nordrhein-Westfalen geführt wurde, gefragt haben, ob dieser Schusswaffen besorgen könne. Auch soll die Polizei die Kommuniktion des jetzt Verdächtigen überwacht haben. Ermittlern sei unklar, wie ihn die Polizei aus den Augen verloren habe. Im Dezember soll der Verdächtige dann untergetaucht sein.
De Maiziere bestätigt Fahndung
Ein Verdächtiger ist nach Worten des deutschen Innenministers Thomas de Maiziere seit Mitternacht europaweit zur Fahndung ausgeschrieben. Es sei aber keine öffentliche Fahndung. Der Minister äußerte sich nicht zur Identität des Verdächtigen. Er sagte aber, bei dem Verdächtigen müsse es sich nicht zwingend um den Täter handeln.
Die französische Regierung ordnete schärfere Kontrollen an der Grenze zu Deutschland an. In einer Mitteilung des Pariser Innenministeriums, die der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch vorlag, werden die Behörden aufgefordert, „jede nützliche Maßnahme zu ergreifen, um umgehend die Kontrollen an der französisch-deutschen Grenze zu verstärken“.
In weiteren Mitteilungen an die Präfekten ordnete das französische Innenministerium zudem eine Neubewertung der Risiken für Orte mit großem Besucherandrang und eine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen für Weihnachtsmärkte an.
Direkter Zusammenhang mit IS?
Zwar reklamierte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Angriff auf den Weihnachtsmarkt für sich. Allerdings steht bisher nicht fest, ob wirklich eine so weit verzweigte Organisation hinter dem Anschlag steht oder der Täter auf eigene Faust handelte. Der IS hatte über sein Sprachrohr Amak verbreitet, der Angriff sei eine Reaktion auf Aufrufe gewesen, die Bürger von Staaten der Anti-Terror-Koalition anzugreifen.
Lkw-Fahrer kämpfte bis zuletzt mit Täter
Unter Berufung auf den Obduktionsbericht des getöteten Lkw-Fahrers Lukasz U. berichtete die deutsche „Bild“-Zeitung (Onlineausgabe) Mittwochfrüh, dass der Angestellte einer polnischen Spedition wohl bis zuletzt mit dem Täter gekämpft und viele Menschenleben gerettet habe.
„Es muss einen Kampf gegeben haben“, zitierte die Zeitung einen der Ermittler. Der Fahrer habe zum Zeitpunkt des Attentats noch gelebt. Offenbar habe der Täter mehrfach auf den Fahrer eingestochen, weil der Pole ins Lenkrad gegriffen habe, um Menschenleben zu schützen. Erschossen worden sei der Mann, als der Lkw zum Stehen kam. Zuvor hatte bereits der Cousin des Mannes, dem die Speditionsfirma gehört, von Kampfspuren an der Leiche des Mannes berichtet. Er hatte ihn anhand von Polizeifotos identifizieren müssen.

Grafik: OSM/ORF.at; Quelle: APA/dpa
Hinweisportal gehackt
Auf das Hinweisportal des deutschen Bundeskriminalamtes (BKA) zum Anschlag gab es einen Hackerangriff. Das BKA bestätigte am Mittwoch einen Bericht der Funke-Zeitungen. Am Dienstag sei die Seite Bka-hinweisportal.de zwischen 17.00 und 19.30 Uhr deshalb nicht erreichbar gewesen.
Es handelte sich den Angaben zufolge um eine DDOS-Attacke, bei der die Rechner so lange mit Anfragen bombardiert werden, bis die Software nicht mehr mitkommt. Es seien sofort Gegenmaßnahmen eingeleitet worden, dann habe die Seite wieder funktioniert, sagte eine BKA-Sprecherin. Auf dem Portal können Zeugen Fotos und Videos mit Hinweisen zu dem Anschlag hochladen.
Gauck besuchte Verletzte
Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck übermittelte den Verletzten des Anschlags „die Anteilnahme der ganzen Nation“. „Die Menschen sollen spüren, dass sie nicht allein sind“, sagte Gauck am Mittwoch nach einem Besuch bei Verletzten im Virchow-Klinikum der Berliner Charite. Gauck dankte auch den Ärzten und Pflegekräften für ihren Einsatz.

Reuters/Christian Mang
Der deutsche Präsident Joachim Gauck besuchte Verletzte
In Gesprächen mit Verletzten sei er von ihrer Gefasstheit beeindruckt gewesen. „Ich habe sie an die Kräfte erinnert, die in ihnen sind“, sagte der Präsident. Unter anderem habe er mit einem Mann gesprochen, „der verletzt wurde, weil er geholfen hat“, sagte Gauck. Der Mann sei bei der Rettung der Verletzten von einem herabstürzenden Balken im Genick getroffen worden.
Nach dem Anschlag waren etwa 50 Menschen in verschiedene Kliniken gebracht worden. Vier Patienten werden im Virchow-Klinikum behandelt. Schwere Verletzungen der unteren Gliedmaßen und im Beckenbereich seien die häufigsten Verletzungen, sagte der ärztliche Direktor Ulrich Frei.
Zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen in Wien
Der Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz soll am Donnerstag wieder geöffnet werden. Das sagte eine Sprecherin des Schaustellerverbands Berlin am Mittwoch auf Anfrage. Alle anderen Weihnachtsmärkte in der deutschen Hauptstadt machten bereits am Mittwoch wieder auf.
Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin gibt es auch in Wien zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen. Beim Weihnachtsmarkt vor dem Schloss Schönbrunn in Wien sind am Dienstag Betonsäulen aufgebaut worden, Müllcontainer sollen hingegen den Weihnachtsmarkt vor dem Wiener Rathausplatz schützen - mehr dazu in wien.ORF.at. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) rief die Bevölkerung erneut zu erhöhter Wachsamkeit auf.
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