UNO: Berichte über „tägliche Tötungen“
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) sieht in der Verfolgung der muslimischen Minderheit der Rohingya in Myanmar mögliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das Militär gehe in einer systematischen Gewaltkampagne gegen Zivilisten der Volksgruppe vor, sagte der Südostasien-Direktor von Amnesty, Rafendi Djamin, am Montag.
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Seit einem Anschlag auf Sicherheitskräfte im Oktober hätten Razzien in dem südostasiatischen Land stark zugenommen. Der Armee wird vorgeworfen, Angehörige der muslimischen Volksgruppe zu vergewaltigen, zu töten und deren Häuser niederzubrennen. „Mehrere Augenzeugen beschreiben, wie Soldaten ihre Dörfer stürmten und zufällig anwesende Dorfbewohner, darunter auch Frauen und Kinder, töteten“, heißt es in dem Bericht.
Keine Stellungnahme der Regierung
„Während das Militär direkt für die Verletzungen verantwortlich ist, hat es auch Aung San Suu Kyi nicht geschafft, ihrer politischen und moralischen Verantwortung gerecht zu werden“, so Djamin. Zehntausende Rohingya sollen bereits in den Nachbarstaat Bangladesch geflohen sein. Die Regierung in Bangladesch müsse ihre Grenzen für Asylsuchende öffnen und verhindern, dass sich Rohingya verstecken müssen und wie Verbrecher behandelt werden, heißt es in dem Bericht.

APA/AFP/Prakash Singh
Angehörige der Rohingya demonstrierten am Montag in Myanmar
„Hilfsorganisationen müssen ungehinderten Zugang zu den Zehntausenden von Menschen gewährt bekommen, die vor dem schrecklichen Missbrauch geflohen sind“, sagte Champa Patel, Direktorin von Amnesty International für Südasien. Die Regierung in Rangun nahm zu den Vorwürfen bisher nicht Stellung. In der einstigen Militärdiktatur Myamar trat im April erstmals seit mehr als 50 Jahren eine zivile Regierung an. Leitfigur ist Außenministerin Suu Kyi, die nur aus Verfassungsgründen nicht Präsidentin werden konnte. Menschenrechtler hatten von ihr eine Lösung der Rohingya-Frage erwartet.
UNO fordert Regierung zu Umdenken auf
Erst vergangene Woche kritisierten die Vereinten Nationen (UNO) Myanmar für den Umgang mit den Rohingya in der abgeriegelten Unruheregion Rakhine. Das sei eine Lehre dafür, wie man bereits schlechte Situationen noch schlimmer mache, sagte UNO-Menschenrechtskommissar Said Raad al-Hussein am Freitag in Genf. Die UNO erhalte jeden Tag Berichte über Tötungen und Vergewaltigungen durch Sicherheitskräfte. Auch der bisher nicht gewährte Zugang von UNO-Mitarbeitern zu der Region lasse Schlimmes erahnen, sagte Hussein. Er forderte die Regierung zu einem Umdenken auf.
„Hassreden seitens radikaler Buddhisten“
Auch das EU-Parlament forderte die Regierung von Myanmar auf, das „Töten, die Einschüchterung und die Vergewaltigung“ von Angehörigen der muslimischen Minderheit unverzüglich zu beenden. Der Staat habe die Pflicht, die jüngsten Angriffe gegen diese Minderheit zu untersuchen und die Verantwortlichen strafrechtlich zu verfolgen, so das EU-Parlament am Donnerstag.
Die Regierung müsse zudem unverzüglich dafür sorgen, dass humanitäre Hilfe das Siedlungsgebiet der Rohingya an der Grenze zu Bangladesch erreicht. Die Behörden Myanmars und des Bundesstaats Rakhine im Norden des Landes - wo die Minderheit angesiedelt ist - müssten auch den Hassreden gegen die Rohingya, vor allem seitens radikaler Buddhisten, ein Ende setzen, heißt es in der Entschließung weiter. Schließlich müsse den Angehörigen dieser Minderheit ihre Staatsangehörigkeit zurückerstattet werden.
Angriffsserie auf Grenzposten
Der Konflikt zwischen den Rohingya und dem Militär ist seit Wochen voll entbrannt. Im Oktober hatte die Armee nach einer Angriffsserie auf Grenzposten Truppen in das Siedlungsgebiet der Rohingya entsandt. Ausländische Journalisten und Ermittler haben keinen Zutritt zu dem Gebiet.
Das Vorgehen gegen die Rohingya wirft ein schlechtes Licht auf die Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi. Diese sagte bisher lediglich, die Vorfälle würden nach geltendem Recht untersucht. Myanmar wurde jahrzehntelang von einer Militärjunta beherrscht. Der von der Junta im Herbst 2010 eingeleitete demokratische Übergang mündete vor einem Jahr in die erste freie Parlamentswahl, aus denen Suu Kyis Nationale Liga für Demokratie (NLD) als klare Siegerin hervorging. Das Militär behielt aber bedeutenden Einfluss in Wirtschaft und Politik.
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